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Politisches Unbehagen ist aktueller Ausgangspunk der Diskussionen in diesem Band, denn der Rechtspopulismus als eine politisch-kritische Bewegung weitet sind offensichtlich global zunehmend aus. Einige prägnante Beispiele sind die politischen Erfolge des nationalistisch geprägten Rechtspopulismus auf Regierungsebene; z.B. in Brasilien, in Italien, in Österreich, in Polen, in der Ukraine, in Ungarn, in Tschechien und erst recht in den USA. Darüber hinaus haben sich in Frankreich, in Deutschland, in den Niederlanden und in Schweden sowie im Vereinigten Königreich für die rechtspopulistischen…mehr

Produktbeschreibung
Politisches Unbehagen ist aktueller Ausgangspunk der Diskussionen in diesem Band, denn der Rechtspopulismus als eine politisch-kritische Bewegung weitet sind offensichtlich global zunehmend aus. Einige prägnante Beispiele sind die politischen Erfolge des nationalistisch geprägten Rechtspopulismus auf Regierungsebene; z.B. in Brasilien, in Italien, in Österreich, in Polen, in der Ukraine, in Ungarn, in Tschechien und erst recht in den USA. Darüber hinaus haben sich in Frankreich, in Deutschland, in den Niederlanden und in Schweden sowie im Vereinigten Königreich für die rechtspopulistischen Parteien bei den Wahlen erhebliche Steigerungen ihre Unterstützung ergeben. Zwar artikuliert sich der Rechtspopulismus als politische Bewegung in den verschiedenen Staaten unterschiedlich, aber es gibt zwei übergreifende und miteinander verbundene Kernthemen. Erstens verlangen alle rechtspopulistischen Bewegungen eine durchgreifende Umgestaltung der bestehenden demokratisch-[neo-]liberalen politischen Landschaft, und zweitens lehnen sie unter anderem bisherige westlich-liberale Werte wie Menschenwürde (Süddeutsche Zeitung 2017), Gedankenfreiheit, Gleichheit (Galston 2018), Nichtdiskriminierung anderer Staatsangehöriger (Hildebrand 2017), sowie politische und kulturelle Toleranz als Grundwerte ab und etablieren sich „nationalistisch-grenzziehend“ gegen die neoliberalen Werte des freien Marktes und bestreiten die Existenz von Tendenzen zur Globalisierung (Jakupec 2017). Sowohl das liberale Denken, als auch die neoliberalen Werte werden demgemäß von den rechtspopulistischen Bewegungen bedrängt und im Prinzip sogar zentral bedroht. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass sich der Niedergang der liberalen Werte auf die Bildung auswirkt und zukunftsprägend andere gegenläufige Orientierungen initiiert. Die bedeutsamen neoliberalen Werte, die zum Aufstieg des Homo economicus führten (vgl. Jakupec; Muszynski in diesem Band) werden vor allem von rechtspopulistischen Bewegungen konterkariert. Mit ihren revoltierenden Stimmungen in Bezug auf den Einfluss der Globalisierung, auf die angebliche Dominanz des konventionellen Establishments und mit den sich daraus ergebenden – zunächst nur verbalen – Angriffen auf die sogenannten neoliberale Eliten ergeben sich kritische gesellschaftliche Konstellationen. Die rechtspopulistische Feindseligkeit gegenüber den neoliberalen Eliten bezieht sich auf deren Entscheidungsmacht, und insbesondere auf die Macht, prägende Werte zu formulieren und durchzusetzen, die von der Bevölkerung und den Institutionen zu akzeptieren sind. Die angestrebten negativen Stimmungen finden vor allem innerhalb der unteren und mittleren sozioökonomischen Bevölkerungsschichten Resonanz, die in unterschiedlicher Weise durch Entscheidungen der neoliberalen Eliten hinsichtlich Beschäftigung, Vermögensverteilung, Sozialdienstleistungen und Bildung betroffen sind. Eine wesentliche Folge dieses Antagonismus gegenüber der „Vorherrschaft der neoliberalen Eliten“ und des „Establishments“ ist die beobachtbare Tendenz, dass sich aus den desillusionierten Schichten der Bevölkerung eine Hinwendung zum Rechtspopulismus mit nationalistischen Bestrebungen ergibt. Das führt oft zu einem Ziel, eine nationalistische Regierung (wieder-)herzustellen, die stark auf einer rechtspopulistischen politischen Agenda basiert. Nicht selten sind derartige rechtspopulistische Regierungen durch autokratische Kräfte mit „populistischen Führer-Persönlichkeiten“ gekennzeichnet, die sich dann nicht auf die Strukturen des politischen Gemeinwesens des Rechtstaates (polity) beziehen, sondern die den „volonté générale“ (den Willen des Volkes) als ihre politischen Leitlinien heranziehen. Um der weiteren Ausbreitung des Rechtspopulismus begegnen zu