Das ungeschminkte Portrait eines Weltstars
Auch zehn Jahre nach ihrem Tod wird sie verehrt, ja vergöttert: Lady Di lebt! Wirklich gerecht wird ihr nun die definitive Biographie der international renommierten Journalistin Tina Brown, die die bisherige Diana-Literatur um Klassen schlägt. Mit scharfem Blick entlarvt sie bisher verborgene Wahrheiten über die Persönlichkeit der Königin der Herzen und bringt uns Diana nahe wie niemand zuvor: Ihr großartiges Portrait ist so phänomenal recherchiert wie blendend formuliert und gibt mitreißende Einblicke in das große Drama eines Frauenlebens.
Auch zehn Jahre nach ihrem Tod wird sie verehrt, ja vergöttert: Lady Di lebt! Wirklich gerecht wird ihr nun die definitive Biographie der international renommierten Journalistin Tina Brown, die die bisherige Diana-Literatur um Klassen schlägt. Mit scharfem Blick entlarvt sie bisher verborgene Wahrheiten über die Persönlichkeit der Königin der Herzen und bringt uns Diana nahe wie niemand zuvor: Ihr großartiges Portrait ist so phänomenal recherchiert wie blendend formuliert und gibt mitreißende Einblicke in das große Drama eines Frauenlebens.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.06.2007Wer Pferde liebt, der mag auch Sex
Krimi, Love-Story und Sittengemälde: Tina Brown hat mit ihrer Diana-Biographie ein Porträt Großbritanniens geschrieben
Diese Geschichte meint man wahrlich zur Genüge zu kennen, angefangen mit der Verlobung der schüchternen jungen Adeligen mit dem englischen Thronfolger über Prunkhochzeit und Ehekrise bis zur Scheidung - und vor allem die Zeit danach. Ob in Fotos, Dokumenten, Büchern oder allgemeinem Gerede, Prinzessin Diana gehört zu den besterschlossenen Personen des zwanzigsten Jahrhunderts. Wozu sollte man jetzt, zehn Jahre nach ihrem Pariser Unfalltod in dubioser Herrengesellschaft mit einem betrunkenen Chauffeur am Steuer, noch eine Biographie über sie lesen, zumal einen Wälzer von fast achthundert Seiten?
Und auch diese Engländerin meint man zur Genüge zu kennen: Tina Brown, die als Chefredakteurin amerikanische Zeitschriften wie "Vanity Fair" und den "New Yorker" aufzumischen und sich selbst ins Gespräch zu bringen verstand. In den neunziger Jahren die bekannteste Journalistin der Welt, saß der Star der Branche seit dem unrühmlichen Ende ihres Magazins "Talk" im Jahr 2001 gewissermaßen auf der Reservebank, ohne umtuschelte Großprojekte. Nun hat ausgerechnet Tina Brown ein Buch über Diana geschrieben.
Das war, als es bekannt wurde, zunächst eine überraschende Paarung. Weit weniger überraschend wäre der Vorschuss von zwei Millionen Dollar, den Brown für ihr gewagtes Unterfangen bekommen haben soll. Ebenfalls wenig verwunderlich, aber dafür höchst unterhaltsam ist das Zeter und Mordio, das in Großbritannien prompt über den vor wenigen Tagen erschienenen Band ausgebrochen ist. Frühere Di-Biographen verdammen das Buch in Grund und Boden, sie geben einhellig zu Protokoll, Brown habe nichts Neues herausgefunden, sondern lediglich die besten Episoden und Zitate bei ihnen abgeschrieben. Außerdem habe Brown ihr Buch nur aus Sensationslust und Geldgier verfaßt; Motivationen, die angeblich von der smarten Ex-Engländerin ausgeweidete Autoren wie Sarah Bradford, Andrew Morton, Patrick Jephson oder Di-Butler Paul Burrell selbstredend beim Verfassen ihrer eigenen Werke über Diana gänzlich fremd waren. Ähnlich heuchlerisch fallen die Reaktionen unter den Mitgliedern des Establishments aus: die fortschrittlicheren halten zu Tina Brown und geben in einem fort Empfänge und Essen zu Ehren der vielverteufelten Nestbeschmutzerin, womit mancher wohl zu beweisen hofft, dass er nicht zu den degenerierten bis überheblichen und zumal in Gefühlsdingen unterbelichteten Toffs gehört, also zur Gruppe jener feinen Pinkel, die in Diana eine durchgeknallte Hysterikerin, in Kate Middleton ein hoffnungsloses Mittelklassegeschöpf und in sich selbst den Inbegriff des Gentleman erkennen. Diana würdigte sie keines Blickes - und Tina Brown hat ihnen nicht erst mit diesem Buch den Kampf angesagt. Wer sich nicht aufregt, schweigt sich aus. Man sollte meinen, dass ein Buch, das so viele Leute aufregt, noch bevor sie es überhaupt gelesen haben, nicht ganz schlecht sein kann. Es ist sogar sehr gut.
