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Kaum etwas ist wichtiger, als die richtige Versicherung - ein gigantisches Geschäft, von dem im Wesentlichen die Unternehmen profitieren. Die Versicherten dagegen werden schlecht informiert, überversichert und im Schadensfall im Stich gelassen. Statt echter Transparenz überschütten die Unternehmen die Kunden mit irreführenden Informationen: So täuschen sie Verbraucher über tatsächlich geleistete Zahlungen, die Risiken einer Geldanlage oder anfallende Gebühren. Die Wirtschaftsjournalistin und Branchenkennerin Anja Krüger deckt die skandalösen Praktiken der Versicherer auf. Sie zeigt, weshalb…mehr

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Produktbeschreibung
Kaum etwas ist wichtiger, als die richtige Versicherung - ein gigantisches Geschäft, von dem im Wesentlichen die Unternehmen profitieren. Die Versicherten dagegen werden schlecht informiert, überversichert und im Schadensfall im Stich gelassen. Statt echter Transparenz überschütten die Unternehmen die Kunden mit irreführenden Informationen: So täuschen sie Verbraucher über tatsächlich geleistete Zahlungen, die Risiken einer Geldanlage oder anfallende Gebühren.
Die Wirtschaftsjournalistin und Branchenkennerin Anja Krüger deckt die skandalösen Praktiken der Versicherer auf. Sie zeigt, weshalb wir leichte Opfer sind und welchen Anteil die Politik daran hat.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 24.12.2012

Schlechtes Bild einer Branche
Zwei Bücher arbeiten sich am Versicherungswesen ab

Der Umbau des Rentensystems während der rot-grünen Regierungszeit gehört zu den spannendsten Kapiteln der jüngeren deutschen Sozialgeschichte. Bis heute werden die Kontroversen um Umlagefinanzierung und Teilkapitaldeckung weiter geführt. Das Aufkommen der Linkspartei wurde dadurch begünstigt. Die Unversöhnlichkeit der Sozialdemokraten mit ihrem früheren Vorsitzenden Oskar Lafontaine, das Karriereende von Sozialpolitikern alter Schule wie Rudolf Dreßler und auch das bis heute spürbare schlechte Gewissen der Parteibasis haben ihre Wurzeln in dieser Zeit.

Wer die Vorgeschichte spannend erzählt und bisweilen polemisch zugespitzt nachlesen will, tut mit "Die Vorsorgelüge" von Holger Balodis und Dagmar Hühne einen guten Griff. Keinesfalls unparteiisch wird der herrschende sozialpolitische Diskurs zur Jahrtausendwende nachgezeichnet. Wichtige Protagonisten wie die Rentenexperten Miegel, Rürup, Raffelhüschen und Börsch-Supan führen die beiden Fernsehautoren ein, indem sie ihre Verbindungen zur Finanzwirtschaft vor oder nach der Reform beschreiben. Den Einfluss von Lobbygruppen wie der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft oder der Bertelsmann Stiftung auf die Wahrnehmung der demographischen Herausforderungen skizzieren sie anschaulich. Schließlich zeichnen sie unterhaltsam den politischen Prozess nach - von der Besetzung des Sozialministerpostens mit dem unkonventionellen Gewerkschafter Walter Riester über dessen Freude an komplizierten Regelungen bis zur Ausschaltung kritischer SPD-Vorstandsmitglieder durch Bundeskanzler Gerhard Schröder.

Diese erzählerischen Passagen sind die lesenswertesten des 263 Seiten starken Buchs, in das die beiden freien Journalisten, die seit vielen Jahren für den WDR arbeiten, Erfahrungen ihrer jahrelangen Berichterstattung einfließen lassen haben. Auch bei der Darstellung des Rentensystems machen sie sich einige Mühe. Allerdings sitzen sie dabei zu stark ihren Zitatgebern Albrecht Müller, Norbert Blüm und Ursula Engelen-Kefer auf, wenn sie einen befürchteten Anstieg des Rentenbeitrags auf 26 Prozent ohne die Reform als leicht verkraftbare Belastung abtun. Den Paradigmenwechsel durch die Rentenreform beschreiben Balodis und Hühne zutreffend als einen Schwenk von der Armutssicherung zur Beitragsstabilität. Allein in der Bewertung sind sie zu einseitig. Die Begrenzung der Beiträge auf 22 Prozent und der stärkere Vorsorgezwang der Arbeitnehmer sind Teil der Reformen, die geholfen haben, den deutschen Arbeitsmarkt krisenfester zu machen.

