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Familien, die Geschichte machten
Dieses Buch versammelt zwölf Portraits von Familien, die die deutsche Geschichte und Kultur - vor allem der letzten zweihundert Jahre - in besonderer Weise geprägt haben. Insgesamt ergeben die flüssig erzählten Familienbiographien eine deutsche Elitengeschichte, die tiefe Einblicke in die Erbfolge der Macht und die Gesetze des Erfolgs gewährt. Die Macht von Familien scheint auch in der individualistischen Moderne ungebrochen zu sein. Politische und wirtschaftliche, aber auch künstlerische und wissenschaftliche Machtpositionen werden bis in die Gegenwart…mehr

Produktbeschreibung
Familien, die Geschichte machten

Dieses Buch versammelt zwölf Portraits von Familien, die die deutsche Geschichte und Kultur - vor allem der letzten zweihundert Jahre - in besonderer Weise geprägt haben. Insgesamt ergeben die flüssig erzählten Familienbiographien eine deutsche Elitengeschichte, die tiefe Einblicke in die Erbfolge der Macht und die Gesetze des Erfolgs gewährt.
Die Macht von Familien scheint auch in der individualistischen Moderne ungebrochen zu sein. Politische und wirtschaftliche, aber auch künstlerische und wissenschaftliche Machtpositionen werden bis in die Gegenwart häufig durch die Zugehörigkeit zu einer bekannten Adels-, Unternehmer- oder Künstlerdynastie errungen. Die Autoren beschreiben anschaulich, durch welche Verdienste und Umstände Familien berühmt wurden und wie die Nachkommen einflußreicher Häuser ein reiches Erbe oder auch nur einen glanzvollen Namen nutzten, um eine ähnliche Karriere als Unternehmer, Politiker oder Schriftsteller zu machen oder um - wie etwa der Bankierssohn Aby Warburg - ihre Karriere auf ganz andere Felder zu verlagern. Zur Sprache kommen aber auch die Schicksale derjenigen, die an den Ansprüchen ihrer berühmten Abstammung gescheitert sind.

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Volker Reinhardt, geboren 1954, lehrt allgemeine und Schweizer Geschichte an der Universität Fribourg/Schweiz. Er ist einer der renommiertesten Kenner der neuzeitlichen Geschichte Italiens und Roms.
Rezensionen
Gefühl ist alles, Name ist Schall und Rauch?
Von den politischen Ambitionen der Bismarcks bis zur Vergangenheitsperspektive der Weizsäckers

Volker Reinhardt (Herausgeber): Deutsche Familien. Historische Portraits von Bismarck bis Weizsäcker. Verlag C.H. Beck, München 2005. 384 Seiten, 24,90 [Euro].

Geschichten einzelner Familien sind seit kurzem regelrecht in Mode gekommen. So liegt es nahe, zwölf packend geschriebene und meist gut recherchierte Beiträge über deutsche Adels-, Unternehmer- und Künstlerdynastien auf einen Streich, jedoch aus verschiedenen Federn zu veröffentlichen - und zwar über die Bismarcks, Hohenzollern, Krupps, Manns, Moltkes, Mommsens, Thurn und Taxis, Thyssens, Wagners, Warburgs, Weizsäckers und Wittelsbacher. Laut Einleitung des Schweizer Herausgebers zeichnen die einschlägig ausgewiesenen Autoren "strategische Werdegänge" nach: "Wie - von ganz unterschiedlichen Voraussetzungen aus - Rang durch Generationen ausgebaut und in die vielfältig gewandelten Verhältnisse des 19. bis 21. Jahrhunderts hinein übertragen wurde; wie dabei finanzielles und symbolisches Kapital angesammelt oder auch verloren wurde, wie die Dauerhaftigkeit von Status und Ansehen begründet, gerechtfertigt und bei Bedarf neu formuliert wurde; und nicht zuletzt mit welchen Methoden der Veranschaulichung die Zugehörigkeit zur Elite stets aufs neue vorgewiesen und in den Köpfen verankert wurde."

