Willkommen in der Berater-Republik!
Deutschland hat nicht nur in jüngerer Zeit mit der Berater-Affäre um die Bundeswehr einen Skandal erlebt, der den Eindruck vermittelt, dass die Berliner Republik vor allem aus Consultants besteht. Die Politik selbst scheint nur noch wenig zu schaffen, ohne externe Fachleute zu engagieren. Über deren genaue Qualifikation weiß kaum jemand Bescheid. Sicher ist nur: Sie verdienen unfassbar viel Geld. Der Bürger fragt sich zu Recht, warum ein Minister, dem Tausende von Staatsdienern unterstellt sind, sich auch noch die millionenschwere Unterstützung externer Fachleute einkaufen muss. Wie passt das zu einer Demokratie?
Der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Deelmann ist der einzige Professor in Deutschland, der sich intensiv mit der Consulting-Landschaft in Verwaltungen befasst. Deelmann kennt die Branche genau, er arbeitet und forscht seit mehr als 20 Jahren als, für, mit und über Berater. In Die Berater-Republik beleuchtet er die Consulting-Welt aus verschiedenen Perspektiven, zeigt die Vorteile von externen Beratern auf, warnt vor der Gefahr für unsere Demokratie, wenn diese zu exzessiv genutzt werden, und diskutiert die Frage: Brauchen wir wirklich all diese Berater?
Deutschland hat nicht nur in jüngerer Zeit mit der Berater-Affäre um die Bundeswehr einen Skandal erlebt, der den Eindruck vermittelt, dass die Berliner Republik vor allem aus Consultants besteht. Die Politik selbst scheint nur noch wenig zu schaffen, ohne externe Fachleute zu engagieren. Über deren genaue Qualifikation weiß kaum jemand Bescheid. Sicher ist nur: Sie verdienen unfassbar viel Geld. Der Bürger fragt sich zu Recht, warum ein Minister, dem Tausende von Staatsdienern unterstellt sind, sich auch noch die millionenschwere Unterstützung externer Fachleute einkaufen muss. Wie passt das zu einer Demokratie?
Der Wirtschaftswissenschaftler Thomas Deelmann ist der einzige Professor in Deutschland, der sich intensiv mit der Consulting-Landschaft in Verwaltungen befasst. Deelmann kennt die Branche genau, er arbeitet und forscht seit mehr als 20 Jahren als, für, mit und über Berater. In Die Berater-Republik beleuchtet er die Consulting-Welt aus verschiedenen Perspektiven, zeigt die Vorteile von externen Beratern auf, warnt vor der Gefahr für unsere Demokratie, wenn diese zu exzessiv genutzt werden, und diskutiert die Frage: Brauchen wir wirklich all diese Berater?
Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension
Rezensent Tillmann Neuscheler liest zwei Bücher über den zunehmenden Einfluss von Unternehmensberatungen auf den Staat, die sich weniger in der Sache als in der Herangehensweise voneinander unterscheiden. Während Thomas Deelmann, der früher selbst Unternehmensberater war und heute Management an der Polizeihochschule NRW lehrt, einen abwägenden Ton anschlägt, gehe die linke Starökonomin Mariana Mazzucato in die Vollen. Beide warnen aber zu Recht, wie Neuscheler findet, vor wachsenden Abhängigkeiten und Kompetenzverlust, wenn ganze Bereiche wie etwa die IT ausgegliedert würden. Organisationen müssten lernfähig bleiben, betont Mazzucato, wie der Rezensent informiert, dass dies den Staat ebenso wie Unternehmen betrifft, macht Deelmann stark.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.05.2023Wie viele Berater der Staat verträgt
Zwei Bücher mit unterschiedlichen Antworten
Der Staat gibt immer mehr Geld für externe Berater aus. Nicht nur der Bund und seine Bundesministerien holen sich regelmäßig Hilfe von Unternehmensberatern, auch die Länder, Gemeinden und Stadtwerke kaufen in größerem Stil den Rat von Dritten ein. Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) geben alle Kunden aus dem öffentlichen Sektor in Deutschland gemeinsam jährlich grob 4 Milliarden Euro für Berater aus. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich der Umsatz der Berater mit der öffentlichen Hand etwa verdoppelt, wie auch schon in dem Jahrzehnt davor. Für negative Schlagzeilen haben vor allem die Beraterausgaben im Verteidigungsministerium in der Ära Ursula von der Leyens gesorgt, sogar ein Untersuchungsausschuss des Bundestages hat sich damit monatelang befasst.
