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Troller führt durch Paris, die Stadt der Bohème
Vor über 40 Jahren berichtete Georg Stefan Troller zum ersten Mal aus der berühmten Kulturmetropole - seine 'Pariser Journale' sind legendär. Abermals macht sich der Fernsehjournalist, Dokumentarfilmer und Autor nun auf den Weg und durchstreift die Stadt auf den Spuren der großen Literaten und Künstler. Entstanden ist ein eindrucksvolles Porträt, das anek-dotenreich und atmosphärisch von mehreren Jahrhun-derten Literatur- und Kulturgeschichte erzählt.

Produktbeschreibung
Troller führt durch Paris, die Stadt der Bohème
Vor über 40 Jahren berichtete Georg Stefan Troller zum ersten Mal aus der berühmten Kulturmetropole - seine 'Pariser Journale' sind legendär. Abermals macht sich der Fernsehjournalist, Dokumentarfilmer und Autor nun auf den Weg und durchstreift die Stadt auf den Spuren der großen Literaten und Künstler. Entstanden ist ein eindrucksvolles Porträt, das anek-dotenreich und atmosphärisch von mehreren Jahrhun-derten Literatur- und Kulturgeschichte erzählt.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.07.2003

Die Bohemiens bleiben lieber zu Hause

Noch ein Vademekum durch das literarische Paris! Da wünscht man gerne sein "bonne route" und hegt die Hoffnung, daß die potentiellen Leser nachwachsen. Zumal sie hier von einem Wahlpariser an die Hand genommen werden, der mit achtundzwanzig Jahren an die Seine kam und dort fast schon das Doppelte an Jahren miterlebt hat. Georg Stefan Trollers "Pariser Journal", das Hauptstadt-Fernseh-Magazin der sechziger Jahre, versorgt den topographisch systematisierten Cicerone auch heute noch mit häufig selbsterlebten Anekdoten. Paris ist hier als Raum für "Streifzüge" zu sieben Zentren arrondiert, durch die sich Troller plaudert. Man folgt ihm gern dabei und sieht dabei Paris, frei nach Zola, "durch ein Temperament" mit manchen Apropos und Parenthesen. Jede Stätte, jede Straße kommt im Regelfall, wenn überhaupt, nur einmal vor. Doch von der naheliegenden Option, daraus durch typographische Akzente ein Brevier zum Nachschlagen zu machen, hat man abgesehen, wohl um den Erzählton nicht zu stören. Daß dabei biographische Miniaturen hier und da zerrissen werden, eben aufgeteilt auf die gemäßen Stätten, ist die Konsequenz, für die es selbstverständlich ein eigenes Personenregister gibt. So entsteht ein literarisches Panoptikum, gesteigert durch die erfahrbare Gleichzeitigkeit des doch tatsächlich Ungleichzeitigen am selben Ort. Und wenn dies auch ein Reiseführer ist, so läßt das Buch sich doch wohl besser zu Hause genießen als unterwegs in Paris.

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"Dichter und Bohemiens. Literarische Streifzüge durch Paris" von Georg Stefan Troller. Erschienen bei Artemis & Winkler im Patmos Verlag, Düsseldorf und Zürich 2003. 240 Seiten, zahlreiche Schwarzweiß-Fotografien. Gebunden, 19,90 Euro. ISBN 3-538-07149-7.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 30.06.2003

