Das Buch versucht, aus zwei speziellen Aspekten einen Zugang für das Verständnis des deutschen 20. Jahrhunderts zu schaffen. Erstens geht es darin nicht um darstellende deutsche Geschichte, sondern um deren unmittelbare Spiegelung im politischen Selbstverständnis repräsentativer Deutscher. Nicht Summierung, Zusammenhang und Gewichtung von Fakten oder Strukturen wird gesucht, sondern ein tieferes Eindringen in jene politischen Zukunftsentwürfe herausragender Gestalten, die als authentische Zeugnisse je gegenwärtiger politischer Geistigkeit zwischen 1900 und 2000 gelten können. Zweitens geht es darum, dieses Jahrhundert in die ganze deutsche Geschichte hineinzustellen und es so in einem größeren Rahmen zu sehen. Dies ist jetzt ein Anliegen der Geschichtswissenschaft.
"Deutschland" im Denken von: Friedrich Naumann, Max Weber, Walter Rathenau, Friedrich Ebert, Kurt Riezler (Pseudonym J. J. Ruedorffer), Rudolf Kjellén, Adolf von Harnack, Friedrich Wilhelm Foerster, Max Scheler, Ernst Troeltsch, Oswald Spengler, Friedrich Meinecke, Arthur Moeller van den Bruck, Alfred Rosenberg, Ernst Robert Curtius, Helmut Plessner, Karl Jaspers, Martin Heidegger, Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal, Ernst Jünger, Carl Schmitt, Gustav Stresemann, Hans von Seeckt, Julius Leber, Ludwig Beck, Carl Goerdeler, Friedrich Meinecke, Franz Schnabel, Gerhard Ritter, Ulrich Noack, Wilhelm Röpke, Hermann Heimpel, Hans Rothfels, Reinhard Wittram, Theodor Schieder, Ludwig Dehio, Karl-Dietrich Erdmann, Ernst Nolte, Konrad Adenauer, Walter Ulbricht, Johannes R. Becher, Kurt Schumacher, Carlo Schmid, Willy Brandt, Jakob Kaiser, Helmut Schelsky, Ralf Dahrendorf, Hans Freyer, Ernst Forsthoff, Niklas Luhmann, Jürgen Habermas, Hermann Lübbe, Romano Guardini, Carl Friedrich von Weizsäcker, Hermann Lübbe, Joseph Isensee, Paul Kirchhof, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Hans-Peter Schwarz, Jürgen Kocka, Botho Strauß
Das Buch wendet sich an alle diejenigen, die an der deutschen Geschichte und dem Selbstverständnis der Deutschen interessiert sind.
"Deutschland" im Denken von: Friedrich Naumann, Max Weber, Walter Rathenau, Friedrich Ebert, Kurt Riezler (Pseudonym J. J. Ruedorffer), Rudolf Kjellén, Adolf von Harnack, Friedrich Wilhelm Foerster, Max Scheler, Ernst Troeltsch, Oswald Spengler, Friedrich Meinecke, Arthur Moeller van den Bruck, Alfred Rosenberg, Ernst Robert Curtius, Helmut Plessner, Karl Jaspers, Martin Heidegger, Thomas Mann, Hugo von Hofmannsthal, Ernst Jünger, Carl Schmitt, Gustav Stresemann, Hans von Seeckt, Julius Leber, Ludwig Beck, Carl Goerdeler, Friedrich Meinecke, Franz Schnabel, Gerhard Ritter, Ulrich Noack, Wilhelm Röpke, Hermann Heimpel, Hans Rothfels, Reinhard Wittram, Theodor Schieder, Ludwig Dehio, Karl-Dietrich Erdmann, Ernst Nolte, Konrad Adenauer, Walter Ulbricht, Johannes R. Becher, Kurt Schumacher, Carlo Schmid, Willy Brandt, Jakob Kaiser, Helmut Schelsky, Ralf Dahrendorf, Hans Freyer, Ernst Forsthoff, Niklas Luhmann, Jürgen Habermas, Hermann Lübbe, Romano Guardini, Carl Friedrich von Weizsäcker, Hermann Lübbe, Joseph Isensee, Paul Kirchhof, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Hans-Peter Schwarz, Jürgen Kocka, Botho Strauß
Das Buch wendet sich an alle diejenigen, die an der deutschen Geschichte und dem Selbstverständnis der Deutschen interessiert sind.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.2002Regensburger Miniaturen
Heinz Angermeiers deutsche Porträtsammlung löst das Rätsel nicht
Heinz Angermeier: Deutschland als politisches Rätsel. Gegenwartsanalysen und Zukunftsperspektiven repräsentativer Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2001. 328 Seiten, 35,- Euro.
