Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 09.10.2008Senf in bunten Rabatten
Seit wir Papst sind, wächst das Interesse am katholischen Glauben, und die Aufforderung von Gottes Stellvertreter an uns, die Bibel zu lesen, fällt nicht zuletzt bei Gärtnern auf fruchtbaren Boden. Schließlich wurde der Mensch aus dem Paradies vertrieben und ist seither bestrebt, dorthin zurückzukehren. Auf dem Weg haben Mönche und Nonnen wunderbare geschützte Gärten angelegt, in denen nicht nur Heilkräuter und Viktualien für den eigenen Bedarf gediehen, sondern christliche Symbolik in der Zahl und Ausrichtung der Beete und der Wahl der Pflanzen zum Ausdruck kam. In vielen Klostergärten findet man noch heute biblische Abteilungen, in denen Linsen für Esaus Gericht, Senf, dessen Korn für Glaubensstärke steht, sowie Weinreben, Lorbeer, Ölbäume und die reinen Madonnenlilien gezogen werden. Fünfunddreißig der Öffentlichkeit zugängliche Klostergärten - im Osten Deutschlands haben naturgemäß weniger als im Süden das politische Wetter überstanden - hat der Fotojournalist Olaf Schulz bereist. Von den Ausflügen hat er eindrucksvolle Bilder von sakralen Gebäuden, alten Spalieren, tiptop gepflegten Anlagen und wuscheligen Wildgärten mitgebracht, deren Fülle und Details auch den säkularen Gärtner inspirieren werden. Weniger Sorgfalt als auf die Fotografien wurde leider auf den Text gelegt, der durch umgangssprachliche Rohheit ("optimales Geschmackserlebnis"), Banalität ("Noah, der Erbauer der berühmten Arche") und mangelnde Tiefenschärfe ("jede Menge interessante Gewächse") die Lust am Lesen nicht unerheblich verdirbt. Statt der allgemeinen Ratschläge von Hobbygärtner Schulz hätte einem solchen Band etwa ein Index gut angestanden, denn Wissen ist beim Nachschlagen nützlicher als Glauben.
letz
"Deutschlands schönste Klostergärten" von Olaf Schulz. blv Buchverlag, München 2008. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 29,90 [Euro]
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Seit wir Papst sind, wächst das Interesse am katholischen Glauben, und die Aufforderung von Gottes Stellvertreter an uns, die Bibel zu lesen, fällt nicht zuletzt bei Gärtnern auf fruchtbaren Boden. Schließlich wurde der Mensch aus dem Paradies vertrieben und ist seither bestrebt, dorthin zurückzukehren. Auf dem Weg haben Mönche und Nonnen wunderbare geschützte Gärten angelegt, in denen nicht nur Heilkräuter und Viktualien für den eigenen Bedarf gediehen, sondern christliche Symbolik in der Zahl und Ausrichtung der Beete und der Wahl der Pflanzen zum Ausdruck kam. In vielen Klostergärten findet man noch heute biblische Abteilungen, in denen Linsen für Esaus Gericht, Senf, dessen Korn für Glaubensstärke steht, sowie Weinreben, Lorbeer, Ölbäume und die reinen Madonnenlilien gezogen werden. Fünfunddreißig der Öffentlichkeit zugängliche Klostergärten - im Osten Deutschlands haben naturgemäß weniger als im Süden das politische Wetter überstanden - hat der Fotojournalist Olaf Schulz bereist. Von den Ausflügen hat er eindrucksvolle Bilder von sakralen Gebäuden, alten Spalieren, tiptop gepflegten Anlagen und wuscheligen Wildgärten mitgebracht, deren Fülle und Details auch den säkularen Gärtner inspirieren werden. Weniger Sorgfalt als auf die Fotografien wurde leider auf den Text gelegt, der durch umgangssprachliche Rohheit ("optimales Geschmackserlebnis"), Banalität ("Noah, der Erbauer der berühmten Arche") und mangelnde Tiefenschärfe ("jede Menge interessante Gewächse") die Lust am Lesen nicht unerheblich verdirbt. Statt der allgemeinen Ratschläge von Hobbygärtner Schulz hätte einem solchen Band etwa ein Index gut angestanden, denn Wissen ist beim Nachschlagen nützlicher als Glauben.
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"Deutschlands schönste Klostergärten" von Olaf Schulz. blv Buchverlag, München 2008. 160 Seiten, zahlreiche Abbildungen. Gebunden, 29,90 [Euro]
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