Angesichts der spannungsreichen gesellschaftlichen Entwicklungen in nationalen wie internationalen Kontexten ist es notwendig, kontinuierlich Rechenschaft abzulegen über den sozialen, politischen und auch mentalen Zustand dieser Republik. Dazu dient diese Reihe in der edition suhrkamp, die als jährlicher Report angelegt ist. Die Basis dieses Reports bildet eine jährliche repräsentative Befragung von 3000 Personen zu Erscheinungsweisen, Ursachen und Entwicklungen »Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit« wie Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Heterophobie (gegen Obdachlose, Homosexuelle, Muslime etc.) und Sexismus. Ein wissenschaftliches Kernstück, das durch eine feste Forschungsgruppe erstellt wird, bietet Erklärungen für das Syndrom offener und verdeckter Menschenfeindlichkeit. Ein zweiter, umfangreicher Teil, der von Journalisten, Schriftstellern, Politikern, Schülern und nicht zuletzt von Gewaltopfern verfaßt wird, entfaltet in Form von Essays, Reportagen, Interviews und Analysen ein vielfältiges Spektrum von Themen, die auf »Deutsche Zustände« zulaufen.
Wilhelm Heitmeyer ist Professor für Sozialisation an der Universität Bielefeld und leitet dort das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung.
Wilhelm Heitmeyer ist Professor für Sozialisation an der Universität Bielefeld und leitet dort das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Als "wichtiges Buch" würdigt Rezensent Florian Coulmas den von Wilhelm Heitmeyer herausgegebenen Band "Deutsche Zustände", der die alltägliche Barbarei in Deutschland - Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus, Sexismus - protokolliert. Die Autoren des Bandes sind laut Coulmas hauptsächlich Sozialwissenschaftler, die mit wissenschaftlichen Methoden arbeiten. Allerdings zwinge sie ihr Gegenstand, aus der teilnahmslosen Position des distanzierten Beobachters herauszutreten. "Sie betrachten die Auflösung sozialer Ligaturen mit Sorge und wollen dazu beitragen, fatalen Entwicklungen entgegenzuwirken", hält Coulmas fest. Der Band präsentiert nach Auskunft des Rezensenten vor allem die Ergebnisse einer Befragung von 3000 repräsentativ ausgewählten Personen, die Motive und Ursprünge von Diskriminierung und gruppenbezogener Gewaltbereitschaft aufdecken helfen. Dabei werde zwar nicht viel Neues zutage gefördert, aber manche intuitive Einsicht wissenschaftlich bestätigt. So zeigen die Autoren laut Rezensent, dass gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit eine Begleiterscheinung der Erosion sozialer Bindungen ist, die ihrerseits dadurch verursacht ist, dass Geld zum wichtigsten Mittel des Erwerbs von Anerkennung geworden ist. Coulmas hebt hervor, dass das Buch auch konkrete Ansätze, gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu begegnen, aufzeigt. Abschließend wünscht er dem Band viele Leser, äußert aber zugleich die Befürchtung, "dass es nur bei den Bekehrten auf Interesse stößt".
© Perlentaucher Medien GmbH
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