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Die Außenpolitik der DDR - lange galt sie als ein Stück Erfolgsgeschichte. Besonders Erich Honecker liebte es, im Ausland als Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender empfangen zu werden, sollte dies doch von den eigentlichen Problemen - der fehlenden Legitimität und der massiven wirtschaftlichen Krise - ablenken. Das machte die Außenpolitik zu einem zentralen Bestandteil der SED-Herrschaft. Trotzdem waren die Handlungsspielräume begrenzt. Auf der einen Seite konnte die DDR nur in enger Abstimmung mit der sowjetischen Führungsmacht agieren, und auf der anderen Seite war sie unablässig dazu…mehr

Produktbeschreibung
Die Außenpolitik der DDR - lange galt sie als ein Stück Erfolgsgeschichte. Besonders Erich Honecker liebte es, im Ausland als Generalsekretär und Staatsratsvorsitzender empfangen zu werden, sollte dies doch von den eigentlichen Problemen - der fehlenden Legitimität und der massiven wirtschaftlichen Krise - ablenken. Das machte die Außenpolitik zu einem zentralen Bestandteil der SED-Herrschaft. Trotzdem waren die Handlungsspielräume begrenzt. Auf der einen Seite konnte die DDR nur in enger Abstimmung mit der sowjetischen Führungsmacht agieren, und auf der anderen Seite war sie unablässig dazu gezwungen, sich mit der Existenz und Politik der Bundesrepublik auseinanderzusetzen. Gab es somit überhaupt eine eigenständige Außenpolitik der DDR? Wie sind vor dem Hintergrund der verschiedenen Abhängigkeiten die außenpolitischen Erfolge Ost-Berlins zu bewerten? Die Möglichkeiten und Grenzen einer eigenständigen Außenpolitik der DDR untersucht diese Studie, wobei vormals interne Dokumente ausgewertet und zahlreiche Interviews mit ehemaligen Funktionären geführt wurden.

Dabei zeigt es sich, daß die Staats- und Parteiführung eigene Interessen verfolgte und auch versuchte, diese gegenüber dem "großen Bruder" in Moskau durchzusetzen. Drei Phasen lassen sich für die Außenpolitik der Ära Honecker ausmachen: In den siebziger Jahren versuchte sich die DDR in enger Anbindung an die Sowjetunion international als deren Juniorpartner zu etablieren. Vor allem in der Dritten Welt engagierte sie sich dabei in einem Ausmaß, das trotz einer Reihe von Erfolgen ihre ökonomischen Möglichkeiten bei weitem überstieg. Der sich zu Anfang der achtziger Jahre verschärfende Ost-West-Konflikt drohte jedoch, die gewonnenen Handlungsspielräume wieder drastisch einzuschränken. Aus politischen, aber nicht zuletzt auch aus ökonomischen Gründen versuchte die DDR nun, die Auswirkungen der Spannungen zwischen den beiden Supermächten auf ihre Politik zu begrenzen. Gegen den Willen Moskaus entwickelte die Staats- und Parteiführung eine eigene "Friedenspolitik", mit der sie sich zeitweilig international zu profilieren vermochte.

Als die Sowjetunion unter Gorbatschow begann, ihre bisherige Politik gundsätzlich zu überdenken, geriet die DDR außenpolitisch ins Abseits. Jetzt war alles darauf gerichtet, die bestehenden Strukturen zu erhalten und keine Reformen zuzulassen. 1989 aber war auch die Außenpolitik am Ende ihrer Möglichkeiten angelangt.
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Autorenporträt
Benno-Eide Siebs, Dr. phil., geb. 1967, Studium der Politikwissenschaft, der Neueren und Neuesten Geschichte und der Kommunikationswissenschaft an der LMU München, Promotionsstipendium der Friedrich-Ebert-Stiftung, langjährige Mitarbeit beim Bayerischen Rundfunk, Promotion 1998 aufgrund vorliegender Arbeit. Seither Wiss. Assistent an der LMU München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.08.1999

Niedergang mangels Substanz
Eine Studie zur Außenpolitik der DDR in den Honecker-Jahren

Benno-Eide Siebs: Die Außenpolitik der DDR 1976-1989. Strategien und Grenzen. Sammlung Schöningh zur Geschichte und Gegenwart. Verlag Ferdinand Schöningh, Paderborn 1999. 461 Seiten, 122,- Mark.