können, spielt die Bildung eine zentrale Rolle. Pädagogische Forschung und Ausbildung mit Einfluss auf Schulen und Hochschulen sowie auf freie Bildungsträger sind gut geeignet, um zukunftsorientiert die nachwachsenden jungen Generationen fit zu machen gegen ideologische Verirrungen. Angesichts des Aufstiegs des Rechtspopulismus in westlichen Demokratien als angeleitete Gegenbewegung zum vorherrschenden Neoliberalismus könnte Bildung eine bedeutende Rolle bei der Stabilisierung einer gesellschaftspolitischen erwünschten Agenda spielen. Welche philosophische Einstellung (school of thought) man auch annimmt, immer ist die Vermittlung der sozialen, kulturellen, politischen und ökomischen Werte durch den Bildungssektor unabdingbar. Über ihn wird die zukünftige Entwicklung gestaltet. Es gibt dazu mindestens vier Optionen. Bildung könnte: (i) den Rechtspopulismus nutzen, um die ungezügelte Macht des Neoliberalismus zu begrenzen (vgl. Makuwira in diesem Band); (ii) dazu beitragen die neoliberale sozioökonomische Weltanschauung und politische Agenda aufrechtzuerhalten, indem sie neoliberale Werte intensiviert; (iii) rechtspopulistischen Bewegungen unterstützen und es ermöglichen, deren soziale und gesellschaftlichen Ziele zu erreichen; (iv) die Gesellschaft zu einem liberalen, humanistischen oder anderen Wertesystem führen, indem sie sowohl neoliberale, als auch rechtspopulistische Werte ablehnt (vgl. Busch in diesem Band). Damit ergibt sich, dass Bildung ein Katalysator für die soziale, kulturelle, politische und ökonomische Beteiligung der zukünftigen Generationen entweder im Sinne der etablierten gesellschaftlichen Werte oder im Sinne eines neuen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Wertsystems den „status quo“ ersetzen kann. Zweckbestimmt folgt eine umstrittene Frage: Soll Bildung die Gesellschaft oder die Gesellschaft die Bildung verändern? Die Positionen der Autoren dieses Buches sind different und differenziert. Sie neigen zu der Schlussfolgerung, dass die Bildung, unter Bezugnahme auf freiheitliche Werte, die Aufgabe übernehmen sollte, die Gesellschaft vor Fehlentwicklungen zu schützen, damit diese nicht schutzlos den Werten des Rechtspopulismus und/oder dem Neoliberalismus ausgesetzt ist. Heute erleben wir in vielen westlichen Demokratien ein Phänomen der Vorherrschaft des Neoliberalismus und der neoliberalen Werte. Im Bildungssektor führte dies zur Kommodifizierung des Wissens, zu institutioneller Instrumentalisierung des Wissensnutzens und zur neoliberalen Ökonomisierung der Bildungseinrichtungen. Ähnliches kann zum Glück (noch) nicht über den Rechtpopulismus gesagt werden. Die Werte des Rechtspopulismus wurden (noch) nicht als Inhalte in das Bildungswesen eingebettet. Aus diesen Gründen spielt die Bildungsforschung eine wichtige Rolle, indem sie die rechtpopulistischen Werte, Erfahrungen, Zwänge und Schwierigkeiten innerhalb des Bildungssektors erfasst und kritisch aufgreift. Als Reaktion auf den Rechtspopulismus können Bildungsforscher und -praktiker die Stimmungen derjenigen aufnehmen, die sich entrechtet und vergessen fühlen, damit deren Ansichten auch im Bildungsdiskurs vertreten sind und adäquat verarbeitet werden können. Ziel dieser Publikation ist es, Positionen für das Forschungsthema ‚Einfluss des Rechtspopulismus auf Bildung‘ kritisch darzustellen, da dieser Einfluss nicht nur an Bedeutung stetig steigt, sondern auch theoretisch im kontemporären Zeitgeist überaus anregend und herausfordernd ist. Die Beiträge erfassen ein weitgreifendes Forschungsthema, das sich der Analyse hochinteressanter und politisch wichtiger Fragen und Problemen annimmt. Dieses Forschungsthema, befindet sich im Spannungsfeld zwischen Bildung, Politik, Schule und Gesellschaft auf lokaler, nationaler, regionaler, internationaler und globaler Ebene und wirkt als wissenschaftliche und bildungspolitische Herausforderungen unserer Zeit. Von diesem Hintergrund erstellen die Beiträge eine zeitnahe, kritische und zum Nachdenken anregende Analyse der Auswirkungen des Populismus auf die aktuellen Herausforderungen an das Bildungswesen. Der Begriff „Bildung“ kann in westlichen Demokratien aus politischer, sozialer, philosophischer, historischer, politisch-ökonomischer und kultureller Perspektive zur Diskussion gestellt werden. Aus dieser Perspektive ist dieser Band im Wesentlichen eine Fortsetzung des Diskurses, der unter dem Titel: Unser Bildungsverständnis im Wandel[1]bereits in dieser Reihe