Die Suche nach dem überzeugendsten Weg zur Gewinnung historischer Erkenntnis, zur Annäherung an eine - wenn es sie denn geben sollte - "historische Wahrheit", bewegt die Geschichtswissenschaft spätestens seit Ranke. Und seither scheiden sich die Geister auch darüber, welches die dafür bestgeeignete Methode sei. Ist es eher die Idee oder die Struktur, die das seit Droysen so genannte "historische Material" formt, aus dem die Vergangenheit wenn schon nicht originalgetreu, dann doch als möglichst identisches Abbild wiedererstehen soll? Wenn seit einiger Zeit wieder eine deutliche Präferenz für ideengeschichtliche Ansätze konstatiert werden kann, so wurde diese Entwicklung zweifellos begünstigt von der Herausforderung der Wissenschaft durch die Postmoderne.
Auch in dem hier vorzustellenden Buch hat sie ihre Spuren hinterlassen - wie anders ließe sich der Versuch sonst beschreiben, eine Annäherung an die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert vermittelst der Rekonstruktion von zeittypischen Perspektiven aus den verschiedenen Epochen des Jahrhunderts vornehmen zu wollen? Wenngleich Heinz Angermeier betont, keine traditionelle Geschichte schreiben zu wollen, bleibt doch sein Anspruch unverkennbar, durch die angeführten Zeitzeugen ein möglichst aussagekräftiges Porträt des 20. Jahrhunderts zeichnen zu wollen. Daß damit der Leser eingeladen wird, sich ein eigenes Bild von dem dargestellten Gegenstand zu machen, ist zweifellos beabsichtigt. Auch das paßt in das Raster der Postmoderne, derzufolge unter anderem ja alles Text und jeder Text in letzter Konsequenz bereits zu Buchstaben geronnene Geschichte sei.
Allerdings sind es keine Originaltexte, die der Regensburger Frühneuzeithistoriker in Auswahl präsentiert, sondern kurze Lebens- und Werksskizzen einzelner Persönlichkeiten, die seiner Meinung nach die vier für Deutschland zentralen Epochen des 20. Jahrhunderts repräsentieren: die Jahre 1900 bis 1919 (Von der Monarchie zur Republik), 1920 bis 1945 (Von der Weimarer Republik zum Ende des Reiches), 1945 bis 1989 (Deutschland zwischen Teilung und Vereinigung) und 1990 bis 2000 (Deutschland in Europa).
Schon diese Vierteilung wirft erste Fragen auf. Die Behandlung der Zwischenkriegszeit in einem Kapitel ist zwar grundsätzlich sinnvoll, wird aber nicht begründet - abgesehen davon, daß der Autor das Jahr 1933 als Bruch bezeichnet, der den "historischen Prozeß" mehr abgerissen als fortgesetzt habe. Die mit einem solchen Zugriff verbundenen Probleme (Gleichsetzung von Republik und Diktatur mitsamt ihren jeweiligen Protagonisten) werden hingegen nicht thematisiert.
Ungleich problematischer ist die Auswahl der vorgestellten Persönlichkeiten. Sicher - Friedrich Naumann, Max Weber, Walther Rathenau mögen für die Epoche 1900 bis 1919 ebenso typisch sein wie Ernst Troeltsch oder Oswald Spengler. Doch läßt sich ein derart facettenreicher Zeitabschnitt wie der des Niedergangs des deutschen Kaiserreichs mit gutem Gewissen tatsächlich auf 12 Einzelpersönlichkeiten reduzieren oder die Zwischenkriegszeit auf 15, die Nachkriegszeit auf 29, die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts gar nur auf Hermann Lübbe, Joseph Isensee, Paul Kirchhof, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Hans-Peter Schwarz, Jürgen Kocka und Botho Strauß?
