Österreichs wichtigster Beitrag zur Entwicklung des berg- und alpentauglichen Automobils war die Alpenfahrt. Sie fand 1910 erstmals statt und wurde vor dem 1. Weltkrieg von der europäischen Automobilindustrie als die schwerste, bedeutendste und werbeträchtigste Prüfungsfahrt für Tourenwagen betrachtet. Tollkühne Männer - und vereinzelt auch schon Alpenfahrerinnen - wagten sich mit ihren fragilen Autos an das Abenteuer im Hochgebirge heran. Auf Maultierpfaden mit gefährlichen ungesicherten Abstürzen bezwangen die wagemutigen Alpenfahrer die steilsten Alpenpässe. Bis zur letzten Vorkriegs-Alpenfahrt 1914 hatten die teilnehmenden Werke ihre Automobile gewaltig verbessert und alpentauglich gemacht. In den zwanziger und dreißiger Jahren war das klein gewordene Österreich nicht mehr in der Lage, die Last großer Alpenfahrten allein zu tragen. Doch der in fünf kurzen Jahren begründete Nimbus der Alpenfahrt bewirkte die Zusammenarbeit aller Automobilclubs der Alpenländer zur Organisationgroßer grenzüberschreitender Alpenfahrten in den Jahren 1928 bis 1936, die über sämtliche bedeutenden Alpenpässe Frankreichs, Italiens, Österreichs, Deutschlands und der Schweiz führten. Weil die Automobile nunmehr auch für den Normal-Automobilisten alpentauglich geworden waren, lösten die Alpenfahrten eine Welle von Hochgebirgs-Straßenbauten aus, womit die Alpen verkehrsmäßig erschlossen wurden. Von 1946 bis 1967 fand dann die Französische Alpenfahrt als hochsportliche Rallye auf einem meist wahrhaft panalpinen Parcours statt. Parallel dazu lief die wiedererstandene Österreichische Alpenfahrt ab 1949, vorerst bedingt durch die wirtschaftliche Situation mit Schwerpunkt Motorrad. Mitte der sechziger Jahre aber traten die Automobile wieder in den Vordergrund und die Österreichische Alpenfahrt gewann als Europa- und zuletzt Weltmeisterschaftslauf ihre große internationale Bedeutung zurück, bis ihr der Ölschock des Jahres 1973 ein Ende bereitete.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 27.06.2005Im Glanz verchromter Hoffnungen
Martin Pfundner kurvt auf den großen Rallyes von anno dazumal über die Höhen der Alpenwelt
Auf dem Bild oben fährt Fritz Roth, ein Münchener Kiesgrubenbesitzer, der kaum zu erkennen ist, in einem BMW 328 durch die Alpenlandschaft. Die Sonne scheint, und das Auto wirft einen Schatten auf die Straße, die Luft ist frisch und gut, die Aussichten auf Berg und Tal sind herrlich. Tannen stehen mal links, mal rechts. Im Hintergrund erhebt sich der Großglockner. Das Leben mit einem flotten Automobil könnte schön sein. Aber der Mensch fährt nicht mit seinem Automobil allein durch die Welt. Und gerade Fritz Roth brauste im Windschatten einer katastrophalen Geschichte. Es ist der Sommer des Jahres 1938. Mit Fritz Roth fährt das Deutsche Reich. Hinter Fritz Roth sitzt Adolf Hitler.
Wenige Monate zuvor hatte die deutsche Wehrmacht den Befehl, die österreichische Grenze zu überschreiten, empfangen und sofort ausgeführt, worauf Österreich zur Ostmark des Deutschen Reiches erklärt wurde. Auch die österreichischen Automobile gelangten auf diese Weise ins Reich. Der Österreichische Automobil Club wurde aufgelöst und vom Deutschen Automobil Club beziehungsweise dem Nationalsozialistischen Kraftfahr-Korps übernommen. Die berühmte Österreichische Alpenfahrt, die im Jahr 1910 zum ersten Mal organisiert worden war, wurde umgetauft und hieß nun Deutsche Alpenfahrt. Fritz Roth fuhr in jenem Sommer in der Sportwagen-Kategorie und trug den Alpenpokal mit nach Hause.
Der Deutschen Alpenfahrt war nur eine kurze Dauer beschieden. Sie fand noch einmal im folgenden Jahr statt, wieder war Fritz Roth aus München in einem BMW 328 mit von der Partie, und wieder gewann er in der Sportklasse den Alpenpokal. Dann begannen die Deutschen den Zweiten Weltkrieg.
