Wer sind denn die? Vier Gestalten mit Lackstiefeletten, Ringen und Ketten, schwer zu verstehen - nie hier gesehen. Haare wie Gras, Anzug nach Maß, Fell im Gesicht - kennen wir nicht. Während die Einheimischen noch grübeln, packen die Fremden ihre Koffer aus, bauen merkwürdiges Zeug zusammen und plötzlich ist klar: Die niemand hier kennt, das ist eine Band! Schiefe Töne, Tempo vertrackt, keiner im Takt, Text ohne Sinn - alle wollen hin! Klare Botschaft an jede Band, die (noch) keiner kennt: Einfach loslegen und Spaß haben mit denen, die man trifft!
"Kinder und Kindsköpfe in unserem Alter werden ihren Spaß daran haben." Fridtjof Küchemann / F.A.Z. Bücher - Der Podcast
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Für Rezensentin Lena Bopp hat dieses neue Bilderbuch von Nadia Budde "das Zeug zum neuen Klassiker": In spielerischer Weise kommunizieren Bilder und Texte miteinander, es gibt viele assoziative Reime, die uns die Band vorstellen, die mit ihren Tänzen die Nacht zum Tag macht. Die Figuren sind dabei herrlich schräg, versichert Bopp, bereits das erste vorgestelllte Wesen macht Lust auf mehr: "Zwei gelbe Augen / Haare wie Gras / Anzug nach Mass / Fell im Gesicht". Diese Protagonisten bereiten Kindern wie Eltern Freude und sind einfach "grundsympathisch", schließt sie.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.07.2024Mit verrenktem Rüssel zum besten Tanz
Es geht los mit einer Bildaufteilung, wie wir sie aus dem berühmten "Grüffelo" kennen. Die erste Seite ist viergeteilt. Jedes Viertel zeigt aus nächster Nähe ein besonderes äußerliches Merkmal des hier vorgestellten Wesens: "Zwei gelbe Augen / Haare wie Gras / Anzug nach Mass / Fell im Gesicht" - Was reimt sich jetzt auf Gesicht? "Kennen wir nicht!" Unverkennbar assoziativ und unverblümt in Wort und Bild beginnt das neue Buch der Bilderbuchkünstlerin Nadia Budde, die in "Die Band, die keiner kennt" ein Figurenensemble aufziehen lässt, dass dem Grüffelo aus dem Kinderbuchklassiker von Julia Donaldson und Axel Scheffler an Sonderlichkeit in nichts nachsteht.
Seltsam sehen die Wesen aus, die dem Bus entsteigen, der noch vor der ersten Seite, gleichsam aus dem Off der Erzählung, in selbige rollt. Einer trägt Filzstiefeletten und graue Perücke; eine geht schleppenden Schrittes mit Koffer und Stock; beim dritten Wesen knarzt die Stimme, und die Ohren sehen aus wie aus Papier. Aber nicht nur das. Auch bringen sie unbekannte Geräte mit, die nie zuvor gehörte Töne von sich geben, eine Kakophonie ohne Sinn und Takt, aber mit ausreichend Schwung, um das Publikum in Bewegung zu versetzen. Ein Publikum, das bei genauem Hinsehen nicht weniger sonderbar aussieht als die Musiker: "Horn in der Hüfte / Huf im Gelenk / Rüssel verrenkt / Fuss auf dem Schwanz - der beste Tanz!" Auch kleine Monster wie die bei Nadia Budde wissen, was eine gute Party ist. Und sie lernen, dass man nach durchtanzter Nacht vielleicht müde, aber mit dem schönen Gefühl beschenkt ist, etwas Besonderes erlebt zu haben.