Im Kern ist das Buch eine Abrechnung mit der Versicherungswirtschaft, die neben den genannten Lobbygruppen einer der Haupttreiber der Reformen war. Die Autoren listen viele tatsächliche Ärgernisse auf: von den übertriebenen Abschlussvergütungen, die erwartbare Renditen deutlich schmälern, über Verbraucher schädigende Verhaltensweisen wie das verlustträchtige Abwerben von Kunden bis zu unappetitlichen Incentivereisen absatzstarker Vertriebsmitarbeiter.

In ihrer berechtigten Kritik an der Branche schießen Balodis und Hühne öfters über das Ziel hinaus und betreiben leider Verbraucherverunsicherung. Denn ihre Hauptbelege für den Misserfolg der Reform sind einige verkürzt wiedergegebene Studienergebnisse, die bei genauerer Betrachtung ein differenzierteres Urteil erlauben. Insbesondere eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, das ohne die Berücksichtigung von Zins- und Risikoüberschüssen der Versicherungsprodukte das Sparschwein als erfolgreichere Variante beschrieben hat, wird zu diesem Zweck ausgeschlachtet. Dass die Studie selbst im weiteren Gang ihrer Argumentation die eigene Sparschwein-These widerlegt, klammern die Autoren aus.

Das ist die Hauptschwäche des Bandes: Weil die Argumentation darauf ausgerichtet ist, den Misserfolg der Rentenreform herauszustellen, werden Fakten zu sehr zugespitzt. Relativierungen werden gern in Fußnoten versteckt, statt sie im Haupttext prominenter zu würdigen. So erscheinen dem Leser hohe Kostensätze von 20 Prozent der Beiträge als üblich statt als Ausnahme. Allzu sehr aufs Glatteis begeben sich die Autoren mit ihrer Empörung über angeblich benachteiligende Sterbetafeln der Versicherer. Diese sind nicht zum Schaden der Kunden, da sie selbst bei steigenden Lebenserwartungen Rentenzahlungen bis ans Lebensende ermöglichen.

Die kritische Grundhaltung teilt der Band mit einem anderen Buch, das sich zum Teil dieselben Protagonisten gesucht hat. Auch in "Die Angstmacher", geschrieben von der Journalistin Anja Krüger, tauchen die Maschmeyers, Rürups und Pohls wieder auf. Sie beschreibt das Unbehagen gegenüber einer Branche, die ihre Macht im Verkauf und in der Regulierung von Schäden missbrauche. Die Autorin, die für die "Financial Times Deutschland" arbeitete, ist in ihrer Kritik meist treffsicherer und präziser als die Autoren der "Vorsorgelüge". So zeichnet sie detailliert den Fall eines Berufsunfähigen nach, der mit einer Verzögerungstaktik der eigentlich als seriös geltenden Debeka um seine Leistungen gebracht wurde. Die zermürbende Kette von Gutachten, ablehnenden Schreiben von Sachbearbeitern und Zeitverzögerungen gehört leider zum Alltag deutscher Kunden.

Krüger zeichnet das Bild einer Branche, die Kunden mit aufgebauschten Risiken verunsichert, ihnen dann unpassende Produkte verkauft und sie schließlich oft genug mit ihren Schäden alleinlässt. Und schließlich stelle sie die Verbraucher mit fortlaufenden Kampagnen gegen Versicherungsbetrug unter den Generalverdacht, Schäden gern selbst zu bewirken. Gemeinsam ist beiden Büchern die Kritik an der Nähe der Versicherungswirtschaft zur Politik.

Nun ist es bei mehr als 500 000 Beschäftigten in der Branche wenig überraschend, dass viele Volksvertreter ihre beruflichen Wurzeln in der Assekuranz haben. Wenn aber für Kunden nützliche Regelungen auf Betreiben der Unternehmen fallengelassen werden, lohnt es sich, genauer hinzuschauen. Und wie stark die Parteispenden aus der Assekuranz in der Zeit rund um die Rentenreform 2001 anwuchsen, stimmt doch zumindest nachdenklich.

PHILIPP KROHN.

Holger Balodis / Dagmar Hühne: Die Vorsorge-Lüge.

Econ, München 2012, 272 Seiten, 18 Euro.

Anja Krüger: Die Angstmacher.

Bastei-Lübbe, Köln 2012, 304 Seiten, 16,99 Euro

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