In den vergangenen Jahrzehnten wurden auf unterschiedlichen Wissensgebieten neue Denkansätze entwickelt, die uns helfen, schwierige natur- und sozialwissenschaftliche Fragen besser zu verstehen. Dies demonstrieren die grenzüberschreitenden Beiträge dieses Bandes aus Wissenschaft, Kunst und Wirtschaft. Sie beschreiben die neuen, verbindenden Muster einer anderen Intelligenz, die wir brauchen, um den komplexen Problemen des 21. Jahrhunderts gewachsen zu sein. Eine Intelligenz, die in Natur und Gesellschaft, in Politik und Unternehmen, in Forschungsprojekten und Bildungsprozessen neue Einsichten vermitteln und disziplinübergreifend neue Lösungsmöglichkeiten eröffnen könnte.
Dabei geht es nicht um bloßes Wissen, sondern um einen anderen Umgang mit unserem Wissen und Nichtwissen. Wir hören auf, nur linear zu denken, nur mit Ja und Nein zu argumentieren, nur mit Null und Eins zu operieren. Wir beginnen jenes neue, wieder einschließende Denken einzuüben, das gleichermaßen anschaulich und intuitiv, systemisch und vielschichtig ist, das mit Sowohl-als-auch-Strukturen ebenso wie mit übergreifenden Mustern arbeitet. Wir fangen an, "Elektron und Elektra zusammenzudenken" (Bernhard von Mutius).
Mit Texten von:
Michael Bartsch - Bernhard E. Bürdek - Ernst Peter Fischer - Christiane Floyd - Heinz von Foerster (1911 - 2002) - Franz-Theo Gottwald - Andreas Heinecke - Uwe Jean Heuser - Michael Hutter - Roswita Königswieser - Brigitte Kronauer - Günter Küppers - Fredmund Malik - Eckard Minx - Bernhard von Mutius - Harald Preissler - Birger P. Priddat - Franz Reither - Helge Ritter - Fritz B. Simon - Wolf Singer - Helm Stierlin - Sigrid Weigel
Dabei geht es nicht um bloßes Wissen, sondern um einen anderen Umgang mit unserem Wissen und Nichtwissen. Wir hören auf, nur linear zu denken, nur mit Ja und Nein zu argumentieren, nur mit Null und Eins zu operieren. Wir beginnen jenes neue, wieder einschließende Denken einzuüben, das gleichermaßen anschaulich und intuitiv, systemisch und vielschichtig ist, das mit Sowohl-als-auch-Strukturen ebenso wie mit übergreifenden Mustern arbeitet. Wir fangen an, "Elektron und Elektra zusammenzudenken" (Bernhard von Mutius).
Mit Texten von:
Michael Bartsch - Bernhard E. Bürdek - Ernst Peter Fischer - Christiane Floyd - Heinz von Foerster (1911 - 2002) - Franz-Theo Gottwald - Andreas Heinecke - Uwe Jean Heuser - Michael Hutter - Roswita Königswieser - Brigitte Kronauer - Günter Küppers - Fredmund Malik - Eckard Minx - Bernhard von Mutius - Harald Preissler - Birger P. Priddat - Franz Reither - Helge Ritter - Fritz B. Simon - Wolf Singer - Helm Stierlin - Sigrid Weigel
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 07.08.2004Wirtschaftsbuch
Maschine war gestern
Je mehr wir wissen, desto weniger scheinen wir weiter-zu-wissen.” Im ersten Satz des Buches von Bernhard von Mutius steckt die ganze Malaise des modernen Menschen, der zwar ausrechnen kann, dass sich das Menschheitswissen alle fünf Jahre verdoppelt, aber dadurch nicht klüger geworden ist. Im Gegenteil, ob im politischen Reformstreit oder in der Debatte um Segen oder Fluch der Gentechnik: Das Gefühl der Ohnmacht und Orientierungslosigkeit wird größer. Vielleicht nicht trotz, sondern gerade wegen des geballten Expertenwissens, mit dem die Fachleute parat stehen. Deren enge wissenschaftliche Sicht wird den komplexen Prozessen nicht mehr gerecht. Was soll man davon halten, dass ehrenwerte Ökonomen, deren Zunft einst antrat, die Wirtschaft mit naturwissenschaftlicher Präzision zu berechnen, zu konträren Schlüssen kommen? Schon die Frage, ob in der Konjunkturkrise die Staatsschulden erhöht oder zurückgefahren werden müssen, führt zu leidenschaftlichem Streit.
