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Dieses Buch beschreibt nur ein einziges Jahr, aber es ist ein Jahr wie selten eines in der Geschichte. Es beginnt mit der Existenzkrise des Dritten Reiches im Sommer 1944, und es endet mit der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945. Im Finale des Weltanschauungskrieges auf deutschem Territorium treffen Amerikaner und Deutsche, Sieger und Besiegte aufeinander. In diesem einen Jahr berühren sich zwei Zeitalter, es bildet ferner die Kernzone der deutschen Katastrophen- und Transformationsphase zwischen Stalingrad und Währungsreform, und es sind Monate größter historischer Beschleunigung, in denen das…mehr

Produktbeschreibung
Dieses Buch beschreibt nur ein einziges Jahr, aber es ist ein Jahr wie selten eines in der Geschichte. Es beginnt mit der Existenzkrise des Dritten Reiches im Sommer 1944, und es endet mit der Potsdamer Konferenz im Sommer 1945. Im Finale des Weltanschauungskrieges auf deutschem Territorium treffen Amerikaner und Deutsche, Sieger und Besiegte aufeinander. In diesem einen Jahr berühren sich zwei Zeitalter, es bildet ferner die Kernzone der deutschen Katastrophen- und Transformationsphase zwischen Stalingrad und Währungsreform, und es sind Monate größter historischer Beschleunigung, in denen das Erleben der Menschen eine Verdichtung erfährt wie selten zuvor und selten danach. Krieg, Eroberung und Besetzung, Sturz der Diktatur und Sieg der Demokratie, Rettung und Vernichtung sind auch ein menschliches Drama und ein geschichtliches Epos gewesen: In wissenschaftlicher Analyse und eindringlicher Erzählung eine Gesamtansicht dieses einen Jahres im Übergang vom Krieg zum Frieden zu geben, ist das Ziel dieses Buches.
Autorenporträt
Dr. Klaus-Dietmar Henke, geb. 1947 bei Kamenz/Sachsen, Dr. phil., Historiker, von 1979 bis 1992 am Institut für Zeitgeschichte in München, von 1992-1997 Abteilungsleiter Bildung und Forschung beim Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, 1997-2001 Direktor des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung der Technischen Universität Dresden, wo er seit 1997 den Lehrstuhl für Zeitgeschichte inne hat.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 03.04.1995

Keim der Freundschaft
Die Amerikaner als Besatzungsmacht im Nachkriegsdeutschland

Klaus-Dietmar Henke: Die amerikanische Besetzung Deutschlands. Verlag R. Oldenbourg, München 1995. 1074 Seiten, 98,- Mark.

Mit bunten Blumen und heißem Kaffee wurden jene amerikanischen Soldaten begrüßt, die als erste am 12. September 1944 mit Sherman-Panzern die Reichsgrenze überschritten und in die Ortschaft Roetgen rollten. "Wir Deutsche haben genug von diesem Krieg", bekannte ein Dorfbewohner. Die Überraschung der G.I.s war groß, und so brachte bereits der Auftakt der Besetzung Deutschlands manches vorgefaßte Bild von den Deutschen, von deren Kadavergehorsam bis hin zu deren ganz auf Eroberung und Grausamkeit gestimmten Volkscharakter, ins Wanken - zu einem Zeitpunkt, als im fernen Washington Finanzminister Henry Morgenthau dem amerikanischen Präsidenten Roosevelt Pläne zur Umwandlung Deutschlands in ein Ackerland vorlegte, während Staatssekretär John McCloy, Außenminister Hull und vor allem Kriegsminister Stimson sich für eine "Sicherung des deutschen Potentials" einsetzten.

Immerhin hatten die Befürworter eines "harten" Friedens auf der Quebec-Konferenz im September 1944 einen Teilerfolg, weil Roosevelt und der britische Premierminister Churchill einige der Vorschläge Morgenthaus zumindest paraphierten. Alsdann konnten sie ihr Gedankengut in einer vorläufigen Instruktion für die künftige Militärverwaltung durchsetzen: "Keine Schritte zum wirtschaftlichen Wiederaufbau Deutschlands", keine über ein "Minimum zur Verhinderung von Krankheiten und Unruhen" hinausgehenden Hilfsgüter für die Deutschen, keine "aktiven Nazis oder glühenden Sympathisanten" im besetzten Gebiet als Amtsträger. Trotzdem konnte es - was der Morgenthau-Fraktion wohl von Anfang an bewußt war - durch die faktische Alleinzuständigkeit des Obersten Befehlshabers der Expeditionsstreitkräfte durchaus zu einer "weichen" Besatzungspolitik kommen; bereits die "Seuchen- und Unruhe-Formel" der Direktive bot Ermessensspielraum.

