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Des Dichters grösster Ruhm - Slowacki, Juliusz
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Juliusz Slowacki (1809-1849), neben Mickiewicz und Krasinski der dritte große Dichter der polnischen Romantik, ist außerhalb seiner Heimat kaum bekannt geworden. Zu Unrecht, denn seine formale Meisterschaft und seine Sprachgewalt machen ihn zu einem Klassiker mit größtem Einfluß auf die spätere polnische Dichtung. Sein in der Tradition von Dante und Petrarca stehendes Poem "In der Schweiz" und auch die kürzeren Liebesgedichte gehören zum Innigsten und Zartesten, was in polnischer Sprache über die Liebe gesagt worden ist. Slowackis Lyrik hat wegen ihres gedanklichen Reichtums und ihrer…mehr

Produktbeschreibung
Juliusz Slowacki (1809-1849), neben Mickiewicz und Krasinski der dritte große Dichter der polnischen Romantik, ist außerhalb seiner Heimat kaum bekannt geworden. Zu Unrecht, denn seine formale Meisterschaft und seine Sprachgewalt machen ihn zu einem Klassiker mit größtem Einfluß auf die spätere polnische Dichtung. Sein in der Tradition von Dante und Petrarca stehendes Poem "In der Schweiz" und auch die kürzeren Liebesgedichte gehören zum Innigsten und Zartesten, was in polnischer Sprache über die Liebe gesagt worden ist. Slowackis Lyrik hat wegen ihres gedanklichen Reichtums und ihrer schöpferischen Originalität bis heute nichts an ihrer mythenschaffenden Kraft eingebüßt. Die vorliegende Übersetzung erlaubt es dem deutschsprachigen Leser, einen Eindruck auch von der Klangfülle seiner Dichtung zu gewinnen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung

Leises Rascheln im Laub
Gedichte des Romantikers Juliusz Slowacki · Von Ernst Osterkamp

Juliusz Slowacki (1809 bis 1849) ist neben Adam Mickiewicz und Zygmunt Krasínski der dritte große Dichter der polnischen Romantik. Doch im Unterschied zu dem wenig älteren Mickiewicz, den er zeitlebens als seinen größten Rivalen bewundert und bekämpft hat, ist Slowacki selbst in Deutschland weitgehend unbekannt geblieben. Die im Jahre 1959 aus Anlaß seines 150. Geburtstags in der DDR erschienene kleine Auswahl von Gedichten hat daran nicht viel ändern können. Christoph Ferbers Neuübersetzung von Slowackis Lyrik gibt nun erneut Gelegenheit, einen großen Dichter der europäischen Romantik kennenzulernen.

Slowackis poetisches Medium ist der Vers; die Prosa hat er, jenseits des Briefes, verschmäht. Er hat sein Verhältnis zum Vers selbst als ein erotisches beschrieben: "Der Reim neigt sich von selbst mir liebend zu, / die Oktave herzt mich, es liebt mich die Sestine". Der Preis freilich, den Slowacki für dies intime Verhältnis zur Poesie zu zahlen hatte, war die Einsamkeit; Einsamkeit, Trauer und Leid bezeichnen den Grundgestus vieler seiner Gedichte. Es ist dies zugleich die Einsamkeit des politischen Emigranten; Slowacki hat Polen nach dem Novemberaufstand 1830/31 verlassen und danach vor allem in der Schweiz und in Paris gelebt, wo er auch an der Tuberkulose starb.

Schon die Zeitgenossen haben die Musikalität von Slowackis Versen, ihre Klangfülle und ihren Bilderreichtum bewundert. "Hol ihn der Teufel! Wer wird nach ihm noch Verse schreiben können!" schrieb Krasínski 1840 nach der Lektüre von Slowackis bis heute berühmtester poetischer Schöpfung, des 440 Verse umfassenden Poems "In der Schweiz". Dies Poem, Ergebnis einer dreiwöchigen SchweizReise 1834, bildet das Herzstück des vorliegenden Bandes. Slowacki inszeniert hier eine bittersüße Liebeserzählung inmitten der Berge, Seen, Wälder und Gletscher einer verzauberten Landschaft, in der jedes realistisch gezeichnete Detail ins Symbolische überführt wird.