Unbestritten sei hier, daß viele der Miniaturen lesens- und bedenkenswert sind. In Anlehnung an Zweig könnte man einige von ihnen sogar als "Sternstunden" bezeichnen, ohne daß hier Raum für eine eingehendere Würdigung wäre. Auf jeden Fall sind die getroffenen Urteile nachvollziehbar, wenngleich man nicht jedes teilen mag. Und zweifellos haben alle herangezogenen Personen mit ihren Arbeiten dazu beigetragen, jeweilige zeittypische Stimmungen zu formulieren, manche sogar, diese mitzuprägen. Ihnen jedoch implizit eine Repräsentativität für die jeweilige Epoche zuzuschreiben heißt zwangsläufig, das Wirken anderer schmälern.
So trifft es sicherlich zu, daß Alfred Rosenberg die nationalsozialistische "Weltanschauung" maßgeblich mitformuliert hat, doch berechtigt das den völligen Verzicht auf Hitler als wenigstens für Deutschland repräsentative Person der Zwischenkriegszeit? Das Problem des Buches liegt also nicht so sehr in der gewählten Form der Annäherung an Einzelpersonen, sondern am impliziten Anspruch, über die Auswahl die jeweilige Stimmung der Zeit erfassen zu wollen. Angermeier hat ein - sein - Pantheon des deutschen 20. Jahrhunderts geschaffen und einer größeren Leserschaft geöffnet. Das politische Rätsel Deutschland hat er jedoch damit nicht gelöst.
JÜRGEN ELVERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Heinz Angermeiers deutsche Porträtsammlung löst das Rätsel nicht
Heinz Angermeier: Deutschland als politisches Rätsel. Gegenwartsanalysen und Zukunftsperspektiven repräsentativer Zeitgenossen des 20. Jahrhunderts. Verlag Königshausen & Neumann, Würzburg 2001. 328 Seiten, 35,- Euro.
Die Suche nach dem überzeugendsten Weg zur Gewinnung historischer Erkenntnis, zur Annäherung an eine - wenn es sie denn geben sollte - "historische Wahrheit", bewegt die Geschichtswissenschaft spätestens seit Ranke. Und seither scheiden sich die Geister auch darüber, welches die dafür bestgeeignete Methode sei. Ist es eher die Idee oder die Struktur, die das seit Droysen so genannte "historische Material" formt, aus dem die Vergangenheit wenn schon nicht originalgetreu, dann doch als möglichst identisches Abbild wiedererstehen soll? Wenn seit einiger Zeit wieder eine deutliche Präferenz für ideengeschichtliche Ansätze konstatiert werden kann, so wurde diese Entwicklung zweifellos begünstigt von der Herausforderung der Wissenschaft durch die Postmoderne.
Auch in dem hier vorzustellenden Buch hat sie ihre Spuren hinterlassen - wie anders ließe sich der Versuch sonst beschreiben, eine Annäherung an die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert vermittelst der Rekonstruktion von zeittypischen Perspektiven aus den verschiedenen Epochen des Jahrhunderts vornehmen zu wollen? Wenngleich Heinz Angermeier betont, keine traditionelle Geschichte schreiben zu wollen, bleibt doch sein Anspruch unverkennbar, durch die angeführten Zeitzeugen ein möglichst aussagekräftiges Porträt des 20. Jahrhunderts zeichnen zu wollen. Daß damit der Leser eingeladen wird, sich ein eigenes Bild von dem dargestellten Gegenstand zu machen, ist zweifellos beabsichtigt. Auch das paßt in das Raster der Postmoderne, derzufolge unter anderem ja alles Text und jeder Text in letzter Konsequenz bereits zu Buchstaben geronnene Geschichte sei.