Michael Epkenhans bietet in seinem Aufsatz über die Familie und die Nachkommen des Reichsgründers manches zum finanziellen Hintergrund von Friedrichsruh, wenn er auch vor einem Rätsel steht: "Alles in allem beläuft sich das . . . Vermögen nach jüngsten Schätzungen auf ca. 0,4 Milliarden Euro, ist damit allerdings aus nicht zu erklärenden Gründen erheblich niedriger als noch vor einigen Jahren." Köstlich sind die knappen Ausführungen über Carl-Eduard Graf von Bismarck, den ältesten Sohn vom "Chef des Hauses", also des 1930 geborenen Fürsten Ferdinand. "Calle" kandidierte im Jahr 2002 ausgerechnet mit dem abgedroschenen Slogan "Tradition und Innovation" für den Deutschen Bundestag: "So wie sein Urgroßvater Herbert Graf von Bismarck 1878 im Wahlkreis Herzogtum Lauenburg einst gegen einen liberalen Abgeordneten verlor, mußte dieser sich - trotz der Unterstützung durch namhafte, der Familie verbundene politische Prominenz - im gleichen Wahlkreis einem SPD-Kandidaten geschlagen geben. Geschichte wiederholt sich manchmal doch - auch bei ,großen' Namen."

Besonders lesenswert sind die Ausführungen von Werner Plumpe und Jörg Lesczenski über die Industriellenfamilie Thyssen. Firmengründer Alfred Thyssen lehnte 1903 eine Nobilitierung ab, weil nach seiner Meinung der Mensch doch "im allgemeinen nach seinen Leistungen und nicht nach seinem Titel beurteilt" werde. Eine kaiserliche Dekorierung hielt er sogar für "verhängnisvoll", weil sie von den eigentlichen Pflichten - insbesondere dem Dienst am Unternehmen - nur abhalte. Sein Konzept der Dynastiebildung scheitere allerdings daran, daß ihm nicht selten der Glaube an das nötige Engagement und die nötige Leistungsbereitschaft seiner Sprößlinge Fritz und Heinrich fehlte. Die auf Arbeitsethos und Firmenwohl ausgerichtete Lebensführung des Vaters stand den verschiedenen Individualisierungsprozessen und Selbstfindungsphasen der Söhne gegenüber, was sich keineswegs auf die Thyssens beschränkte: "Nicht wenigen Unternehmersöhnen war es nur möglich, dem hohen Erwartungsdruck physisch standzuhalten, wenn es in ihren Lebensentwürfen auch Momente von Autonomie und Selbstfindung gab." Das väterliche Unternehmen fortzuführen sei für die Nachkommen oftmals zwar noch ein wichtiger, aber nicht mehr der ausschließliche Lebensinhalt gewesen.

Dennoch schlugen sich die beiden Thyssen-Söhne nach dem Tod des übermächtigen Vaters im Jahr 1925 durchaus erfolgreich im Geschäftsleben, und Fritz machte nach 1933 sogar politisch eine gute Figur, obwohl er sich dem "Dritten Reich" zunächst angedient hatte und von Hitler zum Mitglied des Preußischen Staatsrates und des Reichstages ernannt worden war. Schon 1934 erkannte der Großindustrielle, daß sein katholischer Ständeromantizismus nicht mit den gesellschaftspolitischen Vorstellungen der braunen Großmäuler vereinbar war. Die eskalierende Hetze gegen die jüdische Bevölkerung beantwortet Thyssen 1938 mit dem Austritt aus dem Preußischen Staatsrat. Weil er einem deutschen Angriff auf Polen als Reichstagsabgeordneter nicht zustimmen wollte, floh er zuvor im Sommer 1939 aus Deutschland, wurde aber später von französischen Behörden an das "Dritte Reich" ausgeliefert und von November 1943 bis Kriegsende 1945 in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Buchenwald und Dachau gefangengehalten.

