Die wissenschaftliche Diskussion um die Entstehung von Weihnachten und Epiphanias kreist meist um zwei Entstehungshypothesen: Vor allem im angelsächsischen Sprachraum wird in der theologischen Literatur ein innerchristlicher Entstehungszusammenhang aufgrund von frühchristlichen Berechnungen favorisiert, während sonst meist auf parallele heidnische Feiern als Anlaß für die Entstehung der beiden Feste verwiesen wird. Eine derartige Parallelbildung eines christlichen Festes am Termin eines beliebten heidnischen Festes würde, so die weit verbreitete Ansicht, den heutigen Kenntnissen über die Inkulturation des Christentums entsprechen. Hans Förster zeigt, daß beide Hypothesen für die Entstehung von Weihnachten und Epiphanias die Situation des vierten Jahrhunderts nicht erklären können. Die Sonnensymbolik hat sicherlich zur Wahl des Festtermins entscheidend beigetragen. Sie konnte dies jedoch gerade deswegen, weil es eben kein paralleles römisches Sonnwendfest gab, das sich im vierten Jahrhundert besonderer Beliebtheit erfreut hätte. Das angeblich weit verbreitete und beliebte "Sol-Invictus-Fest" wurde vielmehr aufgrund einer höchst fragwürdigen Interpretation christlicher Quellen konstruiert; eine genaue Lektüre dieser Quellen vermag jedoch zu zeigen, daß es dieses Fest wahrscheinlich nicht gab, zumindest hat es sich um kein verbreitetes oder beliebtes Fest gehandelt. Dies bedeutet eine entscheidende Akzentverschiebung der gängigen Sicht des Christentums im vierten Jahrhundert.
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Äußerst gelehrt findet Jürgen Kaube dieses Buch des Wiener Kirchenhistorikers Hans Förster, der ihm vor allem klar machte, wie wenig er über die Datierung des Weihnachtfestes wusste. Denn alles, was wir wüssten, sei schließlich, dass Jesus nicht im Jahr 0 geboren wurde. Förster geht mit zwei gängigen Thesen ins Gericht. Die erste ist bei Joseph Ratzinger und den Briten beliebt und beruht auf dem antik-jüdischen Glauben, vollkommene Menschen sterben am gleichen Tag, wie sie geboren werden im Falle Jesu möglicherweise am vierten Tag der Tagundnachtgleich. Dabei sei man von der Geburt zur Empfängnis übergegangen, und kommt so vom 25. März - neun Monate! - auf den 25. Dezember. Auch die zweite These, nach der Weihnachten die heidnischen Sonnenwendfeiern ablöst, nimmt Förster in den Augen des Rezensenten überzeugend auseinander: Ausfühlichst habe der Kirchgeschichtler spätantike Predigten und Traktat studiert, kein einziger Text weise auf bedeutende Feiern zu dieser Zeit hin. Man nimmt die Wintersonnenwende auf, das ja, glaubt der Rezensent nach der Lektüre, aber nicht um eine "römische Riesenparty" zu ersetzen", sondern "weil es draußen kalt ist und die Hoffnung etwas Schwaches".
© Perlentaucher Medien GmbH
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