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Jürgen Brokoff untersucht den apokalyptischen Diskurs in der Weimarer Republik. Das Apokalyptische zeigt sich dabei nicht nur in Gestalt von Weltuntergangs-Szenarien, sondern auch als eine spezifische Textstruktur, als eine Redeform. Durch die genaue Lektüre einschlägiger Texte von Carl Schmitt, Walter Benjamin, Ernst Jünger und Adolf Hitler gelingt es Brokoff, das Grundmuster der apokalyptischen Rede herauszuarbeiten. Deren wichtigstes Kennzeichen ist die Inszenierung sprachlicher Gewalt, die (nicht nur bei Hitler) in eine unmittelbar tätliche übergehen soll.
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Produktbeschreibung
Jürgen Brokoff untersucht den apokalyptischen Diskurs in der Weimarer Republik. Das Apokalyptische zeigt sich dabei nicht nur in Gestalt von Weltuntergangs-Szenarien, sondern auch als eine spezifische Textstruktur, als eine Redeform. Durch die genaue Lektüre einschlägiger Texte von Carl Schmitt, Walter Benjamin, Ernst Jünger und Adolf Hitler gelingt es Brokoff, das Grundmuster der apokalyptischen Rede herauszuarbeiten. Deren wichtigstes Kennzeichen ist die Inszenierung sprachlicher Gewalt, die (nicht nur bei Hitler) in eine unmittelbar tätliche übergehen soll.

Brokoffs Analyse gibt nicht nur wichtige Aufschlüsse über den Zustand der politischen Kultur der Zwischenkriegszeit. Sie zeigt ebenso, welchen Einsatz Intellektuelle zu wagen bereit sind, um eine beherrschende Stellung im Diskurs zu erringen. Das Buch wendet sich an Literaturwissenschaftler, Historiker und Philosophen sowie an alle an der Epoche der Weimarer Republik Interessierte.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 26.01.2002

Sprachhammer
Jürgen Brokoff untersucht die
Todeslust der Weimarer Republik
Wenn nichts mehr geht und jedes Wort ein Wort zuviel und jeder Gedanke eine Zumutung ist, dann will der Mensch nur noch eins: in sich selber untergehen. Leidenschaftlich tapeziert er die Wände seiner Sorgen mit tiefschwarzen Tapeten. Auf ihnen steht zu lesen, was der Mensch gerne liest, um seine Trauer zu adeln. Sätze aus Papier und Eisen sind es, Sätze vielleicht von jener stolzen Hoffnung, „dass unter uns eine erlesene Schar, die sich längst aus den Bibliotheken und dem Staub der Arenen zurückgezogen hat, im innersten Raume, in einem dunkelsten Tibet, an der Arbeit ist.”
Wie Ernst Jünger wollte sich eine ganze Generation an ihrem „Abenteuerlichen Herz” berauschen. Zehn Jahre oder weniger war eine zerstrittene Republik alt, die ihre Gegner aus den Angeln zu heben trachteten. Jünger wollte den Kämpfer oder den Arbeiter als einzigen Souverän installieren, Carl Schmitt den Staat, Walter Benjamin den proletarischen Revolutionär und Adolf Hitler den Deutschen. Sie alle wollten die bestehende Moderne vernichten und machten in ihrem eigenen Innern den Anfang.
Das Tibet, das sie suchten, lag zwischen Herz und Kopf, und draußen war immer nur der Feind. Sie riegelten sich ab, denn die Welt schien ihnen böse und schwach. Walter Benjamin propagierte in seiner Schrift „Zur Kritik der Gewalt” von 1921 den proletarischen Generalstreik als ein Mittel, die Staatsgewalt zu vernichten. An ihre Stelle sollte die revolutionäre Gewalt treten, in der er eine „unmittelbare Manifestation der göttlichen Gewalt” erblickte. Die Aufgabe der streikenden Massen wäre es folglich gewesen, eine Apokalypse herbeizuführen.
Benjamins marxistische und heilstheologische Spekulation stellt Jürgen Brokoff in eine Reihe mit den Denkmustern der anderen genannten Autoren. Der Hass auf das „Weimarer System” einte die drei Antidemokraten und den nationalsozialistischen Diktator. Sie übertrugen die Polarität von Immanenz und Transzendenz, die der Geheimen Offenbarung zugrunde liegt, auf den politischen Bereich. Nicht das „Neue Jerusalem” wollten sie mit flammenden Worten und kühlen Begriffen herbeischreiben, sondern die radikal andere, die bessere, unbedingt homogene Moderne. Wo vielerlei war, sollte das große Eine werden.
Wenn Hitler in den zwanziger Jahren dazu aufrief, „den Juden aus sich selbst zu entfernen,” bewegte er sich mit dieser Forderung auf bestens erschlossenem Terrain. Den Weg nach innen rühmten alle Verächter der Wirklichkeit als den Königsweg zur neuen Schöpfung. Die Chiffren, die sie für ihr Feindbild wählten, wechselten, die Juden, die Bürger, das positive Recht wurden in dieser Funktion verwendet; der Wille zur Vernichtung des Heterogenen blieb. Und immer befürchtete man das Abweichende schon in sich selbst, immer war das Übungsfeld der Austreibung ein Text, der keinen anderen Text neben sich duldete.
Dass anstelle der Menschen oder vor ihnen die Texte sterben, ist nicht der geringste Ertrag dieser gedankenreichen Studie. Der Bonner Germanist ist tief hinabgestiegen in eine apokalyptische Gedankenwelt, die vorgab, das Jetzt und die Sprache, das Christentum und das Bürgertum, den Kapitalismus und den Marxismus zu überwinden und die in der Destruktion stecken blieb. Überzeugend weist Brokoff nach, dass in den behandelten Texten Schmitt, Benjamin, Jünger und Hitler das Problem, das sie darstellen, literarisch gelöst zu haben glauben. In der Schrift soll die Transzendenz erreicht, sollen der Feind im Innern und die Welt draußen schon vernichtet sein. Die Sprache aber, wäre ihnen zu entgegnen, ist kein Vorschlaghammer, sondern höchstens das einsame Echo tiefschwarzer Ängste.
ALEXANDER KISSLER
JÜRGEN BROKOFF: Die Apokalypse in der Weimarer Republik. W. Fink Verlag, München 2001. 188 Seiten, 29,65 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mit seiner Publikation "Die Apokalypse in der Weimarer Republik" legt der Bonner Germanist Jürgen Brokoff eine, wie der Rezensent Alexander Kissler hervorhebt, "gedankenreichen Studie" vor, die das Phänomen der Todeslust in der Weimarer Republik genauer unter die Lupe nimmt. Dafür ist Brokoff, so Kissling anerkennend, "tief hinabgestiegen in eine apokalyptische Gedankenwelt". Anhand von Texten von Carl Schmitt, Walter Benjamin, Ernst Jünger und Adolf Hitler versucht Brokhoff die Gemeinsamkeiten dieser so unterschiedlichen Figuren herauszuarbeiten. Er findet sie im Hass auf das "Weimarer System", im Hass auf die Moderne, die sie vernichten wollten, um stattdessen den Staat (Schmitt), den proletarischen Souverän (Benjamin), den Deutschen (Hitler), den Kämpfer (Jünger) als "einzigen Souverän zu installieren". Brokoffs Nachweis, wie ihnen dies -zumindest literarisch- gelungen ist, lobt der Rezensent, ist "überzeugend".

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