Spaziergang an der Epidermis
Georg Stefan Troller erkundet die seelische Topographie der Pariser Boheme
Er wollte immer auch der jeweils andere sein. Besonders, wenn er Poeten filmte, klang Georg Stefan Trollers kommentierende Stimme so verbrüderungswillig, dass man glaubte, der Filmemacher würde die Kamera augenblicklich fallen lassen, wenn ihm selbst ein schönes Gedicht einfiele. Für seine Fernsehreihe „Pariser Journal”, die Troller in den sechziger Jahren für das deutsche Fernsehen drehte, wählte er den literarischen Ton, um sich bewusst von den flinken Dokumentaristen abzusetzen, die durch die Arrondissements flitzen und bröckelnden Stuck abfilmen. Troller ließ das alte Pariserhaus lieber selbst über seine drohende Verrottung wehklagen: „Wie lange noch, bis meine Fassaden, schwer von Schicksal, sich zu blähen und auszubuchten beginnen?”
Wer Trollers „Pariser Journal” anschaute, wusste, dass die Größe schon damals Vergangenheit war. Aber aus den Resten der Grande Passion ließ sich immer noch ein gewisses Aroma destillieren. Zum flüchtigen Trost des Paris- Flaneurs, dessen Besuche in den Hinterhöfen der Butte der Kinderruf ankündigte: „Mama, Mama! Hier kommt wieder ein Herr, der unsere Stehklosette fotografieren will!”
Irgendwann ist der Flaneur vom Spaziergänger abgelöst worden. Die Spuren sind längst gelegt, die Adressen sind bekannt und die Grabstellen in den Friedhofskarten eingezeichnet, die man in den Cafés beim Père Lachaise kaufen kann. Auf den Champs Elysées wird kein Dichter mehr von Ästen erschlagen. Hier erschlagen einen höchstens die Kälte der Bürohäuser und der Gestank des Autoverkehrs. Wenn auch die Dichter längst stiften gegangen sind, bleiben zumindest noch die alten Geschichten und Gerüchte um sie.
Troller erzählt sie wie Berichte aus dem Bekanntenkreis. Manchmal tauchen auch entfernte Zeitgenossen auf – Chansonetten mit erinnerungsschweren Augenlidern und zu Klassikern erstarrte Erotomaninnen, die schon in Trollers Filmen zu Wort gekommen sind. Der Stammvater aller genialischen Verlotterung ist aber Baudelaire, dessen Wohnhaus auf der Insel St.Louis Troller als Geburtsstätte der Bohème ausmacht. Wohl weil der Dichter dort seine ersten Haschischräusche hatte und offenbar schon an seiner auf manische Bürgerbrüskierung zielenden Konversationskunst feilte. Troller erzählt die entsprechenden Anekdoten und setzt hin und wieder auch zu kurzen Werkanalysen an, die man nicht unbedingt mögen muss. Denn dass Verlaine, der „sensible Grobian und Trunkenbold”, seine Verse absichtlich verdunkelt habe, ist weniger Eigen-Sabotage des Lyrikers als Küchen-Romanistik des Reporters. Aber das sind kleine, vielleicht kleinliche Einwände. Denn Trollers literarische Streifzüge sind die Fortsetzung des „Pariser Journals” mit den Mitteln der Erinnerung. Und die wirken auch dort, wo Troller das Gedächtnis anderer bemüht. Denn sollte man nicht die in zahllosen Fotobänden und Doppelmonographien zu Tode bewunderten Besucher des Cafés Deux Magots spaßeshalber mal so sehen wie Truman Capote? „Der schieläugige, bleiche, pfeifenuckelnde Jean Paul Sartre”, schreibt er, „und seine altjüngferliche Amüsierdame, die Beauvoir, hockten meist in einer Ecke wie ein verlassenes Bauchrednerpuppenpaar.”
Troller hat ein kenntnisreiches, geschichtensattes und in langen Strecken leichtfüßiges Buch geschrieben. Seine Rundgang ist gut geplant als ideengeschichtlicher Abriss der Pariser Kultur. Er beginnt entlang der Seine und führt zum Quartier Latin als einer Art innerstädtischem Bernstein, in dem das Mittelalter des François Villon mit der Aufklärung des Beaumarchais und den Synästhesien Arthur Rimbauds verschmilzt. Saint-Germain-des-Prés ist gleichzeitig Ort und Epoche: die Gréco, Man Ray, Topor und die in Trollers Anekdote in ihrer ganzen Niederträchtigkeit in Erscheinung tretende Yvan-Goll- Witwe Claire. Auf dem Montparnasse wird Troller dann sehr ernst und leider auch ein bisschen säuerlich, wenn er sein Plädoyer für den wahren Intellektuellen Emile Zola in die Banalität folgender Erkenntnis stürzen lässt: „Intellektueller ist ein Ehrentitel, den jeder sich zulegen darf, der mit viel Hitze über Dinge redet, von denen er nichts versteht.”
Der Marais, Trollers fünfte Station, ist das Viertel Victor Hugos, dessen Wohnung der Reporter geschmackssicher als museale Scheußlichkeit beschreibt, um dann im Abschnitt über den Pariser Westen ein schönes Balzac- Portrait zu zeichnen, von dessen glanzvollem Schreiberelend Troller mit elegantem Ausfallschritt auf Gainsbourg und Birkin zu sprechen kommt. Das ist übrigens gleichermaßen Reiz und Elend dieses Buches: Troller mischt die Zeitläufte kräftig durch und wenn ihm im Zusammenhang mit Gallimard eine Begegnung einfällt, die er mit Anaïs Nin und Oriana Fallaci hatte, dann erzählt er beiläufig zischend vom stählernen Ehrgeiz der einen und dem Nervensägen-Wesen der anderen. Egal, an welcher Straßenecke er gerade steht. Am Ende hat man es mit soviel Namen zu tun gehabt, dass man ganz soziophob wird und lieber doch noch mal eine viertel Stunde lang auf eine unverputzte Hauswand starren möchte.
Immerhin – der elegante Klatsch und die kokette Unschärfe, mit der Troller sich und seine jahrzehntelange Arbeit an Paris und seinen Literaten nachzeichnet, sind so schön altmodisch wie die fein abgestimmte Resignation: „Aber in wen lässt sich überhaupt hereinblicken? Wir kratzen doch alle nur an der Epidermis herum.” Es sind solche Sätze, die erkennen lassen, dass der Mann mit dem Victor-Hugo-Bart auf dem Buchumschlag, dass Georg Stefan Troller in Wahrheit der letzte Pariser Bohemien ist.
HILMAR KLUTE
GEORG STEFAN TROLLER: Dichter und Bohemiens. Literarische Streifzüge durch Paris. Artemis und Winkler, Düsseldorf 2003, 240 Seiten, 19,90 Euro
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Hilmar Klutes Urteil über dieses Buch, das einen Streifzug durch die literarische Welt von Paris darstellt, fällt überwiegend positiv aus. Er kennt und schätzt den Autor durch seine Fernsehreihe "Pariser Journal" und ordnet das Buch als deren "Fortsetzung" mit den "Mitteln der Erinnerung" ein. Während Troller durch Paris spaziere, erzähle er von den verschiedenen Schriftstellern, die dort gelebt und gearbeitet haben, wobei er dabei nicht chronologisch vorgehe, sondern immer wieder verschiedene Zeitebenen durcheinander mische, fasst der Rezensent zusammen. Während er die Anekdoten über die verschiedenen Schriftsteller und Bohemiens durchaus mit Interesse und Vergnügen gelesen hat, findet er die eingestreuten Werkanalysen nicht in allen Fällen gelungen. Er lobt den Autor für seine "kenntnisreiche, geschichtssatte und in langen Strecken leichtfüßige " Darstellung der Pariser Kultur. Etwas erschöpft von den vielen Namen und Personen des Buches wirkt der Rezensent am Ende schon, doch ist er trotzdem angetan von diesem durch "eleganten Klatsch" und "kokette Unschärfe so schön altmodisch" wirkenden Text.

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