Die von den Autoren bei den jüngeren Thyssens festgestellte "hedonistisch-synthetische Vorstellung des guten Lebens" hat es bei Deutschlands oberster bürgerlicher Vorzeigefamilie, den Weizsäckers, nie gegeben, weil über Generationen hinweg Söhne die Väter und Brüder sich untereinander durch Bildung und Leistung ausstechen wollten und wollen. Außerdem - so meint der Schweizer Nachwuchshistoriker Thomas Lau - habe sogar die Liebe "stets an der richtigen Haustür" angeklopft: "So glich die Liste der Ehefrauen den Sprossen der Leiter des sozialen Aufstiegs. Sie markierten den neuen Status und sicherten ihn durch ihre familiären Verbindungen." Dabei sei die Rolle der Ehefrauen und Mütter weit über die des passiven Statussymbols hinausgegangen: "Ihre wohl wichtigste Aufgabe lag in der Erziehung und Förderung der Kinder." Leistungsfähigkeit und Leistungsbereitschaft hätten im Zentrum gestanden: "Hochbegabung wurde dabei geradezu erwartet, ja zur Selbstverständlichkeit. Der Erfolg des Vaters, später auch des Großvaters und Urgroßvaters, war nicht nur nachzuahmen, er war, wenn möglich, zu übertreffen."

Lau arbeitet heraus, wie die württembergische Beamtenaristokratie keinen Vergleich mit dem Geblüts- und Geldadel zu scheuen brauchte. Immerhin wurde Karl Hugo von Weizsäcker, dem Ministerpräsidenten in Stuttgart, 1917 das Amt des Reichskanzlers angeboten - ein Ansinnen, das er ablehnte, weil er bereits davon überzeugt war, daß es aussichtslos sei, den Krieg fortzusetzen: "Die Erinnerung an die zurückgewiesene Reichskanzlerschaft barg eine zwiespältige Botschaft in sich. Sie atmete das Selbstbewußtsein dessen, der um ein Haar zu einer welthistorischen Figur geworden wäre. Und doch schwang ein Hauch Resignation mit. Der Ruf war zu spät gekommen."

Jedenfalls sollte sich der Sohn des 1926 verstorbenen früheren Ministerpräsidenten rechtzeitig mit dem "Dritten Reich" arrangieren. Der 1882 geborene Ernst von Weizsäcker - kaiserlicher Seeoffizier und 1920 "Seiteneinsteiger" im Auswärtigen Dienst der an sich verachteten Weimarer Republik - machte vor Beginn der "Blitzkriege" erst einmal eine "Blitzkarriere". Der rasante Aufstieg vom Gesandten in Oslo und Bern zum Leiter der Politischen Abteilung in der Wilhelmstraße und endlich im Februar 1938 zum Staatssekretär des Auswärtigen Amts habe ihm "die erhoffte und lange verwehrte Anerkennung" gebracht: "Mit allen bürokratischen Finessen führte er seinen Kleinkrieg gegen den großen Krieg. Er verhinderte und intrigierte. Für sein Meisterstück hielt er das Münchner Abkommen, das auf sein Drängen hin zustande gekommen war. Am Ende war alle Mühe umsonst. Statt den Krieg zu verhindern, hatte er Hitlers Ausgangsposition verbessert. Der Diplomat hatte sich verkalkuliert."

Zu Recht stellt Lau heraus, daß Weizsäckers Gedanken in der Folgezeit "um die Bewahrung des alten Beamtenapparats" gekreist hätten. Und so habe er weiterhin Kompromisse eingehen und kooperieren müssen, "auch dann noch, als das Auswärtige Amt im Frühjahr 1942 zunehmend in die administrative Vorbereitung des Holocaust" einbezogen wurde: "Später sollte er behaupten, von der Absicht, die Juden zu ermorden, nichts gewußt zu haben - eine Darstellung, die bis heute umstritten ist." Seit 1941 habe sich der Staatssekretär die "bange Frage" gestellt, "wie er sein Verhalten nach dem Kriege rechtfertigen sollte und den gute Namen seiner Familie retten konnte. Gelingen konnte dies nur, wenn er dem engsten Kreis der Macht entkam."