Zwei neue Bücher haben sich die Beraterausgaben des Staates jetzt genauer vorgeknöpft. Wie kommt es zu dem Anstieg? Und wie ist er zu bewerten? Die beiden Bücher kommen zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. Das erste Buch trägt den Titel "Die große Consulting-Show: Wie die Beraterbranche unsere Unternehmen schwächt, den Staat unterwandert und die Wirtschaft vereinnahmt". Geschrieben wurde es von der linken Starökonomin Mariana Mazzucato und ihrer Doktorandin Rosie Collington am University College London. Mazzucato ist bekanntermaßen die Lieblingsökonomin von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Die beiden Autorinnen lassen wenig Zweifel daran, was sie von dem Anstieg der Beraterausgaben im öffentlichen Sektor halten: gar nichts. Sie plädieren für einen selbstbewussten und unternehmerischen Staat, der industriepolitische Projekte vorantreibt, dafür aber aus den Tentakeln der Berater befreit werden müsse, um wieder selbst handlungsfähig zu werden.
Das zweite Buch schlägt einen anderen Ton an, auch wenn der Titel zunächst anderes vermuten lässt: "Die Berater-Republik: Wie Consultants Milliarden an Staat und Unternehmen verdienen" wurde geschrieben von Thomas Deelmann, er ist Professor für Management und Organisation an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein-Westfalen. Er war früher selbst Unternehmensberater und kann daher auch Innenansichten liefern: "Schon wegen meiner beruflichen Vergangenheit betrachte ich Consultants und ihre Kunden auch mit Wohlwollen", lässt er seine Leser gleich zu Beginn wissen.
Das Buch von Mazzucato und Collington durchzieht eine weitaus größere Skepsis gegenüber Beratern als das Buch Deelmanns, obwohl auch er streckenweise hart mit der Branche ins Gericht geht. Während die beiden Autorinnen die Frage, ob der Staat zu viel Geld für Berater ausgibt, mit einem klaren Ja beantworten, schreibt Deelmann: "Ein reflexhaftes zu viel hilft nicht weiter." Seriös bewerten könne das derzeit niemand, theoretisch könnte es ja auch zu wenig sein. Die Leistung von Beratern lasse sich nur schwer messen. In den Medien werde über missglückte Beratereinsätze häufiger berichtet als über die ruhigen und erfolgreichen. Ein Lobbyist für Berater ist aber auch Deelmann nicht. Er erklärt in seinem Buch viel Grundsätzliches über Unternehmensberater: wie sie ticken, wie sie organisiert sind, wie viel sie verdienen und wie ihr Geschäftsmodell funktioniert. Und auch, welche Tricks sie gerne nutzen, um versteckte Honorarerhöhungen durchzusetzen oder um weitere Aufträge zu erhalten, etwa indem sie ihre Dienste zunächst kostenlos anbieten ("pro bono"), um den Fuß in die Tür zu bekommen. Das sei nicht verwerflich, schreibt Deelmann, doch der Kunde - auch der öffentliche Sektor - sollte darüber Bescheid wissen.
Die beiden Bücher unterscheiden sich nicht nur in ihrer grundsätzlichen Haltung gegenüber Beratern, sie haben auch geographisch unterschiedliche Schwerpunkte: Während sich Mazzucato und Collington vor allem mit der Situation in Großbritannien befassen, analysiert Deelmann hauptsächlich die Situation in Deutschland. Er hat schon vor zwei Jahren eine Chronik über die Berateraffäre der Bundeswehr geschrieben, die aber eher an ein Fachpublikum gerichtet war, mit seinem jetzigen Buch wendet er sich an die Allgemeinheit.