In dem detaillierten, faktenreichen und ganz an den Strecken und Rennen entlang geschriebenen Buch von Martin Pfundner über die Geschichte der Alpenfahrt, das vor allem für die Freunde der Alpenfahrt und für die Freunde des Motorsports im allgemeinen eine Freude sein wird, finden sich zahlreiche Fotografien, auf denen Szenen aus den Alpenfahrten zu sehen sind, an denen auch der Laie der motorisierten alpinen Geschichte seine kleine Freude hat. Auf einer der ersten Fotografien treffen wir zum Beispiel auf den Grafen Paul Draskovich - ein Name, der uns bis dahin nichts gesagt hat. Auf den Fotografien aus den zwanziger und dreißiger Jahren werden wir durchgängig auf solche illustren Namen stoßen, die wir hier nicht alle aufzählen können. Wir sehen: Der Graf Paul Draskovich sitzt am Steuer seines Rennwagens. Er ist nicht allein. Im Wagen sitzen und stehen ebenfalls: Draskovichs Chauffeur, der Graf Sascha Kolowrat, der Graf Thun-Hohenstein und der Prinz Ferdinand Montenuovo. Das Auto ist für die Herrschaften da, wenn auch nicht mehr Herrschaften ins Auto reinpassen.
Die Autos waren damals langsam und teuer und glichen rassigen Pferden im Stall. Und wer hatte schon daheim rassige Pferde im Stall stehen. Noch haben wir gut im Ohr, wie in Doderers großem Wien-Roman "Die Dämonen" ein alter unternehmungslustiger Rittmeister mit seinem Sportwagen und seinem Anhang durch die Straßen braust, während jener Teil der Welt, der nicht Rittmeister geworden ist, zu Fuß oder mit der Straßenbahn die täglichen Strecken bewältigt.
Die Alpenfahrt zog sich über mehrere Tage und über tausend Kilometer hin. Die Automobile kamen aus berühmten Firmen, und sie gaben sich vor allem bei den Steigungen redlich Mühe. Es kam vor, daß sich ein Mitfahrer, ging es im Sauseschritt bergab, hinten auf die Stoßstange stellen mußte, weil die Räder durchdrehten. Die Strecken waren häufig matschig oder staubig und auch sehr gefährlich, weil sie anfangs nicht gesichert waren. Auf einem Bild sehen wir Ulrich Graf Kinsky in seinem Auto - das heißt, wir sehen Graf Kinsky so gut wie gar nicht, sondern nur sein Auto - die Kurve nehmen und dabei eine Menge Staub aufwirbeln. Wenn es nicht regnete oder schneite, wurde sinnenfroh ohne Verdeck gefahren. Auch auf den Straßen in den Bergen gilt: Wer sich langsam und offen durchs Leben bewegt, kann mehr genießen. Dann brach der Erste Weltkrieg aus. Erst 1921 organisierte Italien wieder eine Alpenfahrt, 1923 zog Österreich nach.
Die Alpenfahrt war keine reine Männersache. Auf einer Fotografie aus den dreißiger Jahren sehen wir zwei junge Damen in langen weißen Röcken und eleganten Schuhen und mit weißen flotten Hüten auf dem Kopf. Sie stehen vor einem Riley Lynx, in dem sie den Damenpreis gewonnen haben. Die beiden Damen hießen Miss Dorothy Champney und Miss L. Hobbs. In der Riege der automobilisierten Damen war auch Mademoiselle Hellé-Nice. Ihr gehörten keine Kiesgruben, dafür war sie eine Tänzerin aus dem Casino de Paris. Auch Ehepaare fuhren mit, darunter Baron und Baronin von Egolffstein im weißen Overall und mit weißer Mütze. Sie steuerten einen BMW 319. Zu den fahrenden Ehepaaren gehörten auch Tommy und Elsie Wisdom in einem Jaguar SS 100. Auf der Fotografie aus dem Jahr 1936 ist nur Elsie zu sehen, sie sitzt auf dem Trittbrett des stehenden Autos. Die erste Alpenfahrerin war 1912 mitgefahren. Sie hieß Helene Morariu-Andriewitsch, wurde "Fräulein ohne Chauffeur" genannt und studierte Philosophie. Was aus ihr geworden ist, erfahren wir nicht.
