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Produktdetails
  • Verlag: K. G. Saur
  • ISBN-13: 9783598231605
  • ISBN-10: 3598231601
  • Artikelnr.: 24269394
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 30.10.2000

Die DBE ist immer noch nachtragend

Niemand soll behaupten, daß wir kleinlich sind. Die "Deutsche Biographische Enzyklopädie" (DBE) ist auf den Seiten dieser Zeitung bereits zweimal gewürdigt worden (F.A.Z. vom 16. Mai 1995 und vom 30. November 1999). Die Artikel widmeten sich Auftakt und Abschluß des Projekts und legen Zeugnis ab von einer der verblüffendsten Editionen der deutschen Buchgeschichte: In nicht einmal vier Jahren sind die zehn Bände erstellt worden; sie enthalten 56 000 Personenartikel. Das sind zwar viertausend weniger als ursprünglich angekündigt, und auch die Publikation zog sich ein Jahr länger hin als gewünscht, aber wenn man in Rechnung stellt, daß kurz nach Beginn der Ausgabe der Herausgeber Walther Killy verstarb, ist das immer noch eine große Leistung, die man vor allem Rudolf Vierhaus zuschreiben muß, der Killys Werk fortsetzte. Daß er um den Ruf seines Werkes kämpft, wie nach der letzten Rezension festzustellen war (F.A.Z. vom 27. Dezember 1999), ist sympathisch. Zumal man der Edition manches Manko vorwerfen kann, nicht aber, daß sie sich weigerte, Versäumnisse zu korrigieren. In unserer ersten Besprechung mahnten wir das Fehlen von Andreas Baader und Karl Blossfeldt an - und schon sind sie im Nachtragband zur DBE enthalten, der jetzt erschienen ist ("Deutsche Biographische Enzyklopädie". Hrsg. von Walther Killy und Rudolf Vierhaus. Band 11: Nachträge und Register. Verlag K. G. Saur, München 2000. 2 Bände, zusammen 1323 S., geb., 696,- DM, für Käufer von Band 1-10 596,- DM). Daß die bedeutenden Stummfilmregisseure Rudolf Biebrach und Willy Achsel abermals keine Gnade vor den Augen des Herausgebers fanden, zeugt von partieller Schwachsichtigkeit, aber mancher blinde Fleck sei nachgesehen, wenn nur die vorhandenen Einträge überzeugen. Darüber sind die Meinungen geteilt, auch in dieser Zeitung. Die DBE profitiert von den gewaltigen "Biographischen Archiven", die im gleichen Verlag erschienen sind, läßt aber nur wenige Personalartikel selbst recherchieren, und deren Auswahl ist gelinde gesagt etwas rätselhaft. Weshalb etwa bei den Nachträgen der im Vorjahr verstorbene Maler Hann Trier einen langen namentlich gezeichneten Eintrag erhält, ist ebenso schwer verständlich wie die splendide Biographie des Philosophen Bernhard Groethuysen, der in Band 4 vergessen worden war und nun eine Wiedergutmachung erfährt, die die entsprechenden Einträge zu Carnap, Scheler und Jaspers an Umfang hinter sich läßt - von Baumgarten, dem Begründer der Ästhetik, ganz zu schweigen, der im ersten Band gerade einmal einen Fünfzehn-Zeilen-Artikel erhalten hatte. Hier wirken offenbar persönliche Vorlieben auf ein Projekt ein, bei dem Objektivität geboten wäre. Doch zugleich ist die sachlich knappe Information gerade der aus anderen Quellen kompilierten kurzen Artikel als erste Hilfe hochwillkommen. Sie erwecken nicht wie die längeren, von Fachleuten verfaßten Einträge den Anschein, umfassendes Wissen zu vermitteln - was selbst in den umfangreichsten Beiträgen der DBE nicht gelingt; wie soll man denn Hegel oder Hitler in drei Spalten packen? -, sondern beschränken sich auf lexikalisches Format. Und welches Lexikon böte sonst schon 56 000 Lemmata zu deutschen Persönlichkeiten? Deshalb ist die DBE ein überaus nützliches Werk, das manchen Namen durch die Zeit bewahren wird; wenn auch viele mit nicht mehr als zwanzig Zeilen. Dafür muß ein Neugieriger jetzt nicht mehr bis zum Sankt-Nimmerleinstag warten, wenn er wissen will, warum man den Grafen Zeppelin ausgelacht hat. Dafür genügt eine halbe Spalte allemal, und bis das Konkurrenzprojekt der "Allgemeinen Deutschen Biographie" beim Buchstaben Z angelangt sein wird, dürfte das neue Jahrhundert schon ziemlich alt aussehen. Noch im zwanzigsten Jahrhundert und zwar heute erscheint übrigens ein weiterer Teil der DBE (Band 12: Orts- und Berufsregister. 2 Bände, zusammen 1600 S., geb., 696,- DM, für Käufer von Band 1-10 596,- DM). Weitere Registerbände sind denkbar (Regionen, Unternehmen, Sachthemen, Begriffe, Publikationen). Niemand soll behaupten, daß K. G. Saur kleinlich wäre.

ANDREAS PLATTHAUS

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