Nach dem großen Erfolg der "Seltsamsten Orte der Welt" nimmt uns Alastair Bonnett zu 39 weiteren Exkursionen mit: Wir erkunden mehr oder auch weniger paradiesische Archipele, betrachten sehr gegenwärtige Versuche, ein Utopia oder eine Mauer zu errichten, und begegnen in entlegenen Gebirgstälern einer alten Sprache, die andernorts längst verschwunden ist. Doch das Allersonderbarste, so die feste Überzeugung des Autors, ist fast immer vor der eigenen Haustür zu finden.
Eines haben die sehr verschiedenen Orte, von denen Bonnett berichtet, gemeinsam: Sie lassen uns darüber staunen, welche Geheimnisse in unserer durchkartierten Welt noch zu entdecken sind. In der Arktis gibt das zurückweichende Eis nie von Menschen betretene Inseln frei, der Likouala-Sumpf im Kongo wartet bis heute auf seine geographische Erfassung, Städte wie Hongkong oder São Paulo verlieren buchstäblich ihre Bodenhaftung. Alastair Bonnett erkundet Geisterstädte, inspiziert die Behausungen moderner Nomaden und versucht sich, ausgestattet mit einer digitalen Erntekarte, als Wildbeuter in Helsinki. Dieses hinreißende Buch ist eine Einladung, der Magie von Orten nachzuspüren und die Welt im Großen wie im Kleinen neu zu entdecken.
Eines haben die sehr verschiedenen Orte, von denen Bonnett berichtet, gemeinsam: Sie lassen uns darüber staunen, welche Geheimnisse in unserer durchkartierten Welt noch zu entdecken sind. In der Arktis gibt das zurückweichende Eis nie von Menschen betretene Inseln frei, der Likouala-Sumpf im Kongo wartet bis heute auf seine geographische Erfassung, Städte wie Hongkong oder São Paulo verlieren buchstäblich ihre Bodenhaftung. Alastair Bonnett erkundet Geisterstädte, inspiziert die Behausungen moderner Nomaden und versucht sich, ausgestattet mit einer digitalen Erntekarte, als Wildbeuter in Helsinki. Dieses hinreißende Buch ist eine Einladung, der Magie von Orten nachzuspüren und die Welt im Großen wie im Kleinen neu zu entdecken.
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 19.03.2019Die Welt als Verkehrsinsel
Alastair Bonnett erkundet merkwürdige, menschengemachte Orte
Die Welt, wie sie Schulkinder aus dem Atlas erfahren, sie existiert so nicht für Alastair Bonnett. In seiner Vorstellung lässt sich die Erde nicht grob vereinfacht mit exakt voneinander abgegrenzten farbigen Flächen unterteilen. Für den britischen Professor für Sozialgeografie aus Newcastle upon Tyne ist die Welt ein flüssig designtes, sich permanent veränderndes, in Turbulenzen steckendes Gebilde aus fragmentierten Gebieten, sich verschiebenden, sich überlappenden und schließlich auflösenden Grenzen, das ständig neue Stätten, wilde Zonen und Zwischenräume gebiert.
Dies geschieht jedoch nicht losgelöst von den Handlungen der Menschen, sondern es sind im Gegenteil die Bewohner der Erde selbst, deren – aus der Sicht Bonnetts meist destruktives – Verhalten zur Veränderung der Geografie ihres Lebensraumes führt. Steigende Meeresspiegel, wachsende Küstenlinien, Ruinenstädte, Tunnelsysteme, Mülldeponien und religiöse Enklaven sind die Folge dieser Eingriffe, die bei Bonnett selten einen positiven Effekt haben. Dafür haben es Reiseschriftsteller so einfach wie nie: Nachdem die Welt im Schulbuchsinn als vollständig entdeckt gelten darf, so eine von Bonnetts Grundannahmen, ist es heute leicht, Neuland zu betreten. Nicht die Passage auf dem Weißen Nil, nicht die Weiten der Antarktis oder die höchsten Himalajagipfel gilt es zu erforschen. Das Seltsame, Unbekannte ist nicht mehr das Entlegene oder von einer fremden Kultur geprägte, sondern direkt vor der Haustür zu finden.