Der Initiator der ersten Alpenfahrt im Jahr 1910 war Baron Walter Franz. Das Rennen begann am 26. Juni und lag damit zwei Wochen hinter der Prinz-Heinrich-Fahrt und überschnitt sich mit der Zar-Nikolaus-Tourenfahrt in Rußland. Das war eine wenig günstige Ausgangsposition, doch setzte sich die Alpenfahrt rasch durch. Auf einer Fotografie aus dem Jahr 1934 hockt Baron Walter Franz mit Stock und Hut und Fliege auf der Stoßstange eines Steyr 100. Neben ihm sitzt Ernst Rausch, der 1934 den Gesamtsieg in der Österreichischen Höhenstraßenfahrt gewann und auf diesem Bild aussieht wie der junge Martin Heidegger, der in jenen Jahren mit seiner berüchtigten Freiburger Rektoratsrede rasant zu den Nationalsozialisten aufgeschlossen hatte und über dessen Verhältnis zum Automobil im allgemeinen und zur österreichischen Alpenfahrt insbesondere uns nichts bekannt ist.
Sechs Jahre dauerte der Zweite Weltkrieg, und sechs Jahre wurden deshalb keine Alpenfahrten veranstaltet. Doch 1946 begann das Rennen wieder mit einer Französischen Alpenfahrt. Die Österreichische Alpenfahrt wurde 1949 wiederaufgenommen. Die Autos auf den Bildern des Buches haben jetzt fast alle ein stabiles Dach. Auch Frauen sind wieder auf der Strecke unterwegs, 1956 erhält Mrs. Nancy Mitchell - sie trägt große Ohrringe, eine Bluse und einen mit kleinen dunklen Punkten übersäten hellen Rock - den Damenpreis. Auf einem Bild aus dem Jahr 1966 sehen wir links Rolf Wütherich neben anderen Autofreunden vor einem Porsche 911 stehen. Wütherich hatte auf dem Beifahrersitz gesessen, als James Dean 1955 mit seinem Porsche 550 in den Tod gefahren war. Auch hier gilt: Es ist besser, nicht immer selbst am Steuer zu sitzen.
Das Ende der großen Alpenfahrt kam mit der Ölkrise 1973. Der Motorsport geriet bei den ökologisch denkenden Zeitgenossen in Verruf. Die Öffentlichkeit bedrängte die Veranstalter, das Rennen einzustellen. Heute fahren Oldtimer im Windschatten der Erinnerung historische Rallyes ab.
EBERHARD RATHGEB
Martin Pfundner: "Die Alpenfahrt 1910-1973". Die großen Rallyes von anno dazumal. Unter Mitwirkung von Hans-Christoph Graf Seherr-Thoss und Andrew Swann. Böhlau Verlag, Wien 2005. 200 S., 200 S/W-Abb. und 16 Seiten mit Farb-Abb., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Martin Pfundner kurvt auf den großen Rallyes von anno dazumal über die Höhen der Alpenwelt
Auf dem Bild oben fährt Fritz Roth, ein Münchener Kiesgrubenbesitzer, der kaum zu erkennen ist, in einem BMW 328 durch die Alpenlandschaft. Die Sonne scheint, und das Auto wirft einen Schatten auf die Straße, die Luft ist frisch und gut, die Aussichten auf Berg und Tal sind herrlich. Tannen stehen mal links, mal rechts. Im Hintergrund erhebt sich der Großglockner. Das Leben mit einem flotten Automobil könnte schön sein. Aber der Mensch fährt nicht mit seinem Automobil allein durch die Welt. Und gerade Fritz Roth brauste im Windschatten einer katastrophalen Geschichte. Es ist der Sommer des Jahres 1938. Mit Fritz Roth fährt das Deutsche Reich. Hinter Fritz Roth sitzt Adolf Hitler.
Wenige Monate zuvor hatte die deutsche Wehrmacht den Befehl, die österreichische Grenze zu überschreiten, empfangen und sofort ausgeführt, worauf Österreich zur Ostmark des Deutschen Reiches erklärt wurde. Auch die österreichischen Automobile gelangten auf diese Weise ins Reich. Der Österreichische Automobil Club wurde aufgelöst und vom Deutschen Automobil Club beziehungsweise dem Nationalsozialistischen Kraftfahr-Korps übernommen. Die berühmte Österreichische Alpenfahrt, die im Jahr 1910 zum ersten Mal organisiert worden war, wurde umgetauft und hieß nun Deutsche Alpenfahrt. Fritz Roth fuhr in jenem Sommer in der Sportwagen-Kategorie und trug den Alpenpokal mit nach Hause.