In den achtziger Jahren sah es so aus, als sei die Außenpolitik der DDR erfolgsverwöhnt. Nach den Jahrzehnten der Nichtanerkennung als Staat hatte in den sechziger Jahren die Entspannung im Ost-West-Konflikt den politischen Boden auch für Veränderungen in Europa gelockert. Die Bundesregierung in Bonn tat sich zunächst zwar damit schwer, aber mit dem Bonner Machtwechsel zur SPD-FDP-Koalition 1969 gewann eine "neue Ostpolitik" an Dynamik. Die Regierung Brandt gab die Hallstein-Doktrin auf und verschloss sich nicht länger der staatlichen Anerkennung der DDR. Der Grundlagenvertrag regelte die innerdeutschen oder deutsch-deutschen Beziehungen, ihm folgten später eine ganze Reihe zweiseitiger Abkommen. Die DDR wurde zusammen mit der Bundesrepublik in die Vereinten Nationen aufgenommen. Bei der Unterzeichnung der Schlussakte der KSZE im Sommer 1975 war SED-Generalsekretär Honecker wohlgelitten und zog offensichtlich große Befriedigung daraus.

Dieses subjektive Hochgefühl, nur unmerklich getrübt durch Vorahnungen bezüglich der innenpolitischen Legitimationskosten solcher allseitigen (wenn auch nicht ganz und gar vollständigen) Anerkennung, schwankte zwar in den folgenden Jahren, insbesondere bei innenpolitischen Krisen und Konflikten, aber in seinen Grundlinien hielt es an. Das Jahr 1987 brachte im Selbstverständnis der DDR-Führung noch einmal einen besonderen außenpolitischen Höhepunkt: Honeckers gegen hinhaltenden Widerstand der UdSSR endlich zustande gekommenen Staatsbesuch in der Bundesrepublik.

Damals hielt man das in Ost-Berlin für die Krönung einer jahrelangen ebenso gehaltvollen wie geschickten Außenpolitik. Aber bald konnte man sich diesbezüglich allenfalls noch über die vergleichsweise geringen Reisekosten bei diesem "Auslands"-Besuch freuen. Denn wie in anderen Bereichen der DDR-Politik, etwa bei der viel gerühmten "Einheit von Wirtschafts- und Sozialpolitik", stellte sich heraus, dass alles ganz anders, nämlich viel, viel desolater war, als man es sich in den schlimmsten Befürchtungen vorgestellt hatte.

Warum war das so? Wie kam es zu dieser enormen Diskrepanz zwischen den Lagebeurteilungen der politischen Führung samt ihren professionellen Zuarbeitern und der tatsächlichen Entwicklung des politischen und ökonomischen Umfeldes? Welche außenpolitischen Ziele setzte man sich nach der "Anerkennungswelle" und welche Faktoren beeinflussten wie die Formulierung und Implementierung dieser Ziele?

Solchen Fragen widmet sich die aus einer Münchner politikwissenschaftlichen Dissertation hervorgegangene Studie von Benno-Eide Siebs. Sie ist gut geschrieben und für alle, die sich mit dem Gegenstand beschäftigen, spannend zu lesen. Freilich haften ihr auch einige Dissertations-Eierschalen an, aber weil sie gut als solche identifizierbar sind, kann man sie auch rasch beiseite legen.

Die Materialgrundlage des Buches bilden neben der Sekundär- und Memoirenliteratur sowie veröffentlichten Quellensammlungen vor allem auch die ins Bundesarchiv übernommenen Akten von Politbüro und Zentralkomitee der SED und des Ministerrats der DDR. Zudem hat Siebs 15 "Zeitzeugen" befragt - gemeint sind ehemalige Amtsträger der DDR-Außenpolitik und andere an ihrer Gestaltung Beteiligte - und diese ausführlichen Interviews auch ausgiebig benutzt, um seiner Darstellung zusätzliche Farbe zu geben.

