Marktplatzangebote
Ein Angebot für € 14,00 €
  • Gebundenes Buch

Es ist die Zeit zwischen den Kriegen im Dorf Barbagia, im Herzen Sardiniens, wo Blutrache herrscht und Teufelsaustreibungen praktiziert werden. Mintonia ist noch ein halbes Kind, als sie sich in den jungen Schafhirten Micheddu verliebt. Eine Liebe, die sich über alle Hindernisse hinwegsetzt: den Widerstand der Eltern, Micheddus uneheliches Kind und seine Flucht vor der faschistischen Obrigkeit. Als der Geliebte von einem Brigadier bestialisch ermordet wird, schmiedet die barfüßige Witwe als Liebesbeweis einen grausamen Racheplan. Der Schriftsteller aus Italien beschreibt sprachgewaltig die von Aberglauben und Märchen geprägte Welt Sardiniens.…mehr

Produktbeschreibung
Es ist die Zeit zwischen den Kriegen im Dorf Barbagia, im Herzen Sardiniens, wo Blutrache herrscht und Teufelsaustreibungen praktiziert werden. Mintonia ist noch ein halbes Kind, als sie sich in den jungen Schafhirten Micheddu verliebt. Eine Liebe, die sich über alle Hindernisse hinwegsetzt: den Widerstand der Eltern, Micheddus uneheliches Kind und seine Flucht vor der faschistischen Obrigkeit. Als der Geliebte von einem Brigadier bestialisch ermordet wird, schmiedet die barfüßige Witwe als Liebesbeweis einen grausamen Racheplan. Der Schriftsteller aus Italien beschreibt sprachgewaltig die von Aberglauben und Märchen geprägte Welt Sardiniens.
Autorenporträt
Andreas Löhrer, geboren 1956 in Mannheim, Romanist und Historiker, übersetzt seit zwanzig Jahren aus dem Italienischen, Spanischen und Französischen.

Salvatore Niffoi, geboren 1950 in Orani, Sardinien, wo er heute lebt. Sein erster Roman erschien 1997 in einem kleinen sardischen Verlag. Mit Die Legende von Redenta Tiria, 2005 publiziert vom Mailänder Verlag Adelphi, wurde er einem großen Publikum bekannt und als Entdeckung gefeiert. Die deutsche Übersetzung erschien 2007 im Zsolnay Verlag. 2006 erhielt er für seinen Roman, Die barfüßige Witwe, den Premio Campiello. Er stand in Italien monatelang auf der Bestsellerliste.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.04.2011