Dem "Finale des Weltanschauungskrieges" im Westen, von der Existenzkrise des "Dritten Reiches" im Spätsommer 1944 bis zur allmählichen Konsolidierung der amerikanischen Besatzungsverwaltung nach der Konferenz von Potsdam, widmet sich Klaus-Dietmar Henke. In zehn Jahren Arbeit erschloß er eine beeindruckende Fülle neuer Quellen in über fünfzig in- und ausländischen Archiven und wertete in souveräner Weise die fast nicht mehr überschaubare Sekundärliteratur, insbesondere die regional- und lokalgeschichtliche, aus, um die Beziehungen von "Siegern und Besiegten" zu beschreiben.

Henke arbeitet heraus, daß sich die Amerikaner in ihren Grundannahmen für die Einnahme Deutschlands im Herbst 1944 getäuscht hatten: Zu dem erhofften inneren Kollaps und einer indirekten amerikanischen Herrschaft aufgrund intakter regionaler und überregionaler deutscher Verwaltungsstrukturen kam es nicht. Statt dessen zog sich die Besetzung über acht Monate und bis zur Rheinüberquerung am 23. März 1945 schleppend hin.

Zu Beginn der Eroberung des linken Rheinufers stand übrigens die Anfang 1943 in Casablanca erhobene Forderung nach bedingungsloser Kapitulation der Achsenmächte - laut Henke ein "ebenso wohlkalkulierter wie zweckentsprechender Schritt" Roosevelts und Churchills - zur Diskussion, ja wurde von anglo-amerikanischen Militärs als "Politik der Negation" angeprangert: "Wir bieten keine Hoffnung an, keine Ideale wie Demokratie oder Weltbürgerschaft und keine Aussichten auf eine wirtschaftliche Zukunft."

Am 20. November 1944 bat Eisenhower höchstpersönlich um eine Abschwächung der "unconditional surrender"-Formel, stieß aber auf den Widerstand Churchills, der Roosevelt davon überzeugte, daß die Deutschen keine "große Angst" vor der Behandlung durch die Anglo-Amerikaner hätten: "Was sie fürchten, ist eine russische Besetzung und daß ein großer Teil von ihnen weggebracht wird, um sich in Rußland oder, wie sie sagen, in Sibirien zu Tode zu arbeiten. Nichts, was wir sagen können, wird diese tiefgreifende Furcht auslöschen."

Eine Zukunftsperspektive durfte dem deutschen Volk durch Flugblätter und Radiobotschaften also nicht geboten werden. Jedoch kam den Menschen in den besetzten Gebieten oft eine wohlwollende Haltung der amerikanischen Besatzungsoffiziere zugute, die Achtung vor dem als unpolitisch geltenden deutschen "Fachmann" hatten. Dazu kam ein "Pragmatismus des Durchwurschtelns". Das macht Henke an den vielfältigen lokalen "Bündnissen" von Aachen bis Zwickau und besonders an den Ruhr-Industriellen deutlich. Die Schlotbarone orientierten sich seit dem Scheitern der Ardennen-Offensive Anfang 1945 und dem rasanten Schwinden der allerletzten Hoffnung auf ein irgendwie glimpfliches Kriegsende ganz an den Firmeninteressen und entwickelten verstärkt Vorstellungen für ein Nach-Hitler-Deutschland. Selbstbewußt erklärte denn auch Hugo Stinnes im März 1945 einem amerikanischen Besatzungsoffizier, der Nazismus habe viel mehr mit dem Kommunismus gemein als mit der Demokratie, und wenn den Deutschen nicht gute Beispiele und demokratische Anreize gegeben würden, müßten sie durch die Not und das Unglück, unter denen sie gegenwärtig zu leiden hätten, am Ende Moskau zugetrieben werden. Daher empfehle er "die Heilung in der Kollaboration mit England und Amerika".

Mit ungetrübtem Elan und grenzenlosem Optimismus gingen die Ruhr-Industriellen, die auf ihren Vorstandsposten belassen wurden, daran, in den Konzernen die Vorbereitungen für eine umgehende Wiederaufnahme der Produktion zu treffen; die Rohstofflage war nach dem 8. Mai 1945 nicht einmal ungünstig. Schlechte Zeiten kamen erst mit dem Abzug der amerikanischen Truppen und mit der Etablierung der britischen Besatzungsverwaltung, weil es nun mehr um eine "Mobilisierung der Bestände" statt um eine "Anlaufgenehmigung für die Stahlerzeugung" ging - eine Politik, die auf der Potsdamer Konferenz die Zustimmung aller Siegermächte gefunden hatte. Dem Beginn der Demontage von Hochöfen folgte ab Anfang September 1945 die Verhaftung der Industrie-Elite und damit ein "ebenso brachiales wie unvergeßbares Lehrstück" der Sieger.