Verbunden mit dem freundlichen Lächeln, das Tänzer ebenso wie Musiker stets auf den Lippen tragen, ist es diese allzu menschliche Fähigkeit, das besonders Schöne als besonders schön auch zu erkennen, die die Figuren von Nadia Budde selbst für kleinste Kinder nahbar macht. Begeisterung ist alterslos. Dass sie sich in einer Erfahrungswelt offenbart, die eigentlich Erwachsenen vorbehalten ist, weil Kinder nun mal selten die Nacht durchtanzen, mindert ihre ansteckende Wirkung nicht. Im Gegenteil bringt dieser Bruch mit den Konventionen eine feine Ironie ins Geschehen, die auch Kindern erfahrbar machen dürfte, dass sich jenseits der reinen Handlung zuweilen weitere Dimensionen auftun. In dieser scheinbar einfachen, im Bilderbuch aber seltenen Erzählkonstruktion liegt ein Witz des Werkes.
Das Buch ist, wie häufig bei der 1967 geborenen Nadia Budde, eine eigensinnige Mischung aus Gedicht, Comic und Geschichte. Buddes Reime und Lautmalereien wirken zuweilen wie Zufallsprodukte (allein der Titel: "Die Band, die keiner kennt"). Wobei kaum zu übersehen ist, wie rhythmisch (selbst im Offbeat) und fein abgestimmt sie nicht nur aufeinanderfolgen, sondern auch in Beziehung zu den Bildern stehen. Letztere illustrieren den Text, aber sie führen eben auch ein heiteres Eigenleben, das die Geschichte nach eigenem Recht fort erzählt. Nadia Budde hat ihre Freude an dieser - von ihr selbst einmal als "Wort-Bild-Spielerei" bezeichneten - Arbeitsweise auf den Unterricht bei Nanne Meyer, einer frühen Lehrerin an der Kunstschule in Weißensee, zurückgeführt. Text und Zeichnungen sind getrennt voneinander nicht zu erzählen.
Nicht zufällig erinnert der Aufbau des Buches daher an "Eins, zwei, drei, Tier", Buddes erstes Werk, mit dem die 1999 noch unbekannte Autorin prompt den Deutschen Jugendliteraturpreis gewann. Seither hat sie eine Reihe weiterer Bilderbücher geschaffen, die der seit damals bewährten Gliederung folgen. Auch in "Die Band, die keiner kennt" entwickelt sich die Geschichte aus einer parodistisch anmutenden Parade von Figuren, die wiedererkennbar gegen den schönen Strich gezeichnet sind - mit schwarzem Pinsel umrandet, sind Buddes Figuren wieder unförmig, pickelig, bebrillt, mit großen Ohren und langen Nasen. Sie unterlaufen jedes Klischee des Gutaussehens, wirken dabei aber grundsympathisch und überhaupt nicht mehr sonderbar. Sie erkennen sofort, wenn ihnen jemand gegenübertritt, der ihrer würdig ist. Und so wird ein feiner (Tanz-)Schuh daraus. LENA BOPP
Nadia Budde: "Die Band, die keiner kennt".
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2024. 32 S., geb., 16,- Euro. Ab 3 J.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.
Es geht los mit einer Bildaufteilung, wie wir sie aus dem berühmten "Grüffelo" kennen. Die erste Seite ist viergeteilt. Jedes Viertel zeigt aus nächster Nähe ein besonderes äußerliches Merkmal des hier vorgestellten Wesens: "Zwei gelbe Augen / Haare wie Gras / Anzug nach Mass / Fell im Gesicht" - Was reimt sich jetzt auf Gesicht? "Kennen wir nicht!" Unverkennbar assoziativ und unverblümt in Wort und Bild beginnt das neue Buch der Bilderbuchkünstlerin Nadia Budde, die in "Die Band, die keiner kennt" ein Figurenensemble aufziehen lässt, dass dem Grüffelo aus dem Kinderbuchklassiker von Julia Donaldson und Axel Scheffler an Sonderlichkeit in nichts nachsteht.