Nicht die gesamte Außenpolitik, sondern drei ihrer Felder hat Siebs in den Blick genommen - die Beziehungen zur UdSSR, zur Bundesrepublik Deutschland und zu den Entwicklungsländern. Davon können die beiden ersten naturgemäß eine besondere Bedeutung beanspruchen. Denn die DDR war während der gesamten Zeit ihres Bestehens politisch und ökonomisch von der UdSSR abhängig, und sie geriet während der Ära Honecker zusätzlich mehr und mehr in wirtschaftliche Abhängigkeit von der Bundesrepublik. Keine dieser Abhängigkeiten war völlig starr, jede ließ der DDR-Führung immer so viel Spielraum, dass sie sich Illusionen machte. Am Ende, kann man sagen, verknoteten sie sich, und das bedeutete dann das umstandslose Ende der DDR.

Wie dieser Verknotungsprozess vor sich ging, wird von Siebs anschaulich und lebendig erzählt. Die Aussagen der Interview-Partner bilden dabei einen reizvollen Kontrast zur zeitgeschichtlichen Darstellung, weil sie nachträgliche Regiebemerkungen und Kommentare zum Geschehen bringen. Sie machen dadurch, wenn sie auch nicht immer frei von Selbststilisierung sind (aber das zu vermeiden, ist ein übermenschliches Verlangen), das Ausmaß der Fehlwahrnehmungen, ideologischen Verzerrungen und (Selbst-)Täuschungen der agierenden Personen deutlicher. Und sie lassen auch leichter nachvollziehen. Die Außenpolitiker der DDR und ihre diplomatischen und akademischen Berater waren ja nicht gewissermaßen wesensmäßig dumm, bösartig oder beides. Davon haben sich die westlichen, auch die westdeutschen Außenpolitiker und Diplomaten in den achtziger Jahren überzeugen können. Aber sie handelten auf der Basis einer verzerrten und ideologisch getrübten Weltsicht, die sie mit ihren unzutreffenden Grundkonzepten und -begriffen dazu brachte, das, was in der Welt um sie her passierte, auf zum Teil aberwitzige Weise zu interpretieren. Nur in der allerletzten Phase der DDR-Existenz bildete diese historisch-materialistische Weltsicht vom Sowjetsozialismus als der immer weiter an Boden gewinnenden Gesellschaftsformation nicht länger die Basis für die Politik und machte einer Rette-sich-wer-kann-Haltung Platz.

Um noch einmal auf die Eierschalen zurückzukommen: Zur Kennzeichnung unterschiedlicher Sequenzen der DDR-Außenpolitik verwendet Siebs ein Kategorienschema des amerikanischen Politologen Rosenau. Danach liegt ihr für die Jahre 1976 bis 1981 eine Strategie der "ergebenen Außenpolitik" zugrunde, wobei sich die Ergebenheit auf die UdSSR richtet. Die Jahre 1981 bis 1986, in der die DDR ihre im drastisch sich abkühlenden Ost-West-Verhältnis Friedenspolitik progagierte, seien hingegen von einer Strategie der "Bewahrung" gekennzeichnet, und nach 1986 sei sie dann, mehr und mehr mit dem Rücken zur Wand geratend, zu einer "unnachgiebigen Strategie" übergegangen. Einige Züge der politischen Vorgänge treffen solche Bezeichnungen, aber keineswegs alle, so dass man die von Siebs gleich mitgelieferte Kritik an diesen Kategorien gerne übernimmt, sich dann aber fragt, warum er keine sinnvolleren hat ausfindig machen können.

Dennoch ist das Buch ein zu schätzender Beitrag zur Durchleuchtung der politischen Verhältnisse in der DDR während ihrer letzten Jahre. Der Autor hat insbesondere die intrikaten Querbezüge im politischen Beziehungsdreieck DDR-UdSSR-Bundesrepublik subtil und sorgfältig analysiert. Es ist eine gerade auch gegenüber seinen Interviewpartnern faire Studie geworden, die allerdings aller DDR-Nostalgie den Teppich unter den Füßen wegzieht. Denn die Geschichte der DDR-Außenpolitik nach der staatlichen Anerkennung war keineswegs eine Erfolgsgeschichte, sondern gekennzeichnet von Selbsttäuschung und mühsam bemänteltem Niedergang mangels Substanz.

WILFRIED VON BREDOW

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