Berlin 1999, wenige Tage vor der Sylvesternacht. Die Jahrtausendwende wirft ihre Schatten voraus. Eine diffuse Bedrohung liegt über der Stadt. Anschläge auf teure Autos werden verübt. Eingeweihte rechnen mit Computerzusammenbrüchen und großangelegten Angriffen auf das World Wide Web. Ein geheimnisvolles "Apocalyptic Angel Movement" bedroht über das Internet die ganze Welt. Aber das bemerkt nur, wer es bemerken will. Am 10. Februar des neuen Jahres werden Yahoo und andere Internetportale angegriffen. Anfang Mai legt der "I-love-you-Virus" ganze Firmen lahm. Die Lage spitzt sich zu, ein beklemmendes Netz von Geschichten entsteht, die spätestens mit dem ersten Toten alle zusammen gehören. In dieser Atmosphäre überleben nur die Paranoiden. "Desaster" ist ein Blick in das Auge des Sturms in dem wir leben und von dem wir nichts wissen wollen. Bruno Richard erzählt von der Wirklichkeit so, dass man sie für einen Roman halten könnte.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.05.2002Richards "Desaster"
Der Berlin-Roman als solcher ist ja eigentlich abzulehnen - und wenn man anfängt, Bruno Richards "Desaster" zu lesen, möchte man nach jeder Seite rufen: genau. Desaster. Wenn ein Buch am Potsdamer Platz beginnt, kann es ja nur böse enden; und wie es dann geschrieben ist: genausoviel Redundanz, wie sie die Häuser hier haben. Aber nach vierzig Seiten entwickelt Richards Stil einen Sog, eine seltsame Präzision. Es ist, als guckte man ein Photo an, das scharf, aber überbelichtet ist. Wie Geister scheinen die Menschen durch ihre Stadt zu gehen, und ihre Schatten gehen eigene Wege. Es ist die Geschichte einer angekündigten Katastrophe; es mehren sich die Zeichen dafür, daß das Ende naht - wenn schon nicht das der Welt, dann mindestens das Ende jener Normalität, an welche die Personen in dieser Geschichte ohnehin nicht mehr glauben. (Bruno Richard: Desaster. Fischer 2002. 380 S. 19,90 [Euro])
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Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Der Berlin-Roman als solcher ist ja eigentlich abzulehnen - und wenn man anfängt, Bruno Richards "Desaster" zu lesen, möchte man nach jeder Seite rufen: genau. Desaster. Wenn ein Buch am Potsdamer Platz beginnt, kann es ja nur böse enden; und wie es dann geschrieben ist: genausoviel Redundanz, wie sie die Häuser hier haben. Aber nach vierzig Seiten entwickelt Richards Stil einen Sog, eine seltsame Präzision. Es ist, als guckte man ein Photo an, das scharf, aber überbelichtet ist. Wie Geister scheinen die Menschen durch ihre Stadt zu gehen, und ihre Schatten gehen eigene Wege. Es ist die Geschichte einer angekündigten Katastrophe; es mehren sich die Zeichen dafür, daß das Ende naht - wenn schon nicht das der Welt, dann mindestens das Ende jener Normalität, an welche die Personen in dieser Geschichte ohnehin nicht mehr glauben. (Bruno Richard: Desaster. Fischer 2002. 380 S. 19,90 [Euro])
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Bisher wurde in deutschen Romanen zu wenig professionell gemordet, meint Stephan Maus, es fehlte an gut ausgebildeten Profikillern, etwa aus ehemaligen russischen Eliteeinheiten, "mit sibirischem Permafrost im graublauen Blick". Dankenswerterweise, so Maus, hat Bruno Richard mit seinem Berlin-Thriller "Desaster" diese Lücke gefüllt: Von gut einem Dutzend Romanfiguren komme gerade mal die Hälfte mit dem Leben davon. Lobenswert findet der Rezensent auch, dass Bruno Richard seine Handlungsstränge geschickt miteinander zu verknüpfen weiß, Biografien souverän entwickelt und die Milieus gut recherchiert hat: Diamantenhandel, Hackerszene, Internetsekten und Berliner Forty-Somethings mit künstlerischen Ambitionen. Alles in allem ein gelungenes Debüt, findet Maus. Nur eins stört ihn: Jede Falafel-Bäckerei ist mit einer "hochtrabenden, kulturkritischen Randglosse" versehen. Da schimmere allzu deutlich der Berliner Kulturredakteur Bruno Preissendörfer durch, der sich hinter dem Pseudonym Bruno Richard verbirgt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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