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Das Buch behandelt die Gründung der ersten österreichischen SS-Einheit, des SS-Sturms 77 in Wien, und ihres Ausbaus zur 11. SS-Standarte. Erstmals wird damit die Frühzeit der Schutzstaffel aus dem Blickwinkel der Geschichte einer Standarte analysiert. Führerkorps, soziale Zusammensetzung, Aufbau, interne Organisation und Finanzierung der Wiener SS werden ebenso untersucht wie ihre Stellung zur Politischen Führung und SA sowie ihre Entwicklung zur Terrortruppe. Einen ersten Höhepunkt erreichte der Terrorismus der SS mit dem Juliputsch 1934, an dem beide Wiener SS-Standarten in unterschiedlicher…mehr

Produktbeschreibung
Das Buch behandelt die Gründung der ersten österreichischen SS-Einheit, des SS-Sturms 77 in Wien, und ihres Ausbaus zur 11. SS-Standarte. Erstmals wird damit die Frühzeit der Schutzstaffel aus dem Blickwinkel der Geschichte einer Standarte analysiert. Führerkorps, soziale Zusammensetzung, Aufbau, interne Organisation und Finanzierung der Wiener SS werden ebenso untersucht wie ihre Stellung zur Politischen Führung und SA sowie ihre Entwicklung zur Terrortruppe. Einen ersten Höhepunkt erreichte der Terrorismus der SS mit dem Juliputsch 1934, an dem beide Wiener SS-Standarten in unterschiedlicher Form beteiligt waren und dessen Scheitern auch dem Versagen Heinrich Himmlers zuzuschreiben ist. Beleuchtet werden weiters die Flucht der Wiener SS-Angehörigen aus Österreich nach dem Parteiverbot und der Aufbau der "SS-Legion" in Deutschland. Die Autorin stützt sich dabei insbesondere auch auf bisher unveröffentlichtes Bild- und Quellenmaterial, wie z.B. die Akten des Verwaltungsamtes des österreichischen SS-Abschnittes, das Trupp-Tagebuch eines Wiener SS-Mannes und zahlreiche Personalakten aus österreichischen und deutschen Archiven.

Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Autorenporträt
Christiane Rothländer ist Historikerin und Lektorin am Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte der Universität Wien. Sie erhielt für Ihr Buch
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 19.11.2012

Warum die Österreicher?
Das Bild der SS ist vom Höhepunkt ihrer Macht geprägt: Blick auf Anfänge in Wien

Schwarze Uniformen, Totenkopf, Einsatzgruppen, Konzentrationslager. In der Tat avancierte die "Schutzstaffel" der NSDAP - vor allem nachdem 1929 Heinrich Himmler ihre Führung übernommen hatte - zu der vielleicht mächtigsten Organisation des nationalsozialistischen Regimes. Ihre Anfänge geraten in dieser Perspektive oftmals aus dem Blick, obwohl bei der Gründung der SS niemand deren Aufstieg hat voraussagen können und daher die Umstände einiges über die Struktur des Nationalsozialismus aussagen könnten. Christiane Rothländer hat sich der Mühe unterzogen, in einer umfangreichen, akribisch recherchierten Studie die Anfänge der Wiener SS zu untersuchen. Dabei wird deutlich, wie eng die deutsche Entwicklung mit der österreichischen zusammenhing.

Ende 1929 fand sich eine kleine Gruppe von SA-Mitgliedern in Wien, die nach deutschem Vorbild eine SS gründen wollten. Der gerade neu ernannte Reichsführer SS Himmler beauftragte dementsprechend den damals 39 Jahre alten Elektrotechniker und SA-Sturmführer Walter Turza mit der "Organisierung der SS in Wien". Mit der Aufstellung des Wiener "SS-Sturms 77" entstand im März 1930 die erste Formation in Österreich. Turza war durchaus nicht untypisch für die erste Generation von SS-Führern. Sie kamen wie Anton Ziegler oder Karl Pichl aus dem Kleinbürgertum oder auch der Unterschicht. Viele arbeiteten als Handwerker, Angestellte, hatten den Ersten Weltkrieg als Soldaten und häufig die Nachkriegszeit noch als Freikorps-Angehörige erlebt und sich früh dem rechtsradikalen Lager angeschlossen. Gewalt war ihnen vertraut, die Verachtung des liberalen Rechtsstaates allen gemein. Viele hatten noch im Habsburgerreich als Angehörige der volksdeutschen Minderheiten gelebt und waren extrem völkisch gesinnt. Die Rekrutierung der SS aus der SA geriet rasch zu einem veritablen innerparteilichen Problem, sah doch die SA-Führung überhaupt nicht ein, warum fähige Männer die Organisation wechseln sollten. Wie in Berlin und München gab es auch in Wien entsprechende Anweisungen, das Werben für die SS in den SA-Gruppen nicht zuzulassen. Doch war die Attraktion der SS, die zu dieser Zeit offiziell noch eine Unterorganisation der SA war, groß genug, dass sich ihre Reihen bald füllten. Das lag an ihrem exklusiven Charakter, der die SS von der "braunen Masse" abhob. Jeder SS-Anwärter musste eine bestimmte Körpergröße besitzen, erbbiologisch einwandfrei sein, mindestens ein Jahr lang Parteimitglied gewesen sein und zwei Bürgen vorweisen. Himmler hatte 1931 zudem mit einem besonderen Heirats-Erlass strenge rassistische Regeln für die Auswahl der Ehefrau festgeschrieben und behielt sich vor, die Ehen seiner SS-Männer persönlich zu genehmigen. Auch wenn diese Regeln immer wieder Ausnahmen zuließen, garantierten sie doch den SS-Mitgliedern, einer distinkten Organisation anzugehören.

