In unübersichtlichen Zeiten, in Zeiten der Veränderung, der Unruhe und des Konflikts sucht man verstärkt nach Orientierung, Selbstvergewisserung und der Bestätigung, auf der richtigen Seite zu stehen. Sich in solchen Zeiten auf die Moral zu besinnen, kann als Versuch gelten, den Halt zurückzugewinnen, der angesichts der Unbestimmtheit und Komplexität der Verhältnisse verloren zu gehen droht. Wenn es allerdings beim Einklagen moralischer Postulate bleibt, ist wenig gewonnen. Das Gute erweist sich nur im Handeln und die gute Tat erfordert wesentlich mehr als lediglich die gute Gesinnung. Die Vorstellung einer reinen Morallehre, die sich ohne Weiteres in konkretes Handeln umsetzen lässt, ist nicht nur intellektuell unterkomplex, sondern auch moralisch bedenklich. Denn die moralischen Regeln und Normen selbst sind oft wenig strittig, Probleme entstehen primär bei ihrer Konkretisierung, bei der Abwägung der Mittel, der Vermittlung von Interessenlagen, der Einbindung moralischer Ideale in Strukturzusammenhänge.Die moralphilosophische Literatur liefert für den Umgang mit den damit verknüpften Problemen zweifellos gute Anregungen, sie widmet sich allerdings in großen Teilen primär der Frage, wie sich moralische Normen und Regeln begründen lassen. Die Frage, wie diese sich im konkreten Hier und Jetzt anwenden lassen, wird dagegen eher stiefmütterlich behandelt.Das vorliegende Werk befasst sich mit dieser Anwendungsproblematik und behandelt verschiedene Lösungsansätze zum Umgang mit den sich dabei stellenden Herausforderungen. Veranschaulicht werden die Überlegungen durch zahlreiche Alltagsbeispiele aus den Bereichen der zwischenmenschlichen Beziehungen, der Wirtschaft, der Gesellschaft und der Politik.