Seltsam sehen die Wesen aus, die dem Bus entsteigen, der noch vor der ersten Seite, gleichsam aus dem Off der Erzählung, in selbige rollt. Einer trägt Filzstiefeletten und graue Perücke; eine geht schleppenden Schrittes mit Koffer und Stock; beim dritten Wesen knarzt die Stimme, und die Ohren sehen aus wie aus Papier. Aber nicht nur das. Auch bringen sie unbekannte Geräte mit, die nie zuvor gehörte Töne von sich geben, eine Kakophonie ohne Sinn und Takt, aber mit ausreichend Schwung, um das Publikum in Bewegung zu versetzen. Ein Publikum, das bei genauem Hinsehen nicht weniger sonderbar aussieht als die Musiker: "Horn in der Hüfte / Huf im Gelenk / Rüssel verrenkt / Fuss auf dem Schwanz - der beste Tanz!" Auch kleine Monster wie die bei Nadia Budde wissen, was eine gute Party ist. Und sie lernen, dass man nach durchtanzter Nacht vielleicht müde, aber mit dem schönen Gefühl beschenkt ist, etwas Besonderes erlebt zu haben.
Verbunden mit dem freundlichen Lächeln, das Tänzer ebenso wie Musiker stets auf den Lippen tragen, ist es diese allzu menschliche Fähigkeit, das besonders Schöne als besonders schön auch zu erkennen, die die Figuren von Nadia Budde selbst für kleinste Kinder nahbar macht. Begeisterung ist alterslos. Dass sie sich in einer Erfahrungswelt offenbart, die eigentlich Erwachsenen vorbehalten ist, weil Kinder nun mal selten die Nacht durchtanzen, mindert ihre ansteckende Wirkung nicht. Im Gegenteil bringt dieser Bruch mit den Konventionen eine feine Ironie ins Geschehen, die auch Kindern erfahrbar machen dürfte, dass sich jenseits der reinen Handlung zuweilen weitere Dimensionen auftun. In dieser scheinbar einfachen, im Bilderbuch aber seltenen Erzählkonstruktion liegt ein Witz des Werkes.
Das Buch ist, wie häufig bei der 1967 geborenen Nadia Budde, eine eigensinnige Mischung aus Gedicht, Comic und Geschichte. Buddes Reime und Lautmalereien wirken zuweilen wie Zufallsprodukte (allein der Titel: "Die Band, die keiner kennt"). Wobei kaum zu übersehen ist, wie rhythmisch (selbst im Offbeat) und fein abgestimmt sie nicht nur aufeinanderfolgen, sondern auch in Beziehung zu den Bildern stehen. Letztere illustrieren den Text, aber sie führen eben auch ein heiteres Eigenleben, das die Geschichte nach eigenem Recht fort erzählt. Nadia Budde hat ihre Freude an dieser - von ihr selbst einmal als "Wort-Bild-Spielerei" bezeichneten - Arbeitsweise auf den Unterricht bei Nanne Meyer, einer frühen Lehrerin an der Kunstschule in Weißensee, zurückgeführt. Text und Zeichnungen sind getrennt voneinander nicht zu erzählen.
Nicht zufällig erinnert der Aufbau des Buches daher an "Eins, zwei, drei, Tier", Buddes erstes Werk, mit dem die 1999 noch unbekannte Autorin prompt den Deutschen Jugendliteraturpreis gewann. Seither hat sie eine Reihe weiterer Bilderbücher geschaffen, die der seit damals bewährten Gliederung folgen. Auch in "Die Band, die keiner kennt" entwickelt sich die Geschichte aus einer parodistisch anmutenden Parade von Figuren, die wiedererkennbar gegen den schönen Strich gezeichnet sind - mit schwarzem Pinsel umrandet, sind Buddes Figuren wieder unförmig, pickelig, bebrillt, mit großen Ohren und langen Nasen. Sie unterlaufen jedes Klischee des Gutaussehens, wirken dabei aber grundsympathisch und überhaupt nicht mehr sonderbar. Sie erkennen sofort, wenn ihnen jemand gegenübertritt, der ihrer würdig ist. Und so wird ein feiner (Tanz-)Schuh daraus. LENA BOPP
Nadia Budde: "Die Band, die keiner kennt".
Peter Hammer Verlag, Wuppertal 2024. 32 S., geb., 16,- Euro. Ab 3 J.
Alle Rechte vorbehalten. © Frankfurter Allgemeine Zeitung GmbH, Frankfurt am Main.