Sonst so unterschiedl iche Autoren wie Thomas S. Kuhn, Paul Feyerabend, Robert K. Merton und Gerald Holton haben uns darauf aufmerksam gemacht, daß in der Wissenschaftsgeschichte nicht Tradition, auch nicht Kontinuität und schon gar ni cht Fol geri chti gkeit das Regi ment führen. Das Geschehen, schreibt Merton in Auf den Schultern von Riesen, "ist stets auf dem Ab sprung, verwei st naCliVorne, ruckwartSOcleraur-di e Sei te" und ni cht ohne Grund nimmt in . . seiner Wissenschaftsgeschichte das Interesse an Vorweg-, Wiederauf- und Ubernahmen, d. h. an Antizipation, Tradition und Plagiat einen so breiten Raum ein. Die hier vorgeschlagenen Einteilungskriterien von Innovation, Erneuerung und Kontinuität entsprechen weder genau den Merton'schen Kategorien, noch stehen sie in einer direkten Beziehung zu den zeitlichen Dimensionen von Zukunft, Gegenwart und Vergangenheit. Zur Rechtfertigung unserer Einteilungskriterien möchten wir auch nicht Mertons Metapher vom Zwergen bemühen, der, auf den Schultern von Riesen stehend, weiter sehen kann als der Riese. Denn dieses Bild hat seine Tücken, erhebt sich doch die Frage, wie der Zwerg auf die Schultern des Riesen gelangt oder was mit ihm passiert, wenn - wie offenbar in der Geschichte der Wissenschaft oft geschehen - der Riese ins Wanken gerät oder gar stürzt. Als wissenschaftlicher Prozeß läßt sich die Analyse sozialer Ungleichheit, wie sie sich im gegenwärtigen Forschungsstand widerspiegelt, am besten durch die Gleichzeitigkeit und den Wechsel von Phasen der Kontinuität, Erneuerung und Innovation verständlich machen. Um Wissenschaft betreiben und verstehen zu können, sind alle drei Phasen gleichermaßen notwendig.
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