Mit diesem Werk hatte Tina Brown wahrlich einen Ruf zu verlieren; sie hat nicht gepatzt. Ihr Diana-Buch ist klug, süffig geschrieben und rund. Es ist keine Biographie im engen, sondern eine im weitesten Sinne: Sie hat eine englische Sittengeschichte, ja das Porträt einer ganzen Gesellschaft und einer Ära geschrieben, mit Diana als Mittelpunkt. Zu den spannendsten Kapiteln gehören jene über Dianas Verhältnis zu den Medien, die sich als kritische, mitunter auch selbstkritische Reflexionen zum eigenen Metier im Allgemeinen und Rupert Murdoch im Besonderen lesen. Hervorzuheben ist auch Browns ausführliche Schilderung der Kindheit Dianas, wobei der Clan der Spencers zu seinem Recht kommt, der den Windsors weder an Namen noch an Rang, höchstens an historischer Fortüne unterlegen ist. Tina Brown, die schon zu Oxforder Studienzeiten mit aufwendigen Reportagen und eigenen Theaterstücken auffiel und mit Schriftstellern wie Martin Amis und Auberon Waugh ausging, bevor sie ihren späteren Mann, den "Sunday Times"-Chefredakteur Harold Evans, kennenlernte, würzt ihre Schilderungen allenthalben mit literarischen Vergleichen und Einsichten. So macht sie keinen Hehl aus ihrer Verachtung für Dianas Lieblingsautorin, die Schmachtfetzenexpertin Barbara Cartland, und bemerkt einmal spitz: "Jemand, der Jane Austen statt Barbara Cartland las, hätte vielleicht erkannt, dass Hewitt kein hochherziger Mr. Darcy war, sondern ein moralisch fragwürdiger Captain Willoughby." Brown ist außerdem sehr witzig. Neben den teilweise herrlich sprechenden Anekdoten und Zitaten, vor denen das Buch nur so strotzt, lässt sie keine Gelegenheit aus, jenen, die es ihrer Meinung nach verdient haben, eine mitzugeben - und das mit einer solch herzhaften Nonchalance, dass man laut auflachen muss. Bei ihrer Schilderung des ersten Kennenlernens von Charles und Camilla lässt die Autorin etwa einfließen: "Frauen, die Pferde lieben, mögen im Allgemeinen auch Sex", um sodann in eine lebhafte Beschreibung von Camillas Gebaren als Reiterin überzugehen: "Man hört sie oft schreien, wenn man sich einem Hindernis nähert: ,Aus dem Weg, verdammte Scheiße!'" Man meint förmlich, das zufriedene Lächeln der Autorin beim Verfassen dieser Passage vor sich zu sehen.
Gerade weil sie nicht den Fehler früherer Biographen wiederholt, sich auf Dianas Sicht der Dinge und Menschen zu beschränken, wird sie dem komplexen, widersprüchlichen Charakter ihrer Protagonistin gerecht. Tina Brown hat große, offen eingestandene Sympathien für einige Mitglieder des Königshauses, allen voran Prinz Philip. Auch Charles macht insgesamt eine gute Figur, wenngleich er durchaus sein Fett wegbekommt. Den größten Dienst aber hat Brown entgegen allen Zicken-Verdächtigungen und auch trotz aller Urteile, die sie mit psychologischem Einfühlungsvermögen, Erfahrung und Klugheit fällt, Diana erwiesen. Indem sie sie nicht als Opfer ihrer Umwelt porträtiert, sondern als Vollblutfrau mit enormem Schneid, einem fast untrüglichen Instinkt und einzigartigem Charisma, löst sich Dianas Profil wie von allein von jenem medial generierten Abziehbild, das man zum Überdruss zu kennen glaubte.
Browns Diana ist keine verkannte Heilige, aber auch kein gefallener Engel, sondern eine Persönlichkeit, deren Leben und Tod ein Land geprägt haben. Wer sich nicht besonders für Diana interessiert, kann dieses Buch lesen, denn er findet darin ein Porträt der englischen Gesellschaft aus der Sicht von einer, die fortzog und Amerikanerin wurde. Hier also die Überraschung, die eigentlich keine ist: Tina Brown hat ein kluges, unterhaltsames und amüsantes, vor allem aber ein faires Buch über Diana geschrieben. Weitere brauchen wir nicht.