Nicht von ungefähr bemühte Himmler immer wieder den Vergleich mit einem Orden, wenn er von der SS sprach. Darüber hinaus wurde die Schutzstaffel zu Beginn tatsächlich als Saalschutz bei Veranstaltungen sowie als Personenschutz für die Parteiführung eingesetzt. Das verlieh der SS eine Nähe zur Macht, die wiederum die SA nicht besaß. Zugleich bedeutete dies eine besondere Verpflichtung der NS-Führung, insbesondere Hitlers, die im Verhältnis zur SA, die oftmals gegen die Parteiführung rebellierte, viel brüchiger war. Eben daraus entstand im Juni 1934 die Konstellation, dass es SS-Männer waren, die Ernst Röhm und etliche andere SA-Führer erschossen, und die SS anschließend die volle Unabhängigkeit als eigenständiger Verband der NSDAP erlangte.

In Österreich hatte sich zu dieser Zeit die politische Lage gefährlich zugespitzt. Seitdem die deutschen Nationalsozialisten 1933 die Macht errungen hatten, drängten auch die österreichischen NSDAP-Anhänger, die katholisch-autoritäre Regierung unter Engelbert Dollfuß zu stürzen. Schon seit den großen nationalsozialistischen Wahlerfolgen in Deutschland 1932 hatten in Österreich die rechtsextremen Gewalttaten massiv zugenommen. Christiane Rothländer schildert anschaulich an zahlreichen Fällen, wie ungehemmt terroristisch SS-Männer jüdische Geschäfte und Menschen angriffen, Bombenanschläge verübten und Attentate planten. Insbesondere nachdem Dollfuß die Partei und ihre Untergliederungen, einschließlich SA und SS, im Juni 1933 verboten hatte, radikalisierte sich die Gewaltbereitschaft in der Illegalität erheblich. Insgesamt, so errechnet Frau Rothländer, gab es Ende 1932 in Wien um die 500 SS-Männer bei einer SA-Stärke von gut 2000 Mann. Doch war der Zulauf zur SS gerade im Jahr 1932 deutlich stärker als zuvor gewesen. Gegenüber den zahlenmäßig starken sogenannten antikommunistischen "Heimwehren", die Ende der zwanziger Jahre mehrere hunderttausend Mitglieder besaßen, nahmen sich SA und SS geringfügig aus. Deren Stärke lag in der skrupellosen Anwendung von Gewalt gegen Linke und Juden, die im rechten Lager als Entschlossenheit und Entschiedenheit galt.

Jedoch überschätzte die österreichische NSDAP ihre Stärke. Der Putschversuch gegen die Regierung Dollfuß, bei dem dieser ums Leben kam, scheiterte im Juli 1934, die österreichischen Nationalsozialisten mussten nach Deutschland fliehen. Im Lager Lechfeld bei Augsburg wurden etliche von ihnen untergebracht, darunter nicht zuletzt Adolf Eichmann, der im April 1932 der österreichischen NSDAP und SS beigetreten war und nach einer kurzen Ausbildung in Dachau sich zum Sicherheitsdienst der SS (SD) nach Berlin meldete. Es lässt sich mit guten Gründen vermuten, dass es diese besondere Radikalisierungs- und Exilgeschichte war, die zu dem beachtlichen Anteil von Österreichern an den Massenverbrechen des NS-Regimes führte. Christiane Rothländer versagt sich dieser Frage in ihrem überaus materialreichen Buch. Aber vielleicht ist das auch eine eigene Studie, die noch geschrieben werden muss.

MICHAEL WILDT.

Christiane Rothländer: Die Anfänge der Wiener SS. Böhlau Verlag, Wien 2012. 653 S., 59,- [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Laut Michael Wildt, der in seiner Besprechung die Radikalisierungs- und Exilgeschichte der frühen SS nachzeichnet, gelingt Christiane Rothländer mit ihrer Studie eine umfangreiche wie genau recherchierte Darstellung der Anfänge der Wiener SS. Dem Rezensenten führt die Lektüre den engen Zusammenhang zwischen deutscher und österreichischer SS und ihrer jeweiligen Entwicklung vor Augen. Insbesondere kann die Autorin ihm anhand zahlreicher Beispiele die Radikalisierung der SS hin zu Terror und Pogromen veranschaulichen, nachdem Dollfuß die NSDAP verboten hatte. Dass Rothländer der Frage nicht nachgeht, inwieweit etwa dieses Verbot den Anteil von Österreichern an den Verbrechen des NS-Regimes erhöht hat, findet Wildt allerdings etwas schade.

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