In „Die allerseltsamsten Orte der Welt“, so der Buchtitel, vorzustoßen und sie zu erforschen, ist die Obsession des Wissenschaftlers. Er werde nicht von rationalen Gründen getrieben, sondern von der Freude am Drama, von Liebe, Abscheu und nostalgischer Sehnsucht nach dem Verlorengegangenen – von großen Gefühlen also, die er in seinen Berichten immer wieder durchblicken lässt, was die Lektüre umso intensiver macht. Mit seinen neuen Streifzügen setzt Bonnett ein Lebensprojekt fort, das schon einmal in einen Band gemündet ist, in „Die seltsamsten Orte der Welt“. Wie in diesem, so sind auch im nun vorliegenden Nachfolgeband die Orte in mehrere Kategorien unterteilt. Bonnett beginnt mit den ungebärdigen Inseln. Mit Les Minquiers, einem Archipel im Ärmelkanal, der je nach Gezeitenunterschied in Teilen ab- und dann wieder auftaucht, was seine Kartierung erschwert und dazu führte, dass die Festlegung der Seegrenze zwischen Frankreich und Großbritannien erst im Jahr 2004 in Kraft trat. Nicht weniger kurios ist die Geschichte der entlegenen Inselbesitzungen der Vereinigten Staaten im Pazifik und in der Karibik, die im Zuge des Guano Islands Act Mitte des 19. Jahrhunderts okkupiert wurden. Das Gesetz regelte, dass jede Insel, jeder Fels und jedes Korallenriff, das keinem anderen Staat gehörte, aber voller Guano war, den USA einverleibt werden konnte. Guano, der Kot von Seevögeln, ist ein begehrter natürlicher Dünger und galt damals als besonders wertvolle Ressource.
Ohne das Zutun der Menschen wären die aus dem Meer ragenden Felsen keine Orte, sondern nur totes Gestein. „Ein Ort ist eine von Geschichten eingesponnene Landschaft, ein Irgendwo, das eine menschliche Bedeutung hat“, schreibt Bonnett. Ein Gedanke, der seinem Forschungsprojekt eine Ernsthaftigkeit verleiht, die es weit abhebt von sensationsheischenden Berichten über skurrile Reisen, die es zuhauf auf dem Buchmarkt gibt. Dabei sind seine Exkursionen, auch die rein gedanklichen, erstaunlich vielfältig. Bonnett betritt Enklaven wie die ladinischen Täler und analysiert grausame utopische Orte wie den Islamischen Staat, er beschreibt einen 2000 Kilometer langen militärischen Sandwall in der Sahara und die Fußgängerbrücken seiner Heimatstadt. Urlaubsziele sind das nicht, dazu fehlt ihnen das Sorgenfreie. Bonnett will mit seinem Buch vielmehr zum Wandern und Wundern einladen. Gerade die Frage, worin das menschliche Zutun an diesen Orten besteht, macht aus ihnen Symptome gesellschaftlicher Entwicklungen.
Besonders eindringliche Beispiele dafür findet Bonnett in Japan. In Tokio verläuft er sich absichtlich im Bahnhof Shinjuku, dem größten der Welt. Vier Millionen Menschen hasten hier täglich durch 200 Eingänge, über 36 Bahnsteige, unzählige Korridore und Rolltreppen. Es dauert nicht lange, und Bonnett ist tief in einen Seitenschacht dieses Labyrinths vorgedrungen, in ein Treppenhaus, in dem sogar – undenkbar an der Oberfläche Tokios – ein Mann zwischen herumliegendem Müll kauert. In einem Land, in dem alles perfekt zu sein habe und dem Lächeln etwas Zwanghaftes anhafte, ginge es nicht anders, so Bonnett: „Nur ganz am Rand, so wie hier unten, ist Elend möglich.“
Shinjuku zählt er zu den gespenstischen Orten, genauso wie die Stellen in Japan, an denen vor 600 Jahren Tsunami-Steine aufgestellt wurden, mit eingemeißelten Inschriften, um die Menschen davor zu warnen, Häuser zu bauen, wo die Wellen alles vernichten könnten. Die Botschaft der Steine sei im dicht bevölkerten Japan ignoriert worden, so Bonnett, bis nach der Katastrophe von Fukushima. Die Steine haben als Kommunikationsmittel versagt. Wie aber kann man überhaupt vor einem gefährlichen Ort warnen, etwa einem Atommülllager, und zwar so, dass es auch künftige Bewohner der Welt verstehen, die bis zu 4000 Generationen nach uns leben werden? Bonnetts Antwort: Es ist unmöglich. Die einzige Lösung sei, saubere Formen der Energieversorgung zu entwickeln und die Verantwortung erst gar nicht in die Zukunft weiterzureichen. Bonnett geht darin, die Welt etwas grüner zu machen, mit gutem Beispiel voran und greift dafür selbst ein bisschen in die Geografie ein: Er pflanzt Erdbeeren auf einer Verkehrsinsel.