Zwei Jahre war Weizsäcker noch Botschafter beim Vatikan, und nach Kriegsende konnte er sich - so Lau - bis zu seiner eigenen Verhaftung und dem Wilhelmstraßenprozeß 1948/49 als "angeblich anständig gebliebener deutscher Spitzenbeamter" präsentieren. Die von der Anklage in Nürnberg gegen Weizsäcker erhobenen Vorwürfe, insbesondere "seine Beihilfe zum Völkermord an den Juden", hätten nicht nur ihn betroffen: "In seiner Lebensgeschichte sollte die Öffentlichkeit den Prototyp des Schreibtischtäters wiedererkennen. Die Verteidigung begriff den Prozeß daher als einen Kampf um die Ehre der alten Beamtenschaft. Aufgenommen wurde er nicht nur von den Freunden des Staatssekretärs und dessen Verteidigern, sondern auch von seinen Söhnen. Der ältere der beiden, Carl Friedrich, ließ nichts unversucht, um Entlastungszeugen zu gewinnen, während sein jüngerer Bruder Richard das Jurastudium unterbrach und den Vater als Hilfsverteidiger unterstützte. Der Angeklagte und seine Verteidiger zeichneten, unterstützt von ehemaligen Mitarbeitern im Außenministerium, ein Gegenbild des Angeklagten, das ihn in heldenhafte Höhen emporhob."

Damals entstand die Legende vom "unbeugsamen Widerstandskämpfer", die schließlich aus dem verurteilten Staatssekretär bis zu seiner vorzeitigen Entlassung den in Landsberg inhaftierten "Märtyrer" machten. Die Söhne hätten fortan "für die Wiederherstellung der Reputation der deutschen Leistungseliten" gekämpft. Nach Laus Interpretation habe insbesondere Richard von Weizsäcker über Jahrzehnte die "alten Leistungseliten . . . vehement verteidigt", bis er dann als Bundespräsident mit der als "politisches und rhetorisches Meisterstück" gelobten Rede zum vierzigsten Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai 1985 auf die Kritiker zugegangen sei: "Zwar vermied er auch bei dieser Gelegenheit sorgsam, die Bedeutung des deutschen Spitzenbeamten für den Aufstieg Hitlers zu thematisieren, doch gestand er das kollektive moralische Versagen der Nation, einschließlich ihrer Eliten, ein. Die Deportation der jüdischen Mitbürger hätten alle wortlos geduldet, obwohl jedermann geahnt habe, was mit den Verschleppten geschehen werde. Zwar könne von Kollektivschuld keine Rede sein, da Schuld immer individuell zu beurteilen sei, wohl aber von Kollektivscham. Dem Eingeständnis folgte der Hinweis auf die Lehren, die man aus der Katastrophe gezogen hatte. Auch an dieser Wende hatten die alten Leistungseliten mitgewirkt. Der Schuld stand die Läuterung gegenüber."

Schließlich resümiert Lau: "Die deutsche Kassandra, der unschuldig Schuldige, der politisch wirkende Gelehrte, die unermüdliche Stimme der Ratio inmitten des Chors der Schmeichler - dies sind die Rollen, die eng mit der Familie von Weizsäcker verbunden sind. Ihr Name ist zu einem Orientierungspunkt nationaler Selbstreflexion geworden. Er ruft Erinnerungen an vermeidbare deutsche Katastrophen und ihre Folgen wach. Zugleich weckt er ein Vertrauen, das aus der Vertrautheit entspringt. Das Bild der von Weizsäckers, die über die Ursachen vergangener Zusammenbrüche reflektieren und vor zukünftigen warnen, bilden einen Anker der Kontinuität inmitten des Wandels." Der emotionslose eidgenössische Lichtblick von Lau verdient gerade wegen jüngster Äußerungen des Altbundespräsidenten über die Rolle seines Vaters Ernst im "Dritten Reich" und dessen immer wieder von Familienmitgliedern behaupteten Nichtwissen über die "Endlösung" eine gewisse Aufmerksamkeit.

RAINER BLASIUS

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