Dieses Buch will Auswege jenseits des Meinens skizzieren, indem es mit einer Grundannahme der Aufklärung aufräumt: Dass sich die Wirklichkeit wie eine Maschine in Einzelteile zergliedern lasse, dass sich Probleme in kleinste Portionen aufteilen und lösen ließen. Diesem „alten Denken” setzen die Autoren jene Intelligenz entgegen, die Disziplinen verbindet. Die Ökonomen Fredmund Malik oder Birger Priddat, der Kybernetiker Heinz von Foerster, der Hirnforscher Wolf Singer, der Psychoanalytiker Helm Stierlin, die DaimlerChrysler-Zukunftsdenker Eckhard Minx und Harald Preissler sind nur einige von mehr als 20 Vorausdenkern, die der Philosoph Mutius zum Schreiben anstiftete. Die verbindende Idee lautet: Das Universum ist kein Uhrwerk, der Mensch ist keine Maschine und Menschen in Organisationen lassen sich ebenso wenig wie Gesellschaften nach Plan steuern.
Es handelt sich nicht um ein genuines Wirtschaftsbuch, aber es wäre im Sinne Mutius zu sagen: „Wer nichts als die Ökonomie versteht, versteht auch die nicht recht.” Die traditionelle Wirtschaftswissenschaft ist ein Beispiel für zu enges Denken: Mit starren „Ceteris-paribus”-
Annahmen oder der Unterstellung eines rational handelnden „homo oeconomicus”, der alles mögliche in den Griff bekommt, aber nicht eine komplexe Wirtschaft. Wie diese Wissenschaft mit Relevanzverlust bezahlt, verdeutlicht Uwe Jean Heuser vortrefflich in seinem Beitrag. Seine These: „Selbst wenn der Mensch bewusst ein homo oeconomicus sein will, gelingt es ihm nicht.” Wenn er als Manager bestrebt ist, die Komplexität des Unternehmens zu reduzieren, um es zu kontrollieren, spricht ihm der St. Galler Managementpapst Fredmund Malik ins Gewissen: „Einfache Systeme haben niemals höhere Fähigkeiten.” Schon daher sei die Ausrichtung auf Shareholder Value „übersimplifizierend und reduktionistisch: In Wahrheit werden damit nicht Wohlstand und Werte geschaffen, sondern die Voraussetzungen für Krise und Kollaps.”
Zur Krise bietet Fritz B. Simon interessante Einblicke in „Manisch-depressive Märkte”. Sie sei immer auch auf „Gleichschaltung von Zukunftserwartungen” zurückzuführen. So kann der Psychiater das Börsengeschehen einleuchtender erklären als jeder Analyst. Das Buch, eine Art Almanach für vernetzte Denkansätze, bietet spannendes Lesevergnügen und Erkenntnisse, wie sie schon Albert Einstein anmahnte: „Die Atomkraft hat alles verändert, nur unsere Denkweise nicht.”
Dagmar Deckstein
Bernhard von Mutius (Hrsg.):
Die andere Intelligenz -
Wie wir morgen denken werden.