Trotz der unterschiedlichen Herangehensweise finden sich in beiden Büchern auch Gemeinsamkeiten: Mazzucato und Collington treffen einen richtigen Punkt, wenn sie schreiben, dass Organisationen stets darauf achten müssen, lernfähig zu bleiben. Wer die gesamte IT outsource, könne auch langfristig keine eigenen Kompetenzen aufbauen. Die Gefahr, in Abhängigkeiten zu geraten und die Kontrolle zu verlieren, sieht auch Deelmann. Das gilt freilich für öffentliche Auftraggeber genauso wie für Privatunternehmen, deren Beraterausgaben in den vergangenen Jahren genauso steil gestiegen sind. Es sei oft sinnvoll, sich Fach- oder Prozessexpertise von Unternehmensberatern einzukaufen, doch die Steuerung dürfe man nicht aus der Hand geben, schreibt Deelmann zu Recht, letztlich müsse der Kunde der Berater entscheiden und die Verantwortung tragen. "Dreht sich das Verhältnis um, dann ist Gefahr im Verzug." TILLMANN NEUSCHELER
Mariana Mazzucato und Rosie Collington: Die große Consulting-Show. Wie die Beratungsbranche unsere Unternehmen schwächt, den Staat unterwandert und die Wirtschaft vereinnahmt, Campus Verlag, Frankfurt 2023, 328 Seiten, 26 Euro.
Thomas Deelmann: Die Berater-Republik. Wie Consultants Milliarden an Staat und Unternehmen verdienen. Finanzbuch Verlag, München 2023, 256 Seiten, 22 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Zwei Bücher mit unterschiedlichen Antworten
Der Staat gibt immer mehr Geld für externe Berater aus. Nicht nur der Bund und seine Bundesministerien holen sich regelmäßig Hilfe von Unternehmensberatern, auch die Länder, Gemeinden und Stadtwerke kaufen in größerem Stil den Rat von Dritten ein. Nach Angaben des Bundesverbands Deutscher Unternehmensberater (BDU) geben alle Kunden aus dem öffentlichen Sektor in Deutschland gemeinsam jährlich grob 4 Milliarden Euro für Berater aus. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre hat sich der Umsatz der Berater mit der öffentlichen Hand etwa verdoppelt, wie auch schon in dem Jahrzehnt davor. Für negative Schlagzeilen haben vor allem die Beraterausgaben im Verteidigungsministerium in der Ära Ursula von der Leyens gesorgt, sogar ein Untersuchungsausschuss des Bundestages hat sich damit monatelang befasst.
Zwei neue Bücher haben sich die Beraterausgaben des Staates jetzt genauer vorgeknöpft. Wie kommt es zu dem Anstieg? Und wie ist er zu bewerten? Die beiden Bücher kommen zu durchaus unterschiedlichen Ergebnissen. Das erste Buch trägt den Titel "Die große Consulting-Show: Wie die Beraterbranche unsere Unternehmen schwächt, den Staat unterwandert und die Wirtschaft vereinnahmt". Geschrieben wurde es von der linken Starökonomin Mariana Mazzucato und ihrer Doktorandin Rosie Collington am University College London. Mazzucato ist bekanntermaßen die Lieblingsökonomin von Wirtschaftsminister Robert Habeck. Die beiden Autorinnen lassen wenig Zweifel daran, was sie von dem Anstieg der Beraterausgaben im öffentlichen Sektor halten: gar nichts. Sie plädieren für einen selbstbewussten und unternehmerischen Staat, der industriepolitische Projekte vorantreibt, dafür aber aus den Tentakeln der Berater befreit werden müsse, um wieder selbst handlungsfähig zu werden.
Das zweite Buch schlägt einen anderen Ton an, auch wenn der Titel zunächst anderes vermuten lässt: "Die Berater-Republik: Wie Consultants Milliarden an Staat und Unternehmen verdienen" wurde geschrieben von Thomas Deelmann, er ist Professor für Management und Organisation an der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung (HSPV) Nordrhein-Westfalen. Er war früher selbst Unternehmensberater und kann daher auch Innenansichten liefern: "Schon wegen meiner beruflichen Vergangenheit betrachte ich Consultants und ihre Kunden auch mit Wohlwollen", lässt er seine Leser gleich zu Beginn wissen.
