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Dieser Band versammelt alle Gespräche und Interviews mit Georges Bataille, die nun erstmals auf Deutsch zu lesen sind. Sie vermitteln Batailles wesentliche Fragestellungen und Positionen in einer ungekannten und faszinierenden dialogischen Direktheit und ergänzen darüber hinaus unser Bild Batailles um eine andere, unbekannte Seite.

Produktbeschreibung
Dieser Band versammelt alle Gespräche und Interviews mit Georges Bataille, die nun erstmals auf Deutsch zu lesen sind. Sie vermitteln Batailles wesentliche Fragestellungen und Positionen in einer ungekannten und faszinierenden dialogischen Direktheit und ergänzen darüber hinaus unser Bild Batailles um eine andere, unbekannte Seite.
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Autorenporträt
 Georges Bataille, 1897 in Billom, Puy-de-Dôme geboren, war von 1922 bis 1942 als Bibliothekar an der Bibliothèque nationale tätig, in der er Walter Benjamins Manuskripte versteckte und so vor der Vernichtung rettete. Von Nietzsche und Sade, aber auch von Kojèves Hegel beeinflusst, verfasste er ein in seiner Bandbreite einmaliges Werk. Er starb 1962 in Paris. Ein großer Teil seines Werks ist bei Matthes & Seitz Berlin erschienen.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 20.08.2012

Schöne Verwirrung

In mancherlei Hinsicht war Georges Bataille ein Romantiker. Nehmen wir nur jene knappe Bemerkung zur Dichtung, die er 1951 in einem Gespräch machte: "Aus der Unordnung des Denkens wird beispielsweise die Poesie geboren." Das ist nicht weit entfernt von Friedrich Schlegels Auffassung, der zufolge es für den "Anfang aller Poesie" grundlegend sei, die "Gesetze der vernünftig denkenden Vernunft aufzuheben und uns wieder in die schöne Verwirrung der Fantasie" zu versetzen. Bataille verzichtete in öffentlichen Gesprächen allerdings weitgehend auf genealogisch angelegte Selbsterklärungen und begnügte sich stattdessen mit Andeutungen. Zugegeben: Einige davon besitzen den Appeal seichter Ratgeberphilosophie, andere jedoch bereiten als gezielte Provokationen Vergnügen, und wieder andere sind von beachtenswerter Reichweite. So bekannte Bataille in einem Interview aus dem Jahr 1958, dass er die Literatur aufgrund ihrer Affinität zum Bösen für eine "sehr ernste und große Gefahr" halte, der man trotzen müsse. Diese Einschätzung hat deutlich mehr Gewicht, als man zunächst vermuten mag, da sie den bösen Text jenseits rein inhaltlicher Bestimmungen von seiner Wirkung her begreift. Es fragt sich also ästhetiktheoretisch: Ist der Text selbst eine böse Sprachhandlung? Alle Interviews und Gespräche mit Georges Bataille hat Rita Bischof nun erstmals auf Deutsch in einem lesenswerten Buch zusammengestellt. Zu den darin nur angerissenen Themen wird man profundere Ausführungen in Batailles Werken finden, doch als kurzweiliges Propädeutikum taugen die Unterhaltungen allemal. (Georges Bataille: "Die Aufgaben des Geistes". Gespräche und Interviews 1948-1961. Hrsg., übersetzt und mit einem Vorwort von Rita Bischof. Matthes & Seitz, Berlin 2012. 165 S., br., 14,80 [Euro].) span

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Mehr als einen Aphorismen-Steinbruch sieht Christoph David Piorkowski in diesem Band mit Gesprächen und Interviews mit Georges Bataille aus den Jahren 1948 bis 1961. Der Autor begegnet ihm hier als höflicher Spieler, der zwar immer wieder Fragen nach seinem Werk ausweicht, aber gerade dadurch das für ihn so wichtige Moment des Somnambulen, Außerbegrifflichen bestätigt. Andere zentrale Motive seines Denkens entdeckt der Rezensent zwischen den Zeilen. Etwa, wenn Bataille auf die Heilung durch Zwecklosigkeit abhebt. Schließlich erfährt Piorkowski auch Privates, so über Batailles problematische Vaterbeziehung.