FELICITAS VON LOVENBERG
Tina Brown: "Diana". Die Biographie. Aus dem Englischen von Sylvia Höfer, Barbara Heller, Andrea von Struve und Rudolf Hermstein. Droemer Verlag, München 2007. 782 S., geb., 19,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Krimi, Love-Story und Sittengemälde: Tina Brown hat mit ihrer Diana-Biographie ein Porträt Großbritanniens geschrieben
Diese Geschichte meint man wahrlich zur Genüge zu kennen, angefangen mit der Verlobung der schüchternen jungen Adeligen mit dem englischen Thronfolger über Prunkhochzeit und Ehekrise bis zur Scheidung - und vor allem die Zeit danach. Ob in Fotos, Dokumenten, Büchern oder allgemeinem Gerede, Prinzessin Diana gehört zu den besterschlossenen Personen des zwanzigsten Jahrhunderts. Wozu sollte man jetzt, zehn Jahre nach ihrem Pariser Unfalltod in dubioser Herrengesellschaft mit einem betrunkenen Chauffeur am Steuer, noch eine Biographie über sie lesen, zumal einen Wälzer von fast achthundert Seiten?
Und auch diese Engländerin meint man zur Genüge zu kennen: Tina Brown, die als Chefredakteurin amerikanische Zeitschriften wie "Vanity Fair" und den "New Yorker" aufzumischen und sich selbst ins Gespräch zu bringen verstand. In den neunziger Jahren die bekannteste Journalistin der Welt, saß der Star der Branche seit dem unrühmlichen Ende ihres Magazins "Talk" im Jahr 2001 gewissermaßen auf der Reservebank, ohne umtuschelte Großprojekte. Nun hat ausgerechnet Tina Brown ein Buch über Diana geschrieben.
Das war, als es bekannt wurde, zunächst eine überraschende Paarung. Weit weniger überraschend wäre der Vorschuss von zwei Millionen Dollar, den Brown für ihr gewagtes Unterfangen bekommen haben soll. Ebenfalls wenig verwunderlich, aber dafür höchst unterhaltsam ist das Zeter und Mordio, das in Großbritannien prompt über den vor wenigen Tagen erschienenen Band ausgebrochen ist. Frühere Di-Biographen verdammen das Buch in Grund und Boden, sie geben einhellig zu Protokoll, Brown habe nichts Neues herausgefunden, sondern lediglich die besten Episoden und Zitate bei ihnen abgeschrieben. Außerdem habe Brown ihr Buch nur aus Sensationslust und Geldgier verfaßt; Motivationen, die angeblich von der smarten Ex-Engländerin ausgeweidete Autoren wie Sarah Bradford, Andrew Morton, Patrick Jephson oder Di-Butler Paul Burrell selbstredend beim Verfassen ihrer eigenen Werke über Diana gänzlich fremd waren. Ähnlich heuchlerisch fallen die Reaktionen unter den Mitgliedern des Establishments aus: die fortschrittlicheren halten zu Tina Brown und geben in einem fort Empfänge und Essen zu Ehren der vielverteufelten Nestbeschmutzerin, womit mancher wohl zu beweisen hofft, dass er nicht zu den degenerierten bis überheblichen und zumal in Gefühlsdingen unterbelichteten Toffs gehört, also zur Gruppe jener feinen Pinkel, die in Diana eine durchgeknallte Hysterikerin, in Kate Middleton ein hoffnungsloses Mittelklassegeschöpf und in sich selbst den Inbegriff des Gentleman erkennen. Diana würdigte sie keines Blickes - und Tina Brown hat ihnen nicht erst mit diesem Buch den Kampf angesagt. Wer sich nicht aufregt, schweigt sich aus. Man sollte meinen, dass ein Buch, das so viele Leute aufregt, noch bevor sie es überhaupt gelesen haben, nicht ganz schlecht sein kann. Es ist sogar sehr gut.
