Über die Rechtsnatur der Europäischen Union wird seit langem politisch und wissenschaftlich gestritten; bis heute besteht insoweit kein Konsens. Zahlreiche, sich teils diametral entgegenstehende Konzepte wurden entwickelt, um die Europäischen Gemeinschaften bzw. die Europäische Union begrifflich zu erfassen. Bundesstaatlichen Ansätzen setzte der Hamburger Europarechtler Hans Peter Ipsen die nüchtern-technokratische Beschreibung der Gemeinschaften als »Zweckverbände funktioneller Integration« entgegen. Die vorliegende begriffsgeschichtliche Studie spürt der Genese und der Rezeption der…mehr
Über die Rechtsnatur der Europäischen Union wird seit langem politisch und wissenschaftlich gestritten; bis heute besteht insoweit kein Konsens. Zahlreiche, sich teils diametral entgegenstehende Konzepte wurden entwickelt, um die Europäischen Gemeinschaften bzw. die Europäische Union begrifflich zu erfassen. Bundesstaatlichen Ansätzen setzte der Hamburger Europarechtler Hans Peter Ipsen die nüchtern-technokratische Beschreibung der Gemeinschaften als »Zweckverbände funktioneller Integration« entgegen. Die vorliegende begriffsgeschichtliche Studie spürt der Genese und der Rezeption der Ipsen'schen Begriffsprägung im In- und Ausland nach und erörtert die Aktualität des »Zweckverbands«-Modells im Kontext aktueller europawissenschaftlicher Finalitätsdebatten, insbesondere vor dem Hintergrund der europäischen »Polykrise«.
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Wissenschaftliche Abhandlungen und Reden zur Philosophie, Politik und Geistesgeschichte 109
Wolfgang Kahl (born 1965) studied law and political science at the Universities of Augsburg, Munich and Speyer. He received his doctorate from the Law Faculty of the University of Augsburg in 1992 (dissertation: Umweltprinzip und Gemeinschaftsrecht, 1993). In 1999 he habilitated in Augsburg (habilitation: Die Staatsaufsicht, 2000) and in 2000 accepted a call to a chair in Public Law at the Law Faculty of the University of Giessen. In 2004 he accepted a call to the University of Bayreuth and in 2009 another call to the University of Heidelberg. There he has since been director of the Institute for German and European Administrative Law and the Research Center for Sustainability Law. Paul Hüther (geb. 1996) studierte Rechtswissenschaft an der Universität Heidelberg. Seit 2020 ist er als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für deutsches und europäisches Verwaltungsrecht ebendort tätig und seit 2022 Rechtsreferendar am Landgericht Heidelberg.
Inhaltsangabe
I. AusgangspunktFinalität der EU als DauerthemaII. MethodikBegriffsgeschichtlicher und interdisziplinärer Ansatz - Begriff des »Zweckverbands funktioneller Integration« - Berücksichtigung der historischen Sachverhalte - Einbeziehung von GegenbegriffenIII. Hans Peter Ipsen Zur PersonIV. Genese des Begriffs in Ipsens SchriftenErste Phase (1964-1968): »Zweckverband« als Abwehrmodell - Zweite Phase (1969-1972): Theoretische Fundierung und positive Beschreibung des Abwehrmodells - Dritte Phase (1970-1995): Verteidigung eines immer stärker von der europäischen Verfassungswirklichkeit entkoppelten KonzeptsV. Einflüsse auf Ipsens Begriff Zweckverband - Funktionelle Integration - Einfluss von Carl Schmitts »Großraumtheorie«?VI. Verhältnis zu benachbarten Begriffen Rechtswissenschaft - Soziologie: Helmut Schelskys »technischer Staat« - Politikwissenschaft: Giandomenico Majones »Regulatory State« - Ökonomie: Friedrich August von Hayeks »Interstate Federalism«VII. Rezeption Zeitgenössische deutsche Rezeption - Aktuelle deutsche Rezeption - Rezeption im Ausland?VIII. »Zweckverband« im Kontext von Polykrise und aktuellen Finalitäts-Debatten Polykrise - Politische Debatte zur Finalität der EU - Europawissenschaftliche Debatte zur Finalität der EUIX. Zwischenfazit Leitgedanken des »Zweckverbands«-Begriffs - Begriffsgenese und Begriffsgestalt - Blinde Flecken und Ungereimtheiten im »Zweckverband«X. Ausblick Was bleibt vom »Zweckverband«?: Blick auf den »Zweckverband« im Jahre 2022 - Begriffliche Dimensionen des »Zweckverbands«
I. AusgangspunktFinalität der EU als DauerthemaII. MethodikBegriffsgeschichtlicher und interdisziplinärer Ansatz - Begriff des »Zweckverbands funktioneller Integration« - Berücksichtigung der historischen Sachverhalte - Einbeziehung von GegenbegriffenIII. Hans Peter Ipsen Zur PersonIV. Genese des Begriffs in Ipsens SchriftenErste Phase (1964-1968): »Zweckverband« als Abwehrmodell - Zweite Phase (1969-1972): Theoretische Fundierung und positive Beschreibung des Abwehrmodells - Dritte Phase (1970-1995): Verteidigung eines immer stärker von der europäischen Verfassungswirklichkeit entkoppelten KonzeptsV. Einflüsse auf Ipsens Begriff Zweckverband - Funktionelle Integration - Einfluss von Carl Schmitts »Großraumtheorie«?VI. Verhältnis zu benachbarten Begriffen Rechtswissenschaft - Soziologie: Helmut Schelskys »technischer Staat« - Politikwissenschaft: Giandomenico Majones »Regulatory State« - Ökonomie: Friedrich August von Hayeks »Interstate Federalism«VII. Rezeption Zeitgenössische deutsche Rezeption - Aktuelle deutsche Rezeption - Rezeption im Ausland?VIII. »Zweckverband« im Kontext von Polykrise und aktuellen Finalitäts-Debatten Polykrise - Politische Debatte zur Finalität der EU - Europawissenschaftliche Debatte zur Finalität der EUIX. Zwischenfazit Leitgedanken des »Zweckverbands«-Begriffs - Begriffsgenese und Begriffsgestalt - Blinde Flecken und Ungereimtheiten im »Zweckverband«X. Ausblick Was bleibt vom »Zweckverband«?: Blick auf den »Zweckverband« im Jahre 2022 - Begriffliche Dimensionen des »Zweckverbands«
Rezensionen
»Mit ihrem kleinen Band haben Wolfgang Kahl und Paul Hüther einen großen und wertvollen Beitrag zur Begriffsgeschichte in der juristischen Europawissenschaft geleistet. Ihre sehr systematisch und differenziert angelegte Auseinandersetzung mit dem Werk Ipsens, die auch die zum Teil sehr kritische Sekundärliteratur referiert und einordnet, setzt Maßstäbe. Es wäre zu wünschen, dass sich auch die anderen europawissenschaftlichen Disziplinen, also die Politik-, Wirtschafts- und Geschichtswissenschaft sowie die Soziologie, noch sehr viel intensiver als bislang mit ihren 'Klassikern' in Form einer Begriffsgeschichte a la Koselleck auseinandersetzen.« Dr. Martin Große Hüttmann, in: Jahrbuch des Föderalismus, Bd. 24/2023
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