Der Deutschen Alpenfahrt war nur eine kurze Dauer beschieden. Sie fand noch einmal im folgenden Jahr statt, wieder war Fritz Roth aus München in einem BMW 328 mit von der Partie, und wieder gewann er in der Sportklasse den Alpenpokal. Dann begannen die Deutschen den Zweiten Weltkrieg.
In dem detaillierten, faktenreichen und ganz an den Strecken und Rennen entlang geschriebenen Buch von Martin Pfundner über die Geschichte der Alpenfahrt, das vor allem für die Freunde der Alpenfahrt und für die Freunde des Motorsports im allgemeinen eine Freude sein wird, finden sich zahlreiche Fotografien, auf denen Szenen aus den Alpenfahrten zu sehen sind, an denen auch der Laie der motorisierten alpinen Geschichte seine kleine Freude hat. Auf einer der ersten Fotografien treffen wir zum Beispiel auf den Grafen Paul Draskovich - ein Name, der uns bis dahin nichts gesagt hat. Auf den Fotografien aus den zwanziger und dreißiger Jahren werden wir durchgängig auf solche illustren Namen stoßen, die wir hier nicht alle aufzählen können. Wir sehen: Der Graf Paul Draskovich sitzt am Steuer seines Rennwagens. Er ist nicht allein. Im Wagen sitzen und stehen ebenfalls: Draskovichs Chauffeur, der Graf Sascha Kolowrat, der Graf Thun-Hohenstein und der Prinz Ferdinand Montenuovo. Das Auto ist für die Herrschaften da, wenn auch nicht mehr Herrschaften ins Auto reinpassen.
Die Autos waren damals langsam und teuer und glichen rassigen Pferden im Stall. Und wer hatte schon daheim rassige Pferde im Stall stehen. Noch haben wir gut im Ohr, wie in Doderers großem Wien-Roman "Die Dämonen" ein alter unternehmungslustiger Rittmeister mit seinem Sportwagen und seinem Anhang durch die Straßen braust, während jener Teil der Welt, der nicht Rittmeister geworden ist, zu Fuß oder mit der Straßenbahn die täglichen Strecken bewältigt.
Die Alpenfahrt zog sich über mehrere Tage und über tausend Kilometer hin. Die Automobile kamen aus berühmten Firmen, und sie gaben sich vor allem bei den Steigungen redlich Mühe. Es kam vor, daß sich ein Mitfahrer, ging es im Sauseschritt bergab, hinten auf die Stoßstange stellen mußte, weil die Räder durchdrehten. Die Strecken waren häufig matschig oder staubig und auch sehr gefährlich, weil sie anfangs nicht gesichert waren. Auf einem Bild sehen wir Ulrich Graf Kinsky in seinem Auto - das heißt, wir sehen Graf Kinsky so gut wie gar nicht, sondern nur sein Auto - die Kurve nehmen und dabei eine Menge Staub aufwirbeln. Wenn es nicht regnete oder schneite, wurde sinnenfroh ohne Verdeck gefahren. Auch auf den Straßen in den Bergen gilt: Wer sich langsam und offen durchs Leben bewegt, kann mehr genießen. Dann brach der Erste Weltkrieg aus. Erst 1921 organisierte Italien wieder eine Alpenfahrt, 1923 zog Österreich nach.
Die Alpenfahrt war keine reine Männersache. Auf einer Fotografie aus den dreißiger Jahren sehen wir zwei junge Damen in langen weißen Röcken und eleganten Schuhen und mit weißen flotten Hüten auf dem Kopf. Sie stehen vor einem Riley Lynx, in dem sie den Damenpreis gewonnen haben. Die beiden Damen hießen Miss Dorothy Champney und Miss L. Hobbs. In der Riege der automobilisierten Damen war auch Mademoiselle Hellé-Nice. Ihr gehörten keine Kiesgruben, dafür war sie eine Tänzerin aus dem Casino de Paris. Auch Ehepaare fuhren mit, darunter Baron und Baronin von Egolffstein im weißen Overall und mit weißer Mütze. Sie steuerten einen BMW 319. Zu den fahrenden Ehepaaren gehörten auch Tommy und Elsie Wisdom in einem Jaguar SS 100. Auf der Fotografie aus dem Jahr 1936 ist nur Elsie zu sehen, sie sitzt auf dem Trittbrett des stehenden Autos. Die erste Alpenfahrerin war 1912 mitgefahren. Sie hieß Helene Morariu-Andriewitsch, wurde "Fräulein ohne Chauffeur" genannt und studierte Philosophie. Was aus ihr geworden ist, erfahren wir nicht.
