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Europa hält sich Despoten vor der Haustür und damit die Probleme vom Hals - ist das nicht eine bewährte Politik? In Wahrheit fördert sie, wie die Autoren zeigen, Hass, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bei den Unterdrückten und führt immer tiefer in den Teufelskreis extremistischer Gewalt, vor der sich Europa doch gerade schützen will.

Produktbeschreibung
Europa hält sich Despoten vor der Haustür und damit die Probleme vom Hals - ist das nicht eine bewährte Politik? In Wahrheit fördert sie, wie die Autoren zeigen, Hass, Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit bei den Unterdrückten und führt immer tiefer in den Teufelskreis extremistischer Gewalt, vor der sich Europa doch gerade schützen will.
Autorenporträt
Die Journalistin Sihem Bensedrine, 1950 in La Marsa bei Tunis geboren, ist seit 1980 in einer tunesischen Menschenrechtsorganisation aktiv. Als Galionsfigur des Widerstands gegen die Diktatur Ben Alis und Chefredakteurin der verbotenen Online-Zeitung "Kalima" war sie vielfältigen Repressionen ausgesetzt; 2001 wurde sie nach Publikationen über Korruption und Folter inhaftiert. 2002 erhielt sie den Johann Philipp Palm-Preis für Meinungs- und Pressefreiheit.

Sihem Bensedrine und Omar Mestiri waren als zentrale Figuren des demokratischen Widerstands in Tunesien seit Jahren vielfältigen Repressionen ausgesetzt. Auf Einladung der Hamburger Stiftung für politisch Verfolgte hielt sich Sihem Bensedrine vorübergehend in Deutschland auf.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 05.01.2006

Doppelzüngig
Die EU und Nordafrika

Sihem Bensedrine und Omar Mestiri wünschen sich ihr Heimatland als einen Rechtsstaat, der nicht von radikalen Islamisten regiert werde. Doch beide leben nicht in Tunis, sondern sind Gäste der "Stiftung für politisch Verfolgte" in Hamburg. Sie sind Beispiele dafür, was mit Tunesiern geschieht, die in dem maghrebinischen Vorzeigestaat für Menschenrechte und Pressefreiheit eintreten. Die Journalistin Bensedrine wurde in Tunis zusammengeschlagen und inhaftiert, ihr Verlag und ihre Online-Zeitung verboten. "Despoten vor Europas Haustür" heißt daher das wütende Buch, das sie und Omar Mestiri geschrieben haben. Ihre Kritik gilt nicht nur den nordafrikanischen Machthabern, sondern auch den europäischen Regierungen. In einem "Sicherheitswahn" hätten sich diese mit den autoritären Herrschern verbündet und nicht mit jenen Menschen, die Bürgerrechte und Freiheit verlangten.

Die vor zehn Jahren begonnene Partnerschaft zwischen der EU und den südlichen Mittelmeeranrainern sei gescheitert. Sie sprechen von "krimineller Heuchelei", wenn die Europäer "Diktaturen, die sich oft mit einer ,demokratischen Fassade' tarnen", unterstützten, aber nicht die "echten Demokraten". Diese Doppelzüngigkeit treibe die Menschen im Maghreb oft in die Arme radikaler Islamisten. Vor allem das, was sie aus Tunesien berichten, klingt erschreckend - angefangen mit dem Personenkult um Präsident Ben Ali bis hin zu dem von ihm und seinem Clan kontrollierten Staatsapparat, der sich wie eine Krake ausbreite. Kürzer und streckenweise undifferenziert fallen die Kapitel zu Algerien und Marokko aus, wo die Autoren Reformen beobachten, die aber oft schnell wieder eingeschränkt werden. In Libyen halten sie den Europäern vor, aus wirtschaftlichen Interessen einem Regime ihren "Segen zu geben, das sich durch systematische Menschenrechtsverletzungen und atemberaubende Korruption auszeichnet". Doch das sei symptomatisch für die europäische Politik in Nordafrika - im Gegensatz zu Osteuropa, wo ein entschlossenes Auftreten politischen Wandel bewirkt habe. Die Durchsetzung von Menschenrechten sei im Antiterrorkampf letztlich effektiver, als "die Fixierung auf Sicherheit je sein kann".

HANS-CHRISTIAN RÖSSLER

Sihem Bensedrine/Omar Mestiri: Despoten vor Europas Haustür. Warum der Sicherheitswahn den Extremismus schürt. Verlag Kunstmann, München 2005. 224 S., 16,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

" Dieses Buch der beiden Exiltunesier hat Rezensent Hans-Christian Rössler nicht nur als Kritik an despotischen nordafrikanischen Machthabern gelesen, sondern auch als Anklage der europäischen Regierungen. Aufgrund ihres "Sicherheitswahn" würden sie sich der Darstellung des Buches zufolge nämlich mit Nordafrikas autoritären Herrschern und nicht mit den Menschen verbünden, die in diesen Staaten Recht und Freiheit verlangten. In Libyen seien es primär wirtschaftliche Interessen, die europäische Regierungen weg schauen ließen. Diese europäische Doppelzüngigkeit, fasst der Rezensent eine Kernthese des Buches zusammen, treibe die Menschen im Maghreb in die Arme der Islamisten. Besonders erschreckend klingen für den Rezensenten in diesem Zusammenhang die Berichte aus Tunesien. Undifferenziert findet er dagegen zum Teil die Kapitel über Algerien.

© Perlentaucher Medien GmbH"