Das Buch von Mazzucato und Collington durchzieht eine weitaus größere Skepsis gegenüber Beratern als das Buch Deelmanns, obwohl auch er streckenweise hart mit der Branche ins Gericht geht. Während die beiden Autorinnen die Frage, ob der Staat zu viel Geld für Berater ausgibt, mit einem klaren Ja beantworten, schreibt Deelmann: "Ein reflexhaftes zu viel hilft nicht weiter." Seriös bewerten könne das derzeit niemand, theoretisch könnte es ja auch zu wenig sein. Die Leistung von Beratern lasse sich nur schwer messen. In den Medien werde über missglückte Beratereinsätze häufiger berichtet als über die ruhigen und erfolgreichen. Ein Lobbyist für Berater ist aber auch Deelmann nicht. Er erklärt in seinem Buch viel Grundsätzliches über Unternehmensberater: wie sie ticken, wie sie organisiert sind, wie viel sie verdienen und wie ihr Geschäftsmodell funktioniert. Und auch, welche Tricks sie gerne nutzen, um versteckte Honorarerhöhungen durchzusetzen oder um weitere Aufträge zu erhalten, etwa indem sie ihre Dienste zunächst kostenlos anbieten ("pro bono"), um den Fuß in die Tür zu bekommen. Das sei nicht verwerflich, schreibt Deelmann, doch der Kunde - auch der öffentliche Sektor - sollte darüber Bescheid wissen.
Die beiden Bücher unterscheiden sich nicht nur in ihrer grundsätzlichen Haltung gegenüber Beratern, sie haben auch geographisch unterschiedliche Schwerpunkte: Während sich Mazzucato und Collington vor allem mit der Situation in Großbritannien befassen, analysiert Deelmann hauptsächlich die Situation in Deutschland. Er hat schon vor zwei Jahren eine Chronik über die Berateraffäre der Bundeswehr geschrieben, die aber eher an ein Fachpublikum gerichtet war, mit seinem jetzigen Buch wendet er sich an die Allgemeinheit.
Trotz der unterschiedlichen Herangehensweise finden sich in beiden Büchern auch Gemeinsamkeiten: Mazzucato und Collington treffen einen richtigen Punkt, wenn sie schreiben, dass Organisationen stets darauf achten müssen, lernfähig zu bleiben. Wer die gesamte IT outsource, könne auch langfristig keine eigenen Kompetenzen aufbauen. Die Gefahr, in Abhängigkeiten zu geraten und die Kontrolle zu verlieren, sieht auch Deelmann. Das gilt freilich für öffentliche Auftraggeber genauso wie für Privatunternehmen, deren Beraterausgaben in den vergangenen Jahren genauso steil gestiegen sind. Es sei oft sinnvoll, sich Fach- oder Prozessexpertise von Unternehmensberatern einzukaufen, doch die Steuerung dürfe man nicht aus der Hand geben, schreibt Deelmann zu Recht, letztlich müsse der Kunde der Berater entscheiden und die Verantwortung tragen. "Dreht sich das Verhältnis um, dann ist Gefahr im Verzug." TILLMANN NEUSCHELER
Mariana Mazzucato und Rosie Collington: Die große Consulting-Show. Wie die Beratungsbranche unsere Unternehmen schwächt, den Staat unterwandert und die Wirtschaft vereinnahmt, Campus Verlag, Frankfurt 2023, 328 Seiten, 26 Euro.
Thomas Deelmann: Die Berater-Republik. Wie Consultants Milliarden an Staat und Unternehmen verdienen. Finanzbuch Verlag, München 2023, 256 Seiten, 22 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
"In seinem Buch "Die Berater-Republik", das am 18. April erscheint, beschreibt [Thomas Deelmann], wie es Beratern in den vergangenen Jahrzehnten gerade in Deutschland gelungen ist, Milliarden Euro am Staat und an Unternehmen zu verdienen. Seine plakative Frage: ob die Berater "Helden, Helfer oder Halunken" sind.", Handelsblatt, 14./15./16.04 2023 "[Thomas Deelmann] erklärt in seinem Buch viel Grundsätzliches über Unternehmensberater: wie sie ticken, wie sie organisiert sind, wie viel sie verdienen und wie ihr Geschäftsmodell funktioniert. Und auch, welche Tricks sie gerne nutzen, um verstecke Honorarerhöhungen durchzusetzen oder um weitere Aufträge zu erhalten [...].", FAZ, 21.05.2023 "Herausgekommen ist es lesenswertes Buch, das einige interessante Einblicke in die Gepflogenheiten der Branche bietet, selbstkritisch ist und auch den einen oder anderen Trick erläutert.", Wirtschaftsstimme, 31.05.2023