Die Gründung zweier deutscher Staaten liegt 50 Jahre zurück, die Überwindung der Trennung bereits zehn Jahre. Doch der geistige Graben zwischen Ost und West ist seither kaum überwunden worden. Wissenschaftler und Politiker aus Ost und West haben daher diskutiert, wie die getrennte Vergangenheit als gemeinsame, gegenseitig beeinflusste und von gleichen Herausforderungen geprägte Geschichte begriffen werden kann. Sie sehen in einem fairen und differenzierten Geschichtsbild die Voraussetzung für die Verwirklichung der inneren Einheit.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Mit verhaltenem Spott, aber akademisch fair referiert Klaus Schroeder die Beiträge dieses Bandes, die auf Vorträgen einer 1998 abgehaltenen Tagung beruhen. Hier schrieben zum großen Teil jene Historiker, so meint Schroeder, die sich in den achtziger Jahren frohgemut von der Idee der Wiedervereinigung verabschiedeten und der DDR ihre eigene Legitimität als Antwort auf den Nationalsozialismus zubilligten - viele Sozialdemokraten darunter. Den Beiträgen des Bandes - ob sie nun von Ost- oder Westdeutschen stammen - sei manches gemeinsam: Man lehne den Begriff des Totalitarismus für die DDR ab, scheue also auch den Vergleich mit dem Nationalsozialismus und bevorzuge immer noch den Vergleich mit der Bundesrepublik "auf gleicher Augenhöhe". Der politischen Aufarbeitung der Machtstrukturen des Systems - und der eigenen Verstrickung in seine Legitimierung - weiche man mit der Forderung nach einer Sozial- und Mentalitätsgeschichte aus, die den Alltag der DDR-Bevölkerung schildern soll. Schroeder warnt vor den Folgen einer derart rücksichts- und verständnisvollen DDR-Geschichte: Es könnten andere Historiker auf die Idee kommen, auf diese Weise auch den Nationalsozialismus zu legitimieren.
© Perlentaucher Medien GmbH
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"Die geteilten Erfahrungen von Ost und West finden trotz intensiver Debatten nur schwer zueinander. Knapp zehn Jahre nach dem Mauerfall stehen sich die Geschichtsbilder und deren Vertreter oft unversöhnlich gegenüber.Einen neuen Versuch, das Puzzle der Erinnerungen zusammenzufügen, unternimmt das Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung. In einem Sammelband, der die Ergebnisse einer Hsitorikertagung vorstellt, werden deutsch-deutsche Parallelen ausgelotet." (Der Tagesspiegel, 16.8.99) "Der Band vereint zwanzig Beiträge zur Verflechtung, Abgrenzung und Wechselwirkung deutscher Nachkriegsgeschichte und der Einordnung von West- und Ost-Erfahrungen in eine gemeinsame Erinnerung." (Badische Zeitung, 8.4.99) "Das Buch ist in jedem Falle für die Wissenschaft von der Politik, für die Zeitgeschichte und zur Fortbildung der Lehrenden deshalb geeignet, weil uns mit der ganzen Wucht gedoppelter Vergangenheitsauseinandersetzung immer wieder begegnet wird. Auch in der Zukunft wird man zu unterscheiden haben in: einmal jene, iie von der Unaufhaltsamkeit des Historisierungsprozesses sprechen und nach einer neuen Nationalgeschichte streben, und zum anderen jene die sich zum"Kampf um die individuelle und kollektive Erinnerung"bemühen. Jede anständige Nationalgeschichte wird beide Seiten berücksichtigen, und der vorliegende Sammelband ist ein guter Anfang." (Zeitschrift für Politik, Heft 1, März 2002)