veröffentlicht wurde. Die Erweiterung der Diskussion in den hier vorliegenden Beiträgen geht von dem Ausgangspunkt aus, dass zwei komplexe Hauptkonzepte die Grundlage für die Diskussion bilden sollten, nämlich „Bildung“ und „Rechtspopulismus“. Was den Rechtspopulismus betrifft, so soll identifiziert werden, wie die einschlägige Literatur unter anderem die Herausforderungen des Populismus auf das Bildungswesen zur Diskussion stellt. Als Gegner des Neoliberalismus und als indirekter Befürworter illiberaler Demokratie und des Nativismus sind spezifische Inhalts- und Gestaltungsmerkmale zu erkennen und zu benennen. Die Beiträge zielen also darauf, die derzeit vorherrschenden Bildungsparadigmen kritisch zu analysieren, die sich auf historische und zeitgenössische Präzedenzfälle der Bildung stützen. Die Darlegungen sollen diese Konzepte auf systemischer und philosophischer Ebene prüfen und nach deren Zielsetzungen und Entwicklungsrichtungen fragen und diese Kriterien offenlegen und bewerten. Die übergreifenden Feststellungen der Beiträge in diesem Band orientieren sich an folgender Fragestellung: Welchen tatsächlichen oder potenziellen Einfluss hat der Rechtspopulismus auf die Bildungspolitik in den westlichen liberalen Staaten und welche Auswirkungen könnte dies jetzt und in Zukunft haben? Diese Aspekte wurden in den verschiedenen Kapiteln dieses Bandes beantwortet, die eine breite Palette von Standpunkten darstellen – jeweils unter Beachtung politischer, sozialer, historischer, kultureller, ökonomischer und anderer Perspektiven. Unabhängig vom Standpunkt der Autorinnen und Autoren zu dieser Frage wäre es bis vor kurzem fast eine rein akademische Übung gewesen, denn das Bildungswesen in den westlichen Demokratien ist in der Praxis zum Großteil in der fast ausschließlich in der neoliberalen Ideologie verwurzelt. Die jüngsten politischen Entwicklungen – nämlich der Aufstieg des Rechtspopulismus in den verschiedenen Teilen der westlichen Welt – haben die Bildung und das Bildungswesen jedoch plötzlich wieder zu einem praktischen und authentischen Thema gemacht, das von den Bildungswissenschaften und der Bildungspolitik divergent zur Diskussion gestellt werden kann und muss. Das entscheidende Problem ist, dass weder das Konzept „Bildung“, noch der Begriff „Rechtspopulismus“ einfach abstrahiert oder theoretisiert werden können – weder in ihrem jeweiligen kontemporären Zeitgeist, noch aus einer zeitweiligen Historizität. Das Verständnis von Bildung und seiner Entwicklung hat sich über Jahrhunderte historisch verändert. Die Diskussionen über Bildung in all ihren Formen sind ein dynamischer Prozess. Im weitesten Sinne und im Laufe der Geschichte wurde Bildung als politisches, soziales, kulturelles oder wirtschaftliches Konstrukt identifiziert. Und in diesem Zusammenhang sehen wir uns mit weiteren Komplexitäten konfrontiert, denn es gibt auch querschnittsübergreifende Konstrukte, die zu sozio-politischen, sozio-ökonomischen und anderen erkenntnistheoretischen Kombinationen führen. Diese können als Katalysatoren für Theoreme zur Aktualisierung der Bildungskonzepte und der Bildungsfunktionalität angesehen werden. Darüber hinaus haben die Autorinnen und Autoren dieses Bandes die Bildung operativ unter anderem in einen disziplinspezifischen Kontext eingeordnet (vgl. Luft; Busch in diesem Band), in einen Lernkontext (vgl. Loxley; in diesem Band) oder in einen systemorientierten Kontext (vgl. Jakupec; Plickat; Zöllner in diesem Band) zur Diskussion gestellt. So lässt die Diskussion weitreichende Standpunkte und erkenntnistheoretische Konnotationen in den Vordergrund treten. In den Beiträgen werden eindeutig Stimmungen eines politischen, sozialen, kulturellen und ökonomischen Unbehagens mit dem Rechtpopulismus sowie dem status quo in Form des Neoliberalismus deutlich. Die hier vorliegende internationale Sammlung unterschiedlicher „Weltanschauungen“ in Bezug auf Bildung und auf die Verbreitung des Rechtspopulismus umfasst Beiträge aus Australien, Deutschland, Malawi und den USA. Diese Darstellungen stellen ein breites Spektrum politischer, methodischer und erkenntnistheoretische Abhandlungen über die Auswirkungen des Rechtspopulismus auf „Bildung“ als Disziplin, Theorie und Praxis zur Diskussion. Alle Autorinnen und Autoren schreiben in ihrer Muttersprache entweder in Englisch oder Deutsch. Nur der Beitrag von Viktor Jakupec erscheint in seiner Muttersprache Deutsch und seiner Arbeitssprache Englisch.