Allerdings sind es keine Originaltexte, die der Regensburger Frühneuzeithistoriker in Auswahl präsentiert, sondern kurze Lebens- und Werksskizzen einzelner Persönlichkeiten, die seiner Meinung nach die vier für Deutschland zentralen Epochen des 20. Jahrhunderts repräsentieren: die Jahre 1900 bis 1919 (Von der Monarchie zur Republik), 1920 bis 1945 (Von der Weimarer Republik zum Ende des Reiches), 1945 bis 1989 (Deutschland zwischen Teilung und Vereinigung) und 1990 bis 2000 (Deutschland in Europa).
Schon diese Vierteilung wirft erste Fragen auf. Die Behandlung der Zwischenkriegszeit in einem Kapitel ist zwar grundsätzlich sinnvoll, wird aber nicht begründet - abgesehen davon, daß der Autor das Jahr 1933 als Bruch bezeichnet, der den "historischen Prozeß" mehr abgerissen als fortgesetzt habe. Die mit einem solchen Zugriff verbundenen Probleme (Gleichsetzung von Republik und Diktatur mitsamt ihren jeweiligen Protagonisten) werden hingegen nicht thematisiert.
Ungleich problematischer ist die Auswahl der vorgestellten Persönlichkeiten. Sicher - Friedrich Naumann, Max Weber, Walther Rathenau mögen für die Epoche 1900 bis 1919 ebenso typisch sein wie Ernst Troeltsch oder Oswald Spengler. Doch läßt sich ein derart facettenreicher Zeitabschnitt wie der des Niedergangs des deutschen Kaiserreichs mit gutem Gewissen tatsächlich auf 12 Einzelpersönlichkeiten reduzieren oder die Zwischenkriegszeit auf 15, die Nachkriegszeit auf 29, die letzte Dekade des 20. Jahrhunderts gar nur auf Hermann Lübbe, Joseph Isensee, Paul Kirchhof, Ernst-Wolfgang Böckenförde, Hans-Peter Schwarz, Jürgen Kocka und Botho Strauß?
Unbestritten sei hier, daß viele der Miniaturen lesens- und bedenkenswert sind. In Anlehnung an Zweig könnte man einige von ihnen sogar als "Sternstunden" bezeichnen, ohne daß hier Raum für eine eingehendere Würdigung wäre. Auf jeden Fall sind die getroffenen Urteile nachvollziehbar, wenngleich man nicht jedes teilen mag. Und zweifellos haben alle herangezogenen Personen mit ihren Arbeiten dazu beigetragen, jeweilige zeittypische Stimmungen zu formulieren, manche sogar, diese mitzuprägen. Ihnen jedoch implizit eine Repräsentativität für die jeweilige Epoche zuzuschreiben heißt zwangsläufig, das Wirken anderer schmälern.
So trifft es sicherlich zu, daß Alfred Rosenberg die nationalsozialistische "Weltanschauung" maßgeblich mitformuliert hat, doch berechtigt das den völligen Verzicht auf Hitler als wenigstens für Deutschland repräsentative Person der Zwischenkriegszeit? Das Problem des Buches liegt also nicht so sehr in der gewählten Form der Annäherung an Einzelpersonen, sondern am impliziten Anspruch, über die Auswahl die jeweilige Stimmung der Zeit erfassen zu wollen. Angermeier hat ein - sein - Pantheon des deutschen 20. Jahrhunderts geschaffen und einer größeren Leserschaft geöffnet. Das politische Rätsel Deutschland hat er jedoch damit nicht gelöst.
JÜRGEN ELVERT
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Jürgen Elvert fand in den kurzen Lebens- und Werksskizzen der Persönlichkeiten dieses Buches viele lesens- und bedenkenswerte Texte, einige 'Sternstunden' seien sogar dabei. Dennoch findet er den Anspruch, mit den ausgewählten Personen verschiedene Epochen des 20. Jahrhundert repräsentativ abzubilden, problematisch, da so das "Wirken anderer" zwangsläufig geschmälert werde. Selbst die Vierteilung des Jahrhunderts warf bei ihm Fragen auf - und war nicht auch Hitler im Deutschland der Zwischenkriegszeit eine "repräsentative Person"? Der Autor habe sein "Pantheon" geschaffen und "einer größeren Leserschaft geöffnet", ohne das politische Rätsel Deutschland zu lösen, resümiert Elvert angetan und doch enttäuscht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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