JOCHEN TEMSCH
Ein Mann, der zwischen
Müll liegt, das kann es in Tokio
nur im Verborgenen geben
Alastair Bonnett:
Die allerseltsamsten Orte der Welt. Aufsteigende Inseln, bodenlose Städte, abseitige Paradiese.
Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. Verlag C. H. Beck,
München 2019.
268 Seiten, 19,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Alastair Bonnett erkundet merkwürdige, menschengemachte Orte
Die Welt, wie sie Schulkinder aus dem Atlas erfahren, sie existiert so nicht für Alastair Bonnett. In seiner Vorstellung lässt sich die Erde nicht grob vereinfacht mit exakt voneinander abgegrenzten farbigen Flächen unterteilen. Für den britischen Professor für Sozialgeografie aus Newcastle upon Tyne ist die Welt ein flüssig designtes, sich permanent veränderndes, in Turbulenzen steckendes Gebilde aus fragmentierten Gebieten, sich verschiebenden, sich überlappenden und schließlich auflösenden Grenzen, das ständig neue Stätten, wilde Zonen und Zwischenräume gebiert.
Dies geschieht jedoch nicht losgelöst von den Handlungen der Menschen, sondern es sind im Gegenteil die Bewohner der Erde selbst, deren – aus der Sicht Bonnetts meist destruktives – Verhalten zur Veränderung der Geografie ihres Lebensraumes führt. Steigende Meeresspiegel, wachsende Küstenlinien, Ruinenstädte, Tunnelsysteme, Mülldeponien und religiöse Enklaven sind die Folge dieser Eingriffe, die bei Bonnett selten einen positiven Effekt haben. Dafür haben es Reiseschriftsteller so einfach wie nie: Nachdem die Welt im Schulbuchsinn als vollständig entdeckt gelten darf, so eine von Bonnetts Grundannahmen, ist es heute leicht, Neuland zu betreten. Nicht die Passage auf dem Weißen Nil, nicht die Weiten der Antarktis oder die höchsten Himalajagipfel gilt es zu erforschen. Das Seltsame, Unbekannte ist nicht mehr das Entlegene oder von einer fremden Kultur geprägte, sondern direkt vor der Haustür zu finden.
In „Die allerseltsamsten Orte der Welt“, so der Buchtitel, vorzustoßen und sie zu erforschen, ist die Obsession des Wissenschaftlers. Er werde nicht von rationalen Gründen getrieben, sondern von der Freude am Drama, von Liebe, Abscheu und nostalgischer Sehnsucht nach dem Verlorengegangenen – von großen Gefühlen also, die er in seinen Berichten immer wieder durchblicken lässt, was die Lektüre umso intensiver macht. Mit seinen neuen Streifzügen setzt Bonnett ein Lebensprojekt fort, das schon einmal in einen Band gemündet ist, in „Die seltsamsten Orte der Welt“. Wie in diesem, so sind auch im nun vorliegenden Nachfolgeband die Orte in mehrere Kategorien unterteilt. Bonnett beginnt mit den ungebärdigen Inseln. Mit Les Minquiers, einem Archipel im Ärmelkanal, der je nach Gezeitenunterschied in Teilen ab- und dann wieder auftaucht, was seine Kartierung erschwert und dazu führte, dass die Festlegung der Seegrenze zwischen Frankreich und Großbritannien erst im Jahr 2004 in Kraft trat. Nicht weniger kurios ist die Geschichte der entlegenen Inselbesitzungen der Vereinigten Staaten im Pazifik und in der Karibik, die im Zuge des Guano Islands Act Mitte des 19. Jahrhunderts okkupiert wurden. Das Gesetz regelte, dass jede Insel, jeder Fels und jedes Korallenriff, das keinem anderen Staat gehörte, aber voller Guano war, den USA einverleibt werden konnte. Guano, der Kot von Seevögeln, ist ein begehrter natürlicher Dünger und galt damals als besonders wertvolle Ressource.