Der Initiator der ersten Alpenfahrt im Jahr 1910 war Baron Walter Franz. Das Rennen begann am 26. Juni und lag damit zwei Wochen hinter der Prinz-Heinrich-Fahrt und überschnitt sich mit der Zar-Nikolaus-Tourenfahrt in Rußland. Das war eine wenig günstige Ausgangsposition, doch setzte sich die Alpenfahrt rasch durch. Auf einer Fotografie aus dem Jahr 1934 hockt Baron Walter Franz mit Stock und Hut und Fliege auf der Stoßstange eines Steyr 100. Neben ihm sitzt Ernst Rausch, der 1934 den Gesamtsieg in der Österreichischen Höhenstraßenfahrt gewann und auf diesem Bild aussieht wie der junge Martin Heidegger, der in jenen Jahren mit seiner berüchtigten Freiburger Rektoratsrede rasant zu den Nationalsozialisten aufgeschlossen hatte und über dessen Verhältnis zum Automobil im allgemeinen und zur österreichischen Alpenfahrt insbesondere uns nichts bekannt ist.
Sechs Jahre dauerte der Zweite Weltkrieg, und sechs Jahre wurden deshalb keine Alpenfahrten veranstaltet. Doch 1946 begann das Rennen wieder mit einer Französischen Alpenfahrt. Die Österreichische Alpenfahrt wurde 1949 wiederaufgenommen. Die Autos auf den Bildern des Buches haben jetzt fast alle ein stabiles Dach. Auch Frauen sind wieder auf der Strecke unterwegs, 1956 erhält Mrs. Nancy Mitchell - sie trägt große Ohrringe, eine Bluse und einen mit kleinen dunklen Punkten übersäten hellen Rock - den Damenpreis. Auf einem Bild aus dem Jahr 1966 sehen wir links Rolf Wütherich neben anderen Autofreunden vor einem Porsche 911 stehen. Wütherich hatte auf dem Beifahrersitz gesessen, als James Dean 1955 mit seinem Porsche 550 in den Tod gefahren war. Auch hier gilt: Es ist besser, nicht immer selbst am Steuer zu sitzen.
Das Ende der großen Alpenfahrt kam mit der Ölkrise 1973. Der Motorsport geriet bei den ökologisch denkenden Zeitgenossen in Verruf. Die Öffentlichkeit bedrängte die Veranstalter, das Rennen einzustellen. Heute fahren Oldtimer im Windschatten der Erinnerung historische Rallyes ab.
EBERHARD RATHGEB
Martin Pfundner: "Die Alpenfahrt 1910-1973". Die großen Rallyes von anno dazumal. Unter Mitwirkung von Hans-Christoph Graf Seherr-Thoss und Andrew Swann. Böhlau Verlag, Wien 2005. 200 S., 200 S/W-Abb. und 16 Seiten mit Farb-Abb., geb., 24,90 [Euro].
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
Erfreut zeigt sich Rezensent Bernd Graff über Martin Pfunders nun vorliegende Geschichte der "Alpenfahrten". Als "ebenso kenntnisreich wie detailfreudig" und als "geradezu famos bebildert" lobt er den Band. Die "Alpenfahrt", die zwischen 1910 und 1973, dem Jahr der Ölkrise, insgesamt 44 Mal ausgetragen wurde, charakterisiert Graff als die schwerste, aber auch spektakulärste Alpen-Rallye. 867 Kilometer lang, führte die Strecke auf Maultierpfaden durch die Berge bis nach Wien. Graff schildert die Vorgeschichte der Rallye und berichtet von "tollkühnen Männern" in "klapprigen Kisten" und hinterhältigen Tricks, die gelegentlich um des Sieges willen zur Anwendung kamen.
© Perlentaucher Medien GmbH
© Perlentaucher Medien GmbH