Mit diesem Werk hatte Tina Brown wahrlich einen Ruf zu verlieren; sie hat nicht gepatzt. Ihr Diana-Buch ist klug, süffig geschrieben und rund. Es ist keine Biographie im engen, sondern eine im weitesten Sinne: Sie hat eine englische Sittengeschichte, ja das Porträt einer ganzen Gesellschaft und einer Ära geschrieben, mit Diana als Mittelpunkt. Zu den spannendsten Kapiteln gehören jene über Dianas Verhältnis zu den Medien, die sich als kritische, mitunter auch selbstkritische Reflexionen zum eigenen Metier im Allgemeinen und Rupert Murdoch im Besonderen lesen. Hervorzuheben ist auch Browns ausführliche Schilderung der Kindheit Dianas, wobei der Clan der Spencers zu seinem Recht kommt, der den Windsors weder an Namen noch an Rang, höchstens an historischer Fortüne unterlegen ist. Tina Brown, die schon zu Oxforder Studienzeiten mit aufwendigen Reportagen und eigenen Theaterstücken auffiel und mit Schriftstellern wie Martin Amis und Auberon Waugh ausging, bevor sie ihren späteren Mann, den "Sunday Times"-Chefredakteur Harold Evans, kennenlernte, würzt ihre Schilderungen allenthalben mit literarischen Vergleichen und Einsichten. So macht sie keinen Hehl aus ihrer Verachtung für Dianas Lieblingsautorin, die Schmachtfetzenexpertin Barbara Cartland, und bemerkt einmal spitz: "Jemand, der Jane Austen statt Barbara Cartland las, hätte vielleicht erkannt, dass Hewitt kein hochherziger Mr. Darcy war, sondern ein moralisch fragwürdiger Captain Willoughby." Brown ist außerdem sehr witzig. Neben den teilweise herrlich sprechenden Anekdoten und Zitaten, vor denen das Buch nur so strotzt, lässt sie keine Gelegenheit aus, jenen, die es ihrer Meinung nach verdient haben, eine mitzugeben - und das mit einer solch herzhaften Nonchalance, dass man laut auflachen muss. Bei ihrer Schilderung des ersten Kennenlernens von Charles und Camilla lässt die Autorin etwa einfließen: "Frauen, die Pferde lieben, mögen im Allgemeinen auch Sex", um sodann in eine lebhafte Beschreibung von Camillas Gebaren als Reiterin überzugehen: "Man hört sie oft schreien, wenn man sich einem Hindernis nähert: ,Aus dem Weg, verdammte Scheiße!'" Man meint förmlich, das zufriedene Lächeln der Autorin beim Verfassen dieser Passage vor sich zu sehen.
Gerade weil sie nicht den Fehler früherer Biographen wiederholt, sich auf Dianas Sicht der Dinge und Menschen zu beschränken, wird sie dem komplexen, widersprüchlichen Charakter ihrer Protagonistin gerecht. Tina Brown hat große, offen eingestandene Sympathien für einige Mitglieder des Königshauses, allen voran Prinz Philip. Auch Charles macht insgesamt eine gute Figur, wenngleich er durchaus sein Fett wegbekommt. Den größten Dienst aber hat Brown entgegen allen Zicken-Verdächtigungen und auch trotz aller Urteile, die sie mit psychologischem Einfühlungsvermögen, Erfahrung und Klugheit fällt, Diana erwiesen. Indem sie sie nicht als Opfer ihrer Umwelt porträtiert, sondern als Vollblutfrau mit enormem Schneid, einem fast untrüglichen Instinkt und einzigartigem Charisma, löst sich Dianas Profil wie von allein von jenem medial generierten Abziehbild, das man zum Überdruss zu kennen glaubte.
Browns Diana ist keine verkannte Heilige, aber auch kein gefallener Engel, sondern eine Persönlichkeit, deren Leben und Tod ein Land geprägt haben. Wer sich nicht besonders für Diana interessiert, kann dieses Buch lesen, denn er findet darin ein Porträt der englischen Gesellschaft aus der Sicht von einer, die fortzog und Amerikanerin wurde. Hier also die Überraschung, die eigentlich keine ist: Tina Brown hat ein kluges, unterhaltsames und amüsantes, vor allem aber ein faires Buch über Diana geschrieben. Weitere brauchen wir nicht.
FELICITAS VON LOVENBERG
Tina Brown: "Diana". Die Biographie. Aus dem Englischen von Sylvia Höfer, Barbara Heller, Andrea von Struve und Rudolf Hermstein. Droemer Verlag, München 2007. 782 S., geb., 19,90 [Euro].
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Perlentaucher-Notiz zur ZEIT-Rezension
Bestnoten vergibt Rezensentin Ursula März an die glänzend recherchierte Diana-Biografie der Starjournalistin Tina Brown, die aus ihrer Sicht als "Gesellschaftsroman" ebenso glänzt wie als "zeitgeschichtliche Interpretation und Biografie". Das Buch sei "analytisch und kühl" geschrieben, die Autorin bringe ihr enormes Wissen über die "komplexen hierarchischen und genealogischen Verhältnisse" von britischer Aristokratie und internationalem Jetset mit ein. Dementsprechend weit hole das Buch dann historisch und erzählerisch auch aus, bette das Phänomen Diana in ein Gesamtbild des englischen Adels ebenso wie der modernen Mediokratie ein. Eigentlich, so das Fazit der Rezensentin, habe erst Tina Brown die Figur Diana wirklich interpretiert: als Phänomen der von der Mediengesellschaft und der Demokratie bedrängten Monarchien.
© Perlentaucher Medien GmbH
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