Ohne das Zutun der Menschen wären die aus dem Meer ragenden Felsen keine Orte, sondern nur totes Gestein. „Ein Ort ist eine von Geschichten eingesponnene Landschaft, ein Irgendwo, das eine menschliche Bedeutung hat“, schreibt Bonnett. Ein Gedanke, der seinem Forschungsprojekt eine Ernsthaftigkeit verleiht, die es weit abhebt von sensationsheischenden Berichten über skurrile Reisen, die es zuhauf auf dem Buchmarkt gibt. Dabei sind seine Exkursionen, auch die rein gedanklichen, erstaunlich vielfältig. Bonnett betritt Enklaven wie die ladinischen Täler und analysiert grausame utopische Orte wie den Islamischen Staat, er beschreibt einen 2000 Kilometer langen militärischen Sandwall in der Sahara und die Fußgängerbrücken seiner Heimatstadt. Urlaubsziele sind das nicht, dazu fehlt ihnen das Sorgenfreie. Bonnett will mit seinem Buch vielmehr zum Wandern und Wundern einladen. Gerade die Frage, worin das menschliche Zutun an diesen Orten besteht, macht aus ihnen Symptome gesellschaftlicher Entwicklungen.
Besonders eindringliche Beispiele dafür findet Bonnett in Japan. In Tokio verläuft er sich absichtlich im Bahnhof Shinjuku, dem größten der Welt. Vier Millionen Menschen hasten hier täglich durch 200 Eingänge, über 36 Bahnsteige, unzählige Korridore und Rolltreppen. Es dauert nicht lange, und Bonnett ist tief in einen Seitenschacht dieses Labyrinths vorgedrungen, in ein Treppenhaus, in dem sogar – undenkbar an der Oberfläche Tokios – ein Mann zwischen herumliegendem Müll kauert. In einem Land, in dem alles perfekt zu sein habe und dem Lächeln etwas Zwanghaftes anhafte, ginge es nicht anders, so Bonnett: „Nur ganz am Rand, so wie hier unten, ist Elend möglich.“
Shinjuku zählt er zu den gespenstischen Orten, genauso wie die Stellen in Japan, an denen vor 600 Jahren Tsunami-Steine aufgestellt wurden, mit eingemeißelten Inschriften, um die Menschen davor zu warnen, Häuser zu bauen, wo die Wellen alles vernichten könnten. Die Botschaft der Steine sei im dicht bevölkerten Japan ignoriert worden, so Bonnett, bis nach der Katastrophe von Fukushima. Die Steine haben als Kommunikationsmittel versagt. Wie aber kann man überhaupt vor einem gefährlichen Ort warnen, etwa einem Atommülllager, und zwar so, dass es auch künftige Bewohner der Welt verstehen, die bis zu 4000 Generationen nach uns leben werden? Bonnetts Antwort: Es ist unmöglich. Die einzige Lösung sei, saubere Formen der Energieversorgung zu entwickeln und die Verantwortung erst gar nicht in die Zukunft weiterzureichen. Bonnett geht darin, die Welt etwas grüner zu machen, mit gutem Beispiel voran und greift dafür selbst ein bisschen in die Geografie ein: Er pflanzt Erdbeeren auf einer Verkehrsinsel.
JOCHEN TEMSCH
Ein Mann, der zwischen
Müll liegt, das kann es in Tokio
nur im Verborgenen geben
Alastair Bonnett:
Die allerseltsamsten Orte der Welt. Aufsteigende Inseln, bodenlose Städte, abseitige Paradiese.
