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A uniquely trans take on love, motherhood, and those exes who you just can't quit.

Produktbeschreibung
A uniquely trans take on love, motherhood, and those exes who you just can't quit.
Autorenporträt
Torrey Peters
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.04.2022

Mann, Frau, Kind et cetera

"Detransition, Baby" von Torrey Peters erzählt die komplexe Geschichte einer Dreierbeziehung zwischen Transpersonen. Und spielt mit Konflikten, die nicht nur sexuell sind.

Ist Transsexualität eine Provokation? Gerade in Umbruchzeiten wirkt das jedenfalls so, sieht man allein, wie derzeit in den USA versucht wird, die rechtlichen Möglichkeiten transsexueller Menschen oder auch nur Informationen über Transsexualität gesetzlich zurückzudrängen. Dass nicht alles immer so ist, wie es scheint, und nicht immer bleiben muss, wie es ist, mag eine herausfordernde Erkenntnis sein. Aber man kann Transformation - und dort setzt die amerikanische Autorin Torrey Peters in ihrem Debüt an - auch als Möglichkeit verstehen, die eigene Persönlichkeit zu entfalten und das eigene Leben zu gestalten.

"Detransition, Baby" wurde 2021 für den "Woman's Prize for Fiction" nominiert und kürzlich mit dem PEN/Hemingway Award ausgezeichnet. Vor ihrem Debüt hatte Peters, die selbst vor zehn Jahren, mit Anfang dreißig, den Prozess der Transition zur Frau begann, zwei Erzählungen veröffentlicht, beide handeln wie jetzt "Detransition, Baby" von Transsexualität. Doch wäre es viel zu einfach, diesen fast fünfhundert Seiten langen Roman auf ein Schlagwort zu reduzieren. "Detransition, Baby" erzählt nicht nur eine Geschichte über Transsexualität, sondern auch von Freundschaft, Liebe und Familie - und den Konflikten, die sich innerhalb dieser Verbindungen ergeben, sobald Menschen beschließen, das etablierte Konzept der Kernfamilie aus Mutter, Vater und Kind zu verwerfen. Und es etwa um einen dritten Elternteil zu erweitern.

Denn genau das schlägt Ames der von ihm schwangeren Katrina in "Detransition, Baby" vor. Die dritte im Bunde soll Ames' Ex-Freundin sein, die Transfrau Reese, die sich nichts sehnlicher wünscht als ein Kind.

Ames war früher mal James, dann hatte er sich zur Transition zu Amy entschieden - und Reese hat diesen Wandel vom Mann zur Frau, von James zu Amy, begleitet: "Sie hatte ihm beigebracht, eine Frau zu sein ... oder er hatte mit ihr gelernt, eine Frau zu sein." Als aber Amy sich dann dazu entschloss, wieder als Mann zu leben und zu Ames zu werden, also zu detransitionieren, beendete Reese die Beziehung. Damit verlor sie ihre Geliebte und zugleich gewissermaßen auch ihre Tochter.

Das Grundgerüst der Geschichte, die Torrey Peters erzählt, ist also reichlich komplex. Wahrscheinlich werden viele Menschen, die sich eigentlich für weltoffen und informiert halten, bei der Lektüre merken, wie viel sie nicht wissen, wie viel sie recherchieren müssen, um die Handlung überhaupt erfassen zu können, um etwa Ausdrücke wie "Tucking" zu verstehen, also das Verstecken des männlichen Geschlechtsteils, die Peters ganz selbstverständlich in ihrer Prosa benutzt: "In der Wohnung sitzt Iris in Tanktop und Höschen auf einem Hocker an der Küchentheke und nippt an einem mit Eiswürfeln gekühlten Weißwein. Als Feigenblatt der Anständigkeit hat sie sich vor Katrinas Ankunft zumindest fürs Tucking entschieden." Ein typischer Satz.

