Es mag stimmen, dass Jesu Liebe zu den Frauen die außergewöhnlichste seiner Zeit war, aber dass der Autor Franz Alt die w a h r e Jesusgeschichte entdeckt habe, ist doch weit übertrieben. Jesu Wirken kreiste nicht um Maria Magdalena, wie auch die Rückübersetzung der Jesusworte ins Aramäische durch
den Pastor Günther Schwarz (+2009), auf den sich Alt gern beruft, zeigt.
Auf einem…mehrEs mag stimmen, dass Jesu Liebe zu den Frauen die außergewöhnlichste seiner Zeit war, aber dass der Autor Franz Alt die w a h r e Jesusgeschichte entdeckt habe, ist doch weit übertrieben. Jesu Wirken kreiste nicht um Maria Magdalena, wie auch die Rückübersetzung der Jesusworte ins Aramäische durch den Pastor Günther Schwarz (+2009), auf den sich Alt gern beruft, zeigt.
Auf einem Papyrusfragment, dessen Inhalt auf das 2. Jahrhundert zurückgeht, heißt es: "Die Weisheit ... sie ist die Gefährtin des Heilands ... der Heiland liebte Maria Magdalena mehr und küsste sie auf ... ." Hier endet der Text. Das Küssen muss keineswegs erotisch gedeutet werden, denn in der frühchristlichen Literatur bedeutete das Küssen auch die Weitergabe spirituellen Wissens. Durch die Anrede Magdalenas mit "Weisheit" scheint das hier vorzuliegen.
Bei seiner Interpretation des Schwertwortes Jesu (vgl. Mt 10,34) scheint der Autor mehr seiner Lieblingsidee vom Weltfrieden zu folgen als wissenschaftlicher Bibelauslegung. Nach dem letzten Abendmahl wies Jesus die 11 Apostel an, Schwerter zu kaufen (vgl. Lk 22,36). Im Anschluss an Günther Schwarz interpretiert Alt das als Anweisung Jesu, Streitgespräche zu führen. Im Alten Testament verlangte aber Gott, dass vor dem Tag des Herrn die Schwachen Pflugscharen zu Schwertern schmieden (vgl Joel 4,10) und diese wieder zu Pflugscharen umschmieden (vgl Jes 2,4), wenn der Friedensfürst kommt. Deshalb verlangte Jesus am Ölberg von Petrus, dass er sein Schwert wieder einsteckt. Gerade durch sein Schwertwort erwies sich Jesus als Friedensfürst.
Auch sonst sitzt Franz Alt oft einem Missverständnis auf. Das Vaterunser lehrte Jesus seinen Jüngern zwar auf Aramäisch, aber die Auslegung der Tora durch die Gesetzeslehrer erfolgte zwischen den Jahren 0 bis 200 n. C. in der hebräischen Hochsprache der Mischna. Und Jesus war ein Gesetzeslehrer ("Rabbi"). Die Leute sprachen einen westaramäischen Dialekt, aber verstanden auch Hebräisch, denn der Unterschied bestand oft nur in der Aussprache. Die Schüler eines Rabbi hatten seine Worte aufzuschreiben und auswendig zu lernen. Sie hielten nur die Quintessenz fest und verstanden diese sicher manchmal auch nicht ganz. Die ersten drei Evangelisten stützten sich auf mehrere unterschiedliche Quellen. Auch von daher kommen die Differenzen und manche Unklarheiten. Deshalb sind die Worte Jesu nicht eindeutig zu rekonstruieren. Vieles an der Rückübersetzung durch Schwarz bleibt deshalb reine Spekulation.
Meistens weicht Schwarz sowieso nur in Nuancen von der griechischen Version der Synoptiker ab. Manchmal ist seine Übersetzung auch ganz falsch. Er übersetzte die erste Vaterunser-Bitte so: " Lass geheiligt werden deine Gegenwart!" Das ist weder poetisch noch verständlich. Richtig daran ist nur, dass mit "Name" Gott selber gemeint ist. Dann behauptet Schwarz: " Fest steht, dass Gott nicht selbst handelt." Genau das Gegenteil ist hier aber der Fall. Das Hitpael des aramäischen Verbs 'kaddasch' (= heilig sein) bedeutet: "Gott möge sich als heilig erweisen." Heilig erweist sich Gott aber nicht durch seine bloße Gegenwart, sondern durch sein helfendes Handeln.
Die 6. Bitte des Vaterunsers lautet: " W-al tevi´enu lidei nisayon!" (= Und nicht bring uns zur Versuchung!). Das Verb 'tevi' geht auf Aramäisch/Hebräisch 'havé' zurück und bedeutet im Aramäischen nur 'bringen', im Hebräischen auch 'kommen lassen'. Die 6. Vaterunser-Bitte lautet also im Aramäischen eindeutig "Bring uns nicht in Versuchung!" oder auf Hebräisch "Lass uns nicht in Versuchung geraten!", aber nicht "Rette uns aus der Versuchung!", wie Schwarz meint.
Die Figur des Judas diente in der Kirchengeschichte tatsächlich oft zur Rechtfertigung des Judenhasses. Aber das Vatikanum II (1962-1965) hatte sich schon lange vor Franz Alt vom Judenhass distanziert. Verständlich ist natürlich, dass er als Journalist seine Thesen reißerisch darstellen muss. Wissenschaftlich erwiesen ist freilich vieles nicht. Und darüber sollte sic