Aus dem Englischen von Andreas Wirthensohn. Verlag C. H. Beck,
München 2019.
268 Seiten, 19,95 Euro.
DIZdigital: Alle Rechte vorbehalten – Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
Perlentaucher-Notiz zur Dlf Kultur-Rezension
Nach den seltsamsten Orten der Antike nimmt uns der Geologe Alastair Bonnett nun mit zu den allerseltsamsten Orten der Welt und Rezensent Günther Wessel ist begeistert: Neugierig begleitet er den Autor zu realen und utopischen Orten, erfährt von "kriegerischen Schreckensregimen" oder der Müllstadt von Kairo, geht mit dem Autor im gigantischen Tokioter Bahnhof Shinjuku verloren und lobt Bonnett für die gelungene Mischung aus Unterhaltung, "Reflexion" und Umsicht.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.10.2020Guerilla-Gärtner auf Verkehrsinseln
Orte bergen und verbergen Geschichten, sind utopisch-verlockend oder verrufen, umstritten, mythisch-unfassbar oder unerfasst. Der Sozialgeograph Alastair Bonnett begibt sich in psychogeographischen Stadtwanderungen auf Wiederverzauberung bestimmter Gegenden. In seinem Buch definiert, abstrahiert und belebt er Alltagsorte neu und plädiert für eine ökologische Neuvermessung der Stadt. Er porträtiert kapitalistische Stadtkonzepte wie die "Helikopterstadt" von São Paulo als Parallelstadt der auf Wolkenkratzern anlandenden Reichen, den "Angehörigen der Helikopterklasse", die dem Straßenstau hienieden entfliehen, oder die "bodenlose Stadt" Hongkong, deren Symbol einer bodenlosen Infrastruktur im Konsumlabyrinth die Rolltreppen seien. Dem Versprechen der Ultraverdichtung stellt er Projekte wie die "Helsinki Harvest Map" über wildwachsende Nahrungsmittel entgegen und bepflanzt als Guerilla-Gärtner Verkehrsinseln mit Erdbeeren. Im Buch sinniert er über philosophische und rechtlich strittige Fragen wie "Was ist eine Insel?" oder Begriffe wie Nation und Staat, die in Spielarten wie Mikronationen oder dem Souveränen Malteserorden herausgefordert werden. Bonnetts Lieblingsorte oszillieren zwischen Mystik, Utopie und Ruinenliebe. So wandelt er auf den Spuren von "Boy's village", einem Feriencamp aus dem Jahr 1925 für Jungen aus walisischen Kohlerevieren, oder des Drehorts des unvollendeten Films über die Sowjetzeit "Dau". Zwischen Macht und Selbstverleugnung stellt er Orte und Unorte vor wie Militärstützpunkte oder Reichenhochburgen. Von Street View unbeachtete Nischen des Analogen findet er paradoxerweise sowohl bei den Superreichen im kalifornischen "Hidden Hills" wie in indischen Slums, weshalb Nichtregierungsorganisationen wie "Missing Maps" Letztere zwecks ihrer Ermächtigung kartographieren: So entwirft Bonnett eine kluge Geschichte der Alltagsorte "von unten" und der Rückeroberung des öffentlichen Raums.