Der Plan einer Elternschaft zu dritt, den Ames sich ausgedacht hat, scheint eine Zeit lang tatsächlich zu funktionieren: Katrina und Reese werden Freundinnen und bereiten sich gemeinsam auf das Kind mit Ames vor - aber dann kommt ans Licht: Reese hatte eine Affäre mit einem Mann, der HIV-positiv ist. Damit kann die schwangere Katrina nicht umgehen. Die neu entstandene Freundschaft bröckelt, plötzlich steht Abtreibung im Raum - und auch Ames zweifelt, wie endgültig die Endgültigkeit seines Lebens als Mann ist.

Und so befindet man sich am Ende der Lektüre mit Reese, Ames und Katrina in deren Wohnzimmer und denkt mit den Romanfiguren über Identität, Freundschaft und Familienplanung nach. Doch ist dieser Punkt keineswegs leicht zu erreichen, auch dann nicht, wenn man die queere Terminologie beherrscht: Denn gerade Reese ist offenbar in einer Weise verzweifelt, die man nur zu leicht mit Ignoranz verwechseln kann. Sie vergleicht das Risiko einer HIV-Infektion mit dem Risiko einer Schwangerschaft, was sie ihrem Ideal von Weiblichkeit näher zu bringen scheint. Bevor sie mit der damals frisch transitionierten Amy zusammengekommen war, hatte sie eine Beziehung mit dem gewalttätigen Stanley geführt. Als sie dann wieder eine Affäre mit ihm beginnt, gesteht sie dies Amy zwar, ändert aber nichts daran, und das sind nur zwei Beispiele.

Um das Verhalten von Reese nachzuvollziehen, ist es in jedem Fall hilfreich, zu bedenken, dass sie ihr Leben lang um eine Anerkennung kämpfen musste, die Cis-Personen immer als gegeben erfahren, was Peters Reese im Text häufig zum Ausdruck bringen lässt. Der Roman verhandelt, besonders mit Blick auf Reese, das spannungsreiche Verhältnis zwischen individuellen Entscheidungen und der gesellschaftlichen Bedeutung, die sie hier stets auch haben können: "Vielleicht wollte sie einfach immer nur, was sie wollte: damals Hormone, heute ein Baby. Ein gewiefter Kopf kann immer auf das Politische verweisen, um seine eigene Selbstsucht zu rechtfertigen."

In einem Interview erklärte Torrey Peters, dass sie beim Schreiben nur darüber nachgedacht habe, was ihre Freunde witzig finden würden - und darüber, was gerade in ihrem Leben relevant gewesen sei. Aus dieser Kombination ist ein Roman entstanden, der die Probleme von Transpersonen beschreibt - und ebenso die Herausforderungen der jungen Generationen: Sind doch gerade die sogenannten Millennials und die Generation danach, bezeichnet als Z, in einer Zeit aufgewachsen, die ihnen uneingeschränkte Möglichkeiten verspricht, was Ausbildung, Wohnort und Persönlichkeitsentfaltung angeht. Ein Luxus - und gleichzeitig ein Dilemma, weil es das Leben so kompliziert erscheinen lässt, dass einige schon mit zwanzig in eine Sinnkrise geraten. Und dann doch wieder Halt bei traditionellen und gewohnten Lebensmodellen suchen.

In Peters' Roman werden die Figuren wieder und wieder mit sozialen Konventionen und Zwängen konfrontiert - und dabei zugleich von der großen Offenheit überfordert, die sich ihnen zu bieten scheint. Am Ende wirkt es, als wären Reese, Katrina und Ames an dem besagten Mehr ihrer Möglichkeiten gescheitert, als wären die tradierten Lebensformen zu fest in der Wahrnehmung der Gesellschaft - und damit auch in ihrer eigenen - verankert, als dass man sie einfach per Entschluss aushebeln könnte. Und es lebt sich wohl in der Tat leichter mit dem Strom statt gegen ihn. Dennoch ist allein der Umstand, dass es Menschen gibt, die Bücher wie "Detransition, Baby" schreiben, ein Zeichen dafür, dass nicht alles so bleiben muss, wie es immer war.

CHRISTINA VETTORAZZI

Torrey Peters, "Detransition, Baby". Aus dem Englischen von Frank Sievers und Nicole Seifert. Ullstein, 464 Seiten, 24 Euro.

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