Das eindringlichste Kapitel dieses Buches widmet sich der Einnahme des Konzentrationslagers Dachau, dessen militärische Verteidigung durch Soldaten der 212. Volksgrenadierdivision ein umsichtiger und couragierter Kommandeur, Generalmajor Max Ulich, einfach verweigerte. Ulichs heroischer Ungehorsam ließ es nicht zu einem makabren und symbolträchtigen Schauspiel kommen, "in dem Wehrmachtseinheiten den in der Welt damals am meisten bekannten Hort von Greuel und Terror des Nationalsozialismus sogar dann noch abzuschirmen versucht hätten, als das Regime schon in Scherben gefallen war".

Die schockierenden Entdeckungen in Dachau, die Konfrontation mit vielen Leichen in unterschiedlichen Stadien der Auflösung, mit dem "Gestank des Todes", mit fast verhungerten, ausgemergelten und geschundenen Überlebenden führten nicht nur zu einem Tiefststand des Ansehens der Deutschen bei den Amerikanern, sondern ließen darüber hinaus Besatzungssoldaten durchdrehen. G.I.s wurden spontan zu Berserkern, Worte wie "Mach hier keine Gefangenen" sollen die Runde gemacht haben, so daß die SS-Wachmannschaften (zwischen 25 und 50 Personen) der Selbstjustiz der Sieger zum Opfer fielen.

Das in Dachau begangene, nicht mehr im Detail zu rekonstruierende wahrscheinlich "schwerwiegendste Kriegsverbrechen von Angehörigen der U.S.-Army" in der Phase der Besetzung Deutschlands 1944/45 stellte allerdings eine Ausnahme dar, während bei der Roten Armee im Osten Deutschlands Greueltaten als meistens wahllose und willkürliche Rache für die deutschen Grausamkeiten seit Juni 1941 sehr verbreitet waren. Daß die sowjetische Besetzung von mißhandelten und vergewaltigten, hin und wieder sogar in den Selbstmord getriebenen Deutschen keineswegs als Befreiung empfunden wurde, hat Andreas Hillgruber in einem Akademie-Vortrag in Düsseldorf zum 40. Jahrestag des Kriegsendes herausgestellt. Henke verweist auf diese höchst komprimierte und gedankenreiche Analyse, um die ungleich höhere "Kampfmoral" von Wehrmacht, Volkssturm und Bevölkerung beim Zusammenbruch im Osten 1944/45 sowie die Flucht zu den rettenden westlichen Linien mit dem Ziel eines "individuellen Sich-Ergebens" noch vor der bedingungslosen Gesamt-Kapitulation verständlich zu machen.

Rechtzeitig zum 50. Jahrestag des Kriegsendes ruft die voluminöse, lediglich auf Sachregister und ein Fazit verzichtende, aber überaus reiche, anschaulich und lebendig geschilderte Sammlung meisterhafter "Miniaturen" zur amerikanischen Besetzung Deutschlands in Erinnerung, daß sich sehr viele Deutsche - ob nun in Bad Godesberg, auf der Mont Cenis-Zeche in Herne oder in Crailsheim - durch die Amerikaner befreit fühlen konnten und offensichtlich fühlten, obwohl die Befreiung Deutschlands natürlich kein anglo-amerikanisches Kriegsziel darstellte. Nachdem sich Hitler jedoch entschlossen hatte, das deutsche Volk mit sich in den Untergang zu reißen, erblickte die Bevölkerung in der Gestapo, in Parteibonzen und teilweise sogar in der Wehrmacht die größte Bedrohung fürs eigene Überleben; sie mußte von außen vor dem "Aufhängen und Totschießen" durch fanatische Landsleute und vor einer Zerstörung der letzten Lebensgrundlagen auf "Führerbefehl" bewahrt werden. Am Ende des "Dritten Reiches" lernten die Deutschen eine - laut Henke - "nachgerade beschämend faire, humane und unmilitärische Besatzungsarmee" kennen und bekamen fast umgehend die Chance eines Neuanfangs, der den Keim für die Entwicklung der Demokratie in den westlichen Zonen Deutschlands und für die Anbahnung der deutsch-amerikanischen Freundschaft in sich trug. RAINER A. BLASIUS

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"Eine überaus reiche, anschaulich und lebendig geschilderte Sammlung meisterhafter »Miniaturen«" Rainer A. Blasius in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Henke "hat drei sterile historiographische Erbschaften auf einen Streich überwunden: das ausweichende Reden von Verhängnis und Schicksal, die menschenleeren Strukturlandschaften bestimmter gesellschaftsgeschichtlicher Denkschulen und die Beliebigkeit einer im Kaleidoskop betriebenen Alltagsgeschichte." Hans-Günther Hockerts in: Süddeutsche Zeitung "Henke liefert ein Gesamtbild der deutschen Untergangs- und Übergangsgesellschaft, eine histoire totale, die bisher niemals in dieser Weise versucht wurde und die glänzend gelungen ist; spannend wie ein Krimi." Peter Steinbach in: Der Tagesspiegel "Wenn man sich künftig des Endes des Zweiten Weltkrieges erinnert, wird man auf diese gewichtige Studie zurückgreifen müssen." Jost Dülffer in: Die Zeit