Hier werden die Verfehlungen immer mit Zinsen zurückgezahlt
Das Sardinien, von dem Salvatore Niffoi in seinem neuen historischen Roman erzählt, hat mit unserer Urlaubsinsel nichts zu tun. Es ist eine schwarze Welt voller Schund und Schorf
„Kleines Volk mit großem Herzen“, „Traumstrände und wilde Feste“, „Badeparadies mit lebendiger Traditionen“ – die Annäherung an Sardinien lebt zumeist von Touristenprosa und Naturlyrik. Wasser, Sonne, Strand, Korkeichen, Rotwein, Ziegen, alles leicht verdaulich. Das Sardinien von Salvatore Niffoi liegt schwer im Magen, es ist düster, böse, gallig. Seine Insel ergibt sich dem Blutrausch und der Blutrache, hier wird geplündert und gemordet, viel verführt und selten vergeben. „Bei uns werden Verfehlungen immer mit Zinsen zurückgezahlt“, heißt es gleich zu Anfang, „und ein grundlos Ermordeter zieht immer andere nach sich, kaum dass man wieder zu sich gekommen und das But getrocknet ist, und bumm, verrecke, Miststück, Du hast es so gewollt.“ Es gibt viele Versehrte und Tote in diesem Buch, und wer nicht krank oder tot ist, der wünscht anderen in der Regel nichts Gutes.
Die Insel des 1950 geborenen Sarden Salvatore Niffoi, der heute noch in seiner Heimat lebt, riecht nicht nach Sonnenöl und nicht nach Olivenöl, sie stinkt nach feuchter Lammwolle, ranzigem Fett und ungewaschenen Kleidern, nach Maulfäule und schimmeligem Brot. In Niffois Sardinien erklingen keine Glocken, hier klappern keine Eselshufe, stattdessen ist Weinen zu hören und Wehklagen, denn in jener Zwischenkriegszeit, in welcher „Die barfüßige Witwe“ spielt, mischen sich die Menschverachtung des Mittelalters und das Herrenmenschendenken der Neuzeit.
Tacule und Laranei heißen die Dörfer, zwischen denen sich die arme Mintonia hin und herbewegt. Sie verliebt sich, noch blutjung, in den Hirtenjungen Micheddu, an den sie ihre Unschuld verliert und ihr Herz. Micheddu aber ist, wie viele in der Gegend, Bandit, er stiehlt von den Grundbesitzern und legt sich mit der Obrigkeit an, er schwängert die rundhüftige Gattin des Brigadiers ebenso wie Mintonia. Die liebt und verteidigt ihren Micheddu, weil er ein Rebell ist und sich von den Faschisten nichts sagen lässt, doch zugleich hasst sie ihn, weil er ein Nichtsnutz ist und ein Weiberheld. Micheddu wird – so beginnt der Roman, eines Tages „abgeschlachtet wie ein Schwein“, und Mintonia nimmt, so endet das Buch, Rache für den Tod ihres untreuen Mannes.
Was, so knapp zusammengefasst, klingen mag wie eine melodramatische, wenngleich eindringliche Geschichte aus einer schwarzen Welt, geht allerdings in Niffois wilden, überbordenden Wortkaskaden unter wie ein Schweineherz in einem Bottich voller Blut. Der Verlag nennt das „sinnlich und sprachgewaltig“, aber vor lauter Lokalkolorit und ständig wechselndem Personal findet man bisweilen den Plot nicht mehr. In dieser Welt voller Gebrechen und Flüche, voller Schund und Schorf, in der Lippen „bluthaltig sind wie Hämorrhoiden“ und das Rückgrat bei Sex „zuckt wie ein frisch geschlachteter Aal“, verliert man schon mal die Übersicht zwischen all den schauerlichen Metaphern.
Der Autor will mit seiner mal barocken, mal ordinären, mal pathetischen, aber immer drastischen Erzählweise, die von Andreas Löhner kunstvoll, aber bisweilen gedrechselt übersetzt wird, Volks- und Erdnähe beweisen. Denn in diesem – historischen – Sardinien, das er beschreibt, „genügt ein Nichts, um ins Jenseits befördert zu werden. Ein Glas Wein zuviel, ein böser Blick, eine Verschiebung des Weidezauns, eine gestohlene Herde, eine schwangere Frau, und bumms, das Spiel ist aus“, erzählt Mintonia. „Wir sind merkwürdige Menschen in einem merkwürdigen Land. Die vom Festland verstehen uns nicht, sie fressen nicht den lieben langen Tag Gerstenbrot und Wut in sich hinein. Die Küstenbewohner sind noch schlimmer, sie lassen sich von der Sonne rösten, uns betrachten sie als Hinterwäldler, als verdammte Hirten und Raufbolde.“ Hungrig und bitter sind die Menschen, die diesen schwer erträglichen Text bevölkern – schwer erträglich, weil Niffoi die Seiten mit Monstern bevölkert, die nie gelernt haben, was Mitmenschlichkeit ist oder wie sich Lebensfreude anfühlt. Sie sind mit dem Überleben beschäftigt, weil selten genug Nahrung da ist und wenig Hoffnung auf bessere Zeiten, und so wird geflucht und gespuckt, geschlagen und gedroht, denn nur wer kämpft, wer sich wehrt, der hat eine Chance. Unter den Bauern und Ziegenhirten, Analphabeten und Banditen, die das raue Hinterland der Insel seit Jahrhunderten bevölkern und denen Niffoi hier ein historisierendes, drastisch modelliertes Denkmal setzt, gibt es kein Feingefühl und keine Rücksicht, dafür viel Grausamkeit und Häme. Und am Ende überlegt sich wohl jeder, der schon eine Schiffspassage bei Sardinia Ferries für die Sommerferien gebucht hat, auch heute noch, ob er wohl heil herauskommt aus dieser Hölle, wenn er die Strände und die Touristendörfer mal für eine Tour ins Landesinnere verlässt. CATHRIN KAHLWEIT
SALVATORE NIFFOI: Die barfüßige Witwe. Roman. Zsolnay Verlag, Wien 2011. 200 Seiten, 18,90 Euro.
Die Eindringlichkeit der
Geschichte geht leider in wilden
Wortkaskaden unter
Hungrig und bitter sind die Menschen, die Salvatore Niffois Sardinien bevölkern, das raue Hinterland der Insel. Foto: Bruno Barbey / Magnum Photos / Agentur Focus
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über www.sz-content.de
…mehr

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 02.11.2012

Bildet euch!
Salvatore Niffois Roman "Die barfüßige Witwe"

Selten sind die heilen Vorstellungen vom Leben auf dem Lande so bestialisch zerstört worden wie in Salvatore Niffois Roman "Die barfüßige Witwe". Im Grunde war bereits seit der Erfindung Arkadiens klar, dass sie nur Wunschbilder zivilisationsmüder Städter sind. Wer sie also abermals so malträtiert, muss mehr im Sinn haben als nur Desillusionierung.

