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Falldarstellungen sind keine Sachtexte, auch wenn sie wie Sachtexte daherkommen. Sie sind keine Sachtexte, weil sowohl von der Autorin wie von den Kindern subjektives Erleben hinzugefügt wird. Falldarstellungen werden zu Fallgeschichten, sie sind eine Koproduktion, an der beide Seiten Anteil haben.Diese intersubjektive Sichtweise von Mauthe-Schonig entspricht einem theoretischen Ansatz von einer Psychoanalyse, die sich in den letzten hundert Jahren stark weiterentwickelt hat. Die klassische Subjekt-Objekt-Trennung hat sich grundlegend erweitert. Die Therapeutin ist keine unabhängige…mehr

Produktbeschreibung
Falldarstellungen sind keine Sachtexte, auch wenn sie wie Sachtexte daherkommen. Sie sind keine Sachtexte, weil sowohl von der Autorin wie von den Kindern subjektives Erleben hinzugefügt wird. Falldarstellungen werden zu Fallgeschichten, sie sind eine Koproduktion, an der beide Seiten Anteil haben.Diese intersubjektive Sichtweise von Mauthe-Schonig entspricht einem theoretischen Ansatz von einer Psychoanalyse, die sich in den letzten hundert Jahren stark weiterentwickelt hat. Die klassische Subjekt-Objekt-Trennung hat sich grundlegend erweitert. Die Therapeutin ist keine unabhängige Beobachterin, keine wissende Autorität. Es bedarf eines Anderen, um sich selbst zu erfahren, was nur aus der Interaktion mit einem Anderen und Fremden entstehen kann.So werden die Fallgeschichten zu Kindergeschichten und konstruierten Narrationen der Kinder- und Jugendlichen-Psychoanalytikerin Mauthe-Schonig. Ein Beispiel aus dem Buch:Als Amelie mir eines Tages ins Gesicht spuckt, weil ich ihr irgendwas verbieten musste und ich sie damit extrem verärgert habe, ist die Distanz gründlich weg, und der schöne Gleichklang, der sich in langen Stunden zuvor eingestellt hatte, ist ebenso verloren gegangen. Spucke im Gesicht, Spucke eines Anderen im Gesicht, ekliger geht es gar nicht für mich. Jetzt hat sie mich auf die Palme gebracht, jetzt hat sie, so vermute ich, in Szene gesetzt, was sie über sich selbst denkt: dass sie ein schlimmes Kind ist, das kein Mensch auf der Welt gern haben kann und niemand sie behalten will, d. h. sie überträgt eine Befürchtung, die sie aus der Tatsache herleitet, dass sie ein weggegebenes Kind ist, auf mich. Und es stimmt: Der Impuls, sie auf der Stelle rauszuschmeißen, ist da. Ich reagiere also auf diese Übertragung mit einem heftigen Gegenübertragungsgefühl, und wenn ich nicht ihre Therapeutin wäre, würde ich sie postwendend vor die Tür setzen.
Autorenporträt
Doris Mauthe-Schonig, Jg. 1941, Analytische Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeutin in eigener Praxis in Berlin, Dozentin und Supervisorin am Edith-Jacobson-Institut. Im Vorberuf Grundschullehrerin. Publikationen zu Themen des Schulanfangs, u.¿a. mit Bruno Schonig das Standardwerk Lesenlernen im Anfangsunterricht mit den Geschichten von der kleinen weißen Ente (1995), ein Erzählkonzept im Schnittbereich von Psychoanalyse und Pädagogik; in der Zeitschrift Kinderanalyse: 'Wenn Kinder in der Schule träumen' (1996), ein Versuch, aus analytischer Perspektive die pädagogisch-psychologische Situation von Schulanfängern zu reflektieren. Seit 2004 Gründung und Leitung der Arbeitsgruppe 'Psychoanalyse und Pädagogik' am Jacobson-Institut.