Es ist dies eine erträumte Liebe, bei der es sinnlos wäre, nach einem realen Lebenshintergrund zu fragen, denn Slowacki entwirft die Geliebte nach den überlieferten petrarkistischen Bildmustern mit "Alabasterstirn", "Saphiraugen", "Rosenwangen" und "Engelsseele". Es ist überaus reizvoll, wie Slowacki die überkommenen poetischen Muster im Zeichen der Alpenlandschaft neu gruppiert und die Grenze zwischen poetischer Imagination und wahrgenommener Naturszenerie changieren läßt. Wenn das Ich des Poems die engelsgleiche Geliebte zum ersten Mal vor der Naturgewalt eines Wasserfalls erblickt, wobei die Landschaft von einem Regenbogen überwölbt und von einem Lamm und einer Taube durchquert wird, dann nimmt dies Bild symbolisch den Grundkonflikt zwischen reiner Seelenliebe und erotischem Begehren vorweg, an dem dieser Liebestraum zerbrechen wird.

Nur als in der Eiseskälte einer Gletscherhöhle die Geliebte zum Bild absoluter Seelenreinheit - zur "weißen Rose" - erstarrt, gelingt dem Ich die Stillstellung des Triebs, und es betet vor dem "heilig Bildnis" andächtig sein "Ave Maria!" Es ist dies freilich auch eine der Szenen, von denen Ulrich Schmid in seinem schönen Nachwort sagt, daß in ihnen die Grenze vom byronistischen Wunschtraum zur sentimentalen Pose überschritten werde. Wie souverän Slowacki andererseits die überlieferten Muster zu variieren versteht, zeigt seine Neuschöpfung der berühmten Paolo- und Francesca-Szene aus Dantes "Commedia": Bei der gemeinsamen Lektüre eines Buches erwachen Sehnsucht und Sinnlichkeit - und plötzlich verwandelt sich das Landschaftsidyll mit Wasserfall, in dem das liebende Paar die Staffage bildet, in eine verhexte "Wasserhölle"; die dämonisierte Landschaft wird zum Schreckbild des entgrenzten Triebs.

Vollends überschreitet Slowacki die petrarkistische Konvention in jener voyeuristischen Szene, in der das männliche Ich die in einer Quelle badende Geliebte beobachtet, neben der eine Lilie nun als Symbol des männlichen Begehrens aufragt. Der Anblick versetzt das Ich in solche Erregung, daß sie sich auf das Laubwerk überträgt und damit ein leises Rascheln erzeugt. Entsetzt flieht die Geliebte, stößt mit dem Schoß an die Lilie und zerbricht deren Stengel. Kein Wunder, daß im Zeichen solcher Seelenspannungen der "goldne Traum" schließlich in "Weh und Trauer ohne Ende" mündet.

Der bis zu seinem Lebensende mit dem gewaltigen Versepos "König Geist" beschäftigte Dichter hat zeitlebens Anspruch auf höchsten Dichterruhm erhoben; ein polnischer Shakespeare wollte er werden, und wenn er 1832 in einem Brief schrieb, Goethe sei nur gestorben, um ihm Platz zu machen, so war dies nur halb im Scherz gesagt. "Schönheit", in dieser Formel hat er einmal sein poetisches Programm zusammengefaßt, sei "alles, was die Materie verengelt". Dieses antirealistische Credo, in dem auch Slowackis Neigung zur Mystik anklingt, bestimmt die Schlußverse seines berühmten poetischen "Testaments": "Doch überlebt mich eine dunkle Kraft / Und bringt vielleicht doch Nutzen, wenn auch späten: / Nach meinem Tod wird sie gespensterhaft / Euch Brotverzehrer noch - zu Engeln kneten."

Virtuos spielt Slowacki mit den Rollen und Ritualen der europäischen Romantik. Seine Liebesgedichte und die Verse, die von der Sehnsucht nach der polnischen Heimat sprechen, sind vom melancholischen Stolz der Helden Byrons durchtränkt. Die zweisprachige Ausgabe versammelt einige der berühmtesten Gedichte Slowackis. Christoph Ferbers geschmeidige, flüssige Übersetzung versucht auf beeindruckende Weise, dem Klangzauber Slowackis gerecht zu werden.

Juliusz Slowacki: "Des Dichters größter Ruhm". Ausgewählte Lyrik. Zweisprachig. Aus dem Polnischen übertragen von Christoph Ferber. Mit einer Einführung von Peter Brang und einem Nachwort von Ulrich Schmid. Dieterich'sche Verlagsbuchhandlung, Mainz 1997. 151 S., br., 19,80 DM.

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