Klett-Cotta-Verlag 2004,
340 Seiten, 24 Euro
Maschine war gestern
Je mehr wir wissen, desto weniger scheinen wir weiter-zu-wissen.” Im ersten Satz des Buches von Bernhard von Mutius steckt die ganze Malaise des modernen Menschen, der zwar ausrechnen kann, dass sich das Menschheitswissen alle fünf Jahre verdoppelt, aber dadurch nicht klüger geworden ist. Im Gegenteil, ob im politischen Reformstreit oder in der Debatte um Segen oder Fluch der Gentechnik: Das Gefühl der Ohnmacht und Orientierungslosigkeit wird größer. Vielleicht nicht trotz, sondern gerade wegen des geballten Expertenwissens, mit dem die Fachleute parat stehen. Deren enge wissenschaftliche Sicht wird den komplexen Prozessen nicht mehr gerecht. Was soll man davon halten, dass ehrenwerte Ökonomen, deren Zunft einst antrat, die Wirtschaft mit naturwissenschaftlicher Präzision zu berechnen, zu konträren Schlüssen kommen? Schon die Frage, ob in der Konjunkturkrise die Staatsschulden erhöht oder zurückgefahren werden müssen, führt zu leidenschaftlichem Streit.
Dieses Buch will Auswege jenseits des Meinens skizzieren, indem es mit einer Grundannahme der Aufklärung aufräumt: Dass sich die Wirklichkeit wie eine Maschine in Einzelteile zergliedern lasse, dass sich Probleme in kleinste Portionen aufteilen und lösen ließen. Diesem „alten Denken” setzen die Autoren jene Intelligenz entgegen, die Disziplinen verbindet. Die Ökonomen Fredmund Malik oder Birger Priddat, der Kybernetiker Heinz von Foerster, der Hirnforscher Wolf Singer, der Psychoanalytiker Helm Stierlin, die DaimlerChrysler-Zukunftsdenker Eckhard Minx und Harald Preissler sind nur einige von mehr als 20 Vorausdenkern, die der Philosoph Mutius zum Schreiben anstiftete. Die verbindende Idee lautet: Das Universum ist kein Uhrwerk, der Mensch ist keine Maschine und Menschen in Organisationen lassen sich ebenso wenig wie Gesellschaften nach Plan steuern.
Es handelt sich nicht um ein genuines Wirtschaftsbuch, aber es wäre im Sinne Mutius zu sagen: „Wer nichts als die Ökonomie versteht, versteht auch die nicht recht.” Die traditionelle Wirtschaftswissenschaft ist ein Beispiel für zu enges Denken: Mit starren „Ceteris-paribus”-
Annahmen oder der Unterstellung eines rational handelnden „homo oeconomicus”, der alles mögliche in den Griff bekommt, aber nicht eine komplexe Wirtschaft. Wie diese Wissenschaft mit Relevanzverlust bezahlt, verdeutlicht Uwe Jean Heuser vortrefflich in seinem Beitrag. Seine These: „Selbst wenn der Mensch bewusst ein homo oeconomicus sein will, gelingt es ihm nicht.” Wenn er als Manager bestrebt ist, die Komplexität des Unternehmens zu reduzieren, um es zu kontrollieren, spricht ihm der St. Galler Managementpapst Fredmund Malik ins Gewissen: „Einfache Systeme haben niemals höhere Fähigkeiten.” Schon daher sei die Ausrichtung auf Shareholder Value „übersimplifizierend und reduktionistisch: In Wahrheit werden damit nicht Wohlstand und Werte geschaffen, sondern die Voraussetzungen für Krise und Kollaps.”
Zur Krise bietet Fritz B. Simon interessante Einblicke in „Manisch-depressive Märkte”. Sie sei immer auch auf „Gleichschaltung von Zukunftserwartungen” zurückzuführen. So kann der Psychiater das Börsengeschehen einleuchtender erklären als jeder Analyst. Das Buch, eine Art Almanach für vernetzte Denkansätze, bietet spannendes Lesevergnügen und Erkenntnisse, wie sie schon Albert Einstein anmahnte: „Die Atomkraft hat alles verändert, nur unsere Denkweise nicht.”
Dagmar Deckstein
Bernhard von Mutius (Hrsg.):
Die andere Intelligenz -
Wie wir morgen denken werden.
Klett-Cotta-Verlag 2004,
340 Seiten, 24 Euro