Seit Jahrzehnten beschäftigt die Wirtschaftsstrafrechtspraxis die Frage nach der strafprozessualen Entbindungsberechtigung des § 53 Abs. 2 S. 1 StPO, wenn eine juristische Person von einem Berufsgeheimnisträger (Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwalt) beraten wurde und im Laufe der Zeit ein Personenwechsel innerhalb der Leitungsorgane des Unternehmens stattfand. Eine ähnliche, in Zeiten der Nachwehen der globalen Wirtschaftskrise fast noch häufiger vorkommende Konstellation ist die, dass für das Unternehmen ein Insolvenzverwalter bestellt wird. In beiden Fällen herrscht seit jeher Streit darüber, wer in einem Ermittlungs- bzw. gerichtlichen Verfahren gegen die (ehemaligen) Repräsentanten des Unternehmens den Berufsgeheimnisträger von dessen Schweige"pflicht" entbinden darf. Gerade der Berufsgeheimnisträger steht in solchen Fällen vor einem Dilemma, da er regelmäßig nicht weiß, ob nun eine Aussagepflicht besteht und was genau er preisgeben muss bzw. darf. Bei einer Aussage ohne ausreichende Entbindungserklärungen drohen strafrechtliche sowie berufsrechtliche Konsequenzen. Verweigert der Berufsgeheimnisträger die Aussage zu Unrecht, muss er mit der Verhängung von Ordnungsmitteln rechnen. Ein nicht gerade befriedigendes Ergebnis. Die Arbeit stellt zunächst die in diesem Zusammenhang vertretenen Ansichten vor und beginnt dann eine dogmatische und gleichzeitig praxisnahe Aufarbeitung der Thematik unter besondere Berücksichtigung der durch das Zeugnisverweigerungsrecht der Berufsgeheimnisträger nach § 53 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 StPO geschützten Interessen. Herausgearbeitet wird dabei vor allem auch die Tatsache, dass bei der Beratung juristischer Personen ein Drei-Personen-Verhältnis vorliegt, was Schlussfolgerungen für die Entbindungsberechtigung zulässt. Der entwickelte Lösungsweg mündet in einen Formulierungsvorschlag einer Gesetzesneufassung in diesem Punkt und gibt abschließend Handlungsempfehlungen an alle beteiligten Personengruppen, insbesondere für die Berufsgeheimnisträger selbst, deren Berufskammern und die Strafverfolgungsorgane, wie die Praxis mit dieser Problemstellung umgehen sollte.