sg
"Die allerseltsamsten Orte der Welt. Aufsteigende Inseln, bodenlose Städte, abseitige Paradiese" von Alastair Bonnett. Verlag C.H.Beck, München 2019. 268 Seiten, elf Abbildungen. Gebunden, 19,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Orte bergen und verbergen Geschichten, sind utopisch-verlockend oder verrufen, umstritten, mythisch-unfassbar oder unerfasst. Der Sozialgeograph Alastair Bonnett begibt sich in psychogeographischen Stadtwanderungen auf Wiederverzauberung bestimmter Gegenden. In seinem Buch definiert, abstrahiert und belebt er Alltagsorte neu und plädiert für eine ökologische Neuvermessung der Stadt. Er porträtiert kapitalistische Stadtkonzepte wie die "Helikopterstadt" von São Paulo als Parallelstadt der auf Wolkenkratzern anlandenden Reichen, den "Angehörigen der Helikopterklasse", die dem Straßenstau hienieden entfliehen, oder die "bodenlose Stadt" Hongkong, deren Symbol einer bodenlosen Infrastruktur im Konsumlabyrinth die Rolltreppen seien. Dem Versprechen der Ultraverdichtung stellt er Projekte wie die "Helsinki Harvest Map" über wildwachsende Nahrungsmittel entgegen und bepflanzt als Guerilla-Gärtner Verkehrsinseln mit Erdbeeren. Im Buch sinniert er über philosophische und rechtlich strittige Fragen wie "Was ist eine Insel?" oder Begriffe wie Nation und Staat, die in Spielarten wie Mikronationen oder dem Souveränen Malteserorden herausgefordert werden. Bonnetts Lieblingsorte oszillieren zwischen Mystik, Utopie und Ruinenliebe. So wandelt er auf den Spuren von "Boy's village", einem Feriencamp aus dem Jahr 1925 für Jungen aus walisischen Kohlerevieren, oder des Drehorts des unvollendeten Films über die Sowjetzeit "Dau". Zwischen Macht und Selbstverleugnung stellt er Orte und Unorte vor wie Militärstützpunkte oder Reichenhochburgen. Von Street View unbeachtete Nischen des Analogen findet er paradoxerweise sowohl bei den Superreichen im kalifornischen "Hidden Hills" wie in indischen Slums, weshalb Nichtregierungsorganisationen wie "Missing Maps" Letztere zwecks ihrer Ermächtigung kartographieren: So entwirft Bonnett eine kluge Geschichte der Alltagsorte "von unten" und der Rückeroberung des öffentlichen Raums.
sg
"Die allerseltsamsten Orte der Welt. Aufsteigende Inseln, bodenlose Städte, abseitige Paradiese" von Alastair Bonnett. Verlag C.H.Beck, München 2019. 268 Seiten, elf Abbildungen. Gebunden, 19,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"Eine kluge Geschichte der Alltagsorte (...) und der Rückeroberung des öffentlichen Raums."
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Lehrreich, aber nicht belehrend führt Bonnett durch geographische Kuriositäten und zeigt, dass das Entdecken nie aufhört."
Passauer Neue Presse
"Dieses Buch ist die reine Freude!"
Wiener Zeitung, Edwin Baumgartner
"Allerseltsamst. Wissenschaftlich UND fantastisch."
Kurier Wien, Peter Pisa
"Bonnett will mit seinem Buch zum Wandern und Wundern einladen."
Süddeutsche Zeitung, Jochen Temsch
"Ein Buch für alle, die diese Welt besser kennenlernen möchten und Lust haben auf eine kleine Entdeckungsreise vom Nord- bis zum Südpol, von den Philippinen bis zu den dunklen Geheimnissen des Kongo."
hr2 Kultur, Mario Scalla
"Lebendig und locker erzählte Ortsbeschreibungen und Reflexionen (...) eine Aufforderung, selbst loszugehen, zu fragen, mit offenen Augen der eigenenNeugier zu folgen."
Deutschlandfunk Kultur, Günther Wessel
Frankfurter Allgemeine Zeitung
"Lehrreich, aber nicht belehrend führt Bonnett durch geographische Kuriositäten und zeigt, dass das Entdecken nie aufhört."
Passauer Neue Presse
"Dieses Buch ist die reine Freude!"
Wiener Zeitung, Edwin Baumgartner
"Allerseltsamst. Wissenschaftlich UND fantastisch."
Kurier Wien, Peter Pisa
"Bonnett will mit seinem Buch zum Wandern und Wundern einladen."
Süddeutsche Zeitung, Jochen Temsch
"Ein Buch für alle, die diese Welt besser kennenlernen möchten und Lust haben auf eine kleine Entdeckungsreise vom Nord- bis zum Südpol, von den Philippinen bis zu den dunklen Geheimnissen des Kongo."
hr2 Kultur, Mario Scalla
"Lebendig und locker erzählte Ortsbeschreibungen und Reflexionen (...) eine Aufforderung, selbst loszugehen, zu fragen, mit offenen Augen der eigenenNeugier zu folgen."
Deutschlandfunk Kultur, Günther Wessel