Davon zeugt bereits die Anlage der Handlung. Sie beginnt mit einer barbarischen Bluttat: "An einem Junimorgen brachten sie ihn . . ., abgeschlachtet und mit Axthieben zerlegt wie ein Schwein." Und das Buch schließt spiegelbildlich: "Man hörte nur die Axthiebe, die ihn in Stücke hackten . . . Babbu Grisone schlug ihm mit einem Beil den Kopf ab." Ein Teufelskreis hat sich geschlossen.

Inszeniert wird er im Hinterhof Sardiniens. Dort erscheinen das Leben und Zusammenleben jahrhundertealt, als Fallstudie dient der Lebenslauf der Mintonia S. Früh zeigt sich, dass in diesem Mädchen ein Ungeist wohnt - verglichen mit ihrer Umgebung, die im bloßen Überleben aufgeht: Sie lernt von sich aus lesen und schreiben. Als Kind ihres Milieus nimmt sie jedoch gleichzeitig die elementaren Lektionen auf, die ihr der Körper erteilt. Sinnlich, wie sie ist, bändelt sie mit Micheddu an, einem Beau, der anderen die Rippen bricht, um seiner Meinung Ausdruck zu verleihen.

Man heiratet. Doch der schöne Micheddu treibt es auch noch mit der Frau des Brigadiere. Der gehörnte Ehemann, gedeckt von der Diktatur des Duce, lastet Micheddu öffentliche Schandtaten an, einschließlich eines politischen Mordes, den er gar nicht begangen hat. Der Verfolgte geht in den Untergrund, wird, seinem Naturell gemäß, zum Rebell und endet durch die faschistischen Erfüllungsgehilfen doch so, wie das Naturgesetz der Triebnatur es vorsieht.

Die Tragödie nimmt ihren dialektischen Fortgang, weil die nun verwitwete Mintonia trotz ihrer Belesenheit von der Erdverbundenheit nicht loskommt. In einer animalischen Vollzugseinheit von Geschlechts- und Blutakt ersticht sie den Brigadiere - und wird schwanger. Hier hat offenbar etwas zu viel literarische Symmetrie über die Wahrscheinlichkeit gesiegt - wohl mit Blick auf den erfolgreichen Roman von Goliarda Sapienza "In den Himmel stürzen" (F.A.Z. vom 16. Juli 2005).

Erst dieses heillose Ende lässt offenbar werden, warum keine andere Lösung möglich war: Zwischen Leben und Tod fehlt eine verbindende Idee fürs Lebenlassen. Die beiden zuständigen Institutionen, Kirche und Staat, dienen nur ihren Dienern zur Erfüllung ihrer niederen Bedürfnisse. Der Ortsgeistliche wird ebenso umgebracht wie der Brigadiere, der Vertreter des Staates. Und dann doch, wie das Negativ eines dunklen Fotos, eine Ahnung dessen, wie es anders wäre: Mintonia sucht ihr Heil in einer doppelten "Entfernung von der Gegenwart": Auf der Überfahrt nach Argentinien schreibt sie ihre Geschichte auf. Fünfzig Jahre später schickt sie die autobiographische Beichte einer Cousine, in der Hoffnung, ihr unseliges Leben werde ein Zeichen für "Vergebung", Veränderung setzen. Ein diskretes Plädoyer für Bildung und Kultur als das Medium, das das Leben lebenswert macht.

WINFRIED WEHLE

Salvatore Niffoi: "Die barfüßige Witwe". Roman.

Aus dem Italienischen von Andreas Löhrer. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2011. 208 S., geb., 18,90 [Euro].

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension

Cathrin Kahlweit hat bei Salvatore Niffois Roman "Die barfüßige Witwe" gleich doppelt gelitten: Einmal unter der durchgehenden Schwärze des Erzählten, in dem Grausamkeit, Elend und Bösartigkeit dominieren, zum anderen an der zwischen Schwulst, Pathos und überbordender Metaphorik changierenden Erzählweise. Der sardische Autor entfaltet seine Geschichte um die arme Mintonia, die in der Zwischenkriegszeit des letzten Jahrhunderts ihren ermordeten Mann grausam rächt, in aller Drastik und sein Sardinien hat nichts mit dem beliebten Touristenparadies zu tun, stellt die Rezensentin fest. Alles in allem sind es ihr aber zuviel "Lokalkolorit", zu viele handelnde Personen und vor allem eine allzu deftige Sprache, die für sie diesen Roman schwer verdaulich machen.

© Perlentaucher Medien GmbH