© Perlentaucher Medien GmbH

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 04.04.2013

Schlafwandler
der Lust
Den Rausch erklären: Gespräche mit Georges Bataille
Als Georges Bataille im Jahre 1928 mit der pornografischen Erzählung „Die Geschichte des Auges“ reüssierte, tat er dies inkognito, unter dem Pseudonym „Lord Auch“, um sich nicht von Anbeginn und für alle Zeit unmöglich zu machen. Enthält die mehr als obszöne Geschichte in literarischer Form doch schon die Quintessenz seines kontroversen Denkens – das Moment der Grenzüberschreitung, den Taumel der Ekstase, der das Ich in einer zwecklosen Gegenwart zur Auflösung bringt, das Individuum „auf dem Siedepunkt“ aus der Isolation seiner Zufalls-Existenz heraushebt und in einer mystischen Erfahrung mit der Einheit des Seins verbindet.
  Georges Bataille, der Provokateur, Dissident der surrealistischen Bewegung um André Breton, vom sartreschen Existentialismus, der in den fünfziger Jahren den französischen Diskurs dominierte, ins Abseits gedrängt, führte ein vergleichsweise unaufgeregtes Leben als Bibliothekar, das seine schrille Philosophie auf merkwürdige Weise zu spiegeln scheint.
  Nun ist unter dem Titel „Die Aufgaben des Geistes“ ein Band mit Gesprächen und Interviews aus den Jahren von 1948 bis 1961 erschienen, der die Möglichkeit bietet, dem Mystiker und Erotomanen Bataille hinter seinem zum Teil sperrigen Werk als höflichem Spieler zu begegnen, der zwar ausnahmsweise deutlich, aber dabei doch in Fragmenten spricht, sich immer dann zurückzieht, wenn es ihm beliebt. So unterstreichen die zwölf hier zusammengetragenen Gespräche deutlich, was der Literaturwissenschaftler Peter Bürger seinem Denken konzedierte, dass es etwas „Schlafwandlerisches“ habe: „will man es beim Namen nennen, so stürzt es ab“.
  Die Unmöglichkeit, diesem Denken begrifflich beizukommen, verweist auf das zentrale Anliegen dieses Denkens selbst – nämlich eine Dimension jener selbstvergessenen Erfahrung zu artikulieren, die mit sprachlichen Mitteln nicht mehr ausgesagt werden kann, weil die diskursive Sprache einer Welt der Differenzen angehört, die in der Ekstase – wenn die Ich-Grenze zum Einsturz kommt – gleichsam für Minuten „im Schlund des Ursprungs“ verschwindet. Wer den dionysischen Rausch nicht selbst erlebt hat, wird Bataille schwer verstehen. Und durch das Lapidare der Interviewform bleibt diese Erfahrung hier notwendig noch tiefer im Dunkeln als in Batailles theoretischen oder pornografischen Texten, da die Gespräche weder eine Arbeit am Begriff leisten noch den ich-zersetzenden Sog jener Wort-Kaskaden auslösen können, die dem „obszönen Werk“ seine eigentümliche Faszination verleihen.
  Dennoch stößt der Leser (häufig zwischen den Zeilen) auf zentrale Motive seines Denkens. So, wenn Bataille immer wieder die Lebensgeister im Rausch der Angsterfahrung beschwört und wiederholt auf die heilsame Wirkung einer Auflösung jeden Zwecks verweist. Oder wenn er affirmativ über Nietzsche spricht, von dem er den Topos einer dialektischen Beziehung von Ordnung und Ekstase übernimmt. Auch Bataille geht von einer „apollinischen Ordnung“ aus, die momenthaft im „dionysischen Rausch“ zusammenbricht, nur um sich in der anschließenden Katerstimmung, im Ausgang der Ausschweifung neu zu erheben.
  Um zu bestehen, brauchen Gesellschaften wie Individuen eben beides: die Welt der Vernunft und der „produktiven Akkumulation“ ebenso wie jene des Irrationalen und der „unproduktiven Verausgabung“, den „verfemten Teil“, den die moderne Vernunftkultur zu ihrem eigenen Schaden verbannt habe. Das Perverse, der Tod und die Gewalt lassen sich aber, da ist Bataille überzeugt, niemals vollständig vertreiben. Die archaischen Gesellschaften hätten dies geahnt und dem Abartigen und Grausamen periodisch im rituellen Kontext Luft verschafft. Und nur in diesen ekstatischen Episoden der Grenzüberschreitung – wenn sich die intentionale Struktur des Bewusstseins auflöse – sei der Mensch wirklich „frei“ und „souverän“.
  Obwohl Bataille seine Theorie der „Allgemeinen Ökonomie“, der zufolge sich Gesellschaften wie Individuen hin und wieder „unproduktiv verausgaben“ müssen, um sich von überschüssiger Energie zu befreien, in den Interviews nicht erklärt und zudem – so im Gespräch mit Madeleine Chapsal aus dem Jahr 1961 – der Frage nach seinem Begriff des Erotischen beständig ausweicht, ist „Die Aufgaben des Geistes“ mehr als ein Steinbruch abgründiger Aphorismen. So verbindet der Interviewband zumindest in zwei, drei Texten den Denker Bataille mit dem Menschen, der bereitwillig über seine allzumenschlichen Probleme – etwa das Verhältnis zum ohnmächtigen Vater – Auskunft erteilt.
  Im Hinblick auf Batailles Philosophie gilt im Übrigen beinahe dasselbe, was er im Text „Die Literatur und das Böse“ über die Erotik verlautbart: „Erotisch ist, wer sich wie ein Kind durch ein Spiel, durch ein verbotenes Spiel faszinieren lässt.“
CHRISTOPH DAVID PIORKOWSKI
Georges Bataille: Die Aufgaben des Geistes. Gespräche und Interviews 1948-1961. Herausgegeben, übersetzt und mit einem Nachwort von Rita Bischof. Matthes & Seitz, Berlin 2012. 165 Seiten, 14,80 Euro.
Ab und an muss man sich
einfach unproduktiv verausgaben
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