In Zeiten der Niedrigzinspolitik der Notenbanken, steigender Inflation und unsicheren Rahmenbedingungen (Corona, Russland/Ukraine-Krieg, Energiekrise, China/Taiwan) ist es für den Anleger kaum mehr möglich, Geldanlagen mit einer positiven Rendite zu finden – erst recht nach Abzug von Steuern, Kosten
und der Inflationsrate. Statt Wertzuwachs rückt zunehmend die Vermögenssicherung in den Fokus. Zur…mehrIn Zeiten der Niedrigzinspolitik der Notenbanken, steigender Inflation und unsicheren Rahmenbedingungen (Corona, Russland/Ukraine-Krieg, Energiekrise, China/Taiwan) ist es für den Anleger kaum mehr möglich, Geldanlagen mit einer positiven Rendite zu finden – erst recht nach Abzug von Steuern, Kosten und der Inflationsrate. Statt Wertzuwachs rückt zunehmend die Vermögenssicherung in den Fokus. Zur Diversifizierung zählt aber immer noch eine breite Geldanlage in Aktien, zumal der Aktienmarkt bisher (!) noch jede Krise gemeistert hat. Ohne viel Aufwand lohnt es sich für den Anleger in breit gestreute Aktien-ETF investieren (z.B. auf den Referenzindex MSCI World), die aber dann die Rendite des Marktes nicht wesentlich übertreffen werden. Wer mehr möchte, kann sich einen aktiv gemanagten Fonds suchen und darf hoffen, dass dieser auch eine versprochene Mehrrendite bringt. Alternativ kann man selbst auf die Suche nach Einzelaktien gehen, in der Hoffnung, keine teuren Fehlgriffe zu machen.
Peter Seilern ist ein seit Jahrzehnten erfolgreicher Fondsmanager, der heute ein Vermögen von rd. 2,5 Milliarden Dollar verwaltet. Die Rendite seines Fonds ist beeindruckend und Kursrückschläge wie bei der Finanzkrise 2008/09 oder der Corona-Pandemie wurden schnell wieder kompensiert. In seinem Buch "Die besten Aktien der Welt" lüftet Seilern sein Erfolgsgeheimnis und erläutert seine "Quality Growth"-Strategie, um hochwertige Wachstumsunternehmen auch in Krisenzeiten zu finden. Anhand von zehn Goldenen Regeln beschreibt Seilern sein Auswahlverfahren, um mit Aktien langfristig gute Renditen zu erzielen. Seine Strategie ist für den Anleger gut nachvollziehbar, allerdings nur, wenn auch das entsprechende Wissen rund um Bilanzen und Kennzahlen vorhanden ist. Eine weitere Voraussetzung ist, dass der Anleger auch an aktuelle (und korrekte) Daten herankommt, was häufig nicht ohne Kosten geht. Nach Aussage von Seilern bleiben nach seinen Kriterien von rd. 50.000 Aktien, die in den OECD-Staaten gelistet sind, nur wenige Unternehmen übrig - nämlich 5 bis 6 Dutzend (einige davon nennt er in seinem Buch). Das gleicht dann schon einer Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Hat man in ein Unternehmen investiert, muss man die Einhaltung der Kriterien regelmäßig überprüfen. Der Investor muss alle Anzeichen, die eine Verschlechterung der Wettbewerbssituation bedeuten können, genau beobachten und ggf. auch den Mut haben zu verkaufen, im ungünstigen Fall auch mit Verlust.
Dem Leser wird schnell klar, dass die Quality Growth-Strategie arbeits- und kostenintensiv ist und der Seilern-Fonds die vielleicht bessere und bequemere Variante darstellt.
Seilern räumt auch mit vielen Mythen auf. So werden Anleger häufig dafür kritisiert, dass ihr Portfolio nicht ausreichend diversifiziert ist. Aber der eigentliche Wert der Diversifikation liegt im Schutz des Anlegers vor seiner eigenen Unwissenheit. Je weniger er weiß, desto diversifizierter sollte er aufgestellt sein (vgl. ETF-Anlagen). Das Portfolio eines Quality Growth-Investors wird sich aber auf nur 20 bis 30 Aktien konzentrieren und ganze Branchen meiden, weil erst nach ausgiebigen Analysen in die Einzelunternehmen investiert wird.
Des weiteren sollte man Dividenden grundsätzlich mit Misstrauen begegnen (und da unterscheidet sich der Ansatz deutlich vom Value-Investing), da dieses ausgeschüttete Geld nicht mehr vom Unternehmen reinvestiert werden kann, um damit neue Erträge zu generieren. Anleger sind oft von der oberflächlichen Anziehungskraft hoher Dividendenerträge geblendet, die das Unternehmen "ausbluten" lassen.
Mir hat Seilerns Buch gezeigt, dass es sich mit der richtigen Strategie auch in Krisenzeiten lohnen kann, in wenige Einzelaktien zu investieren, um in der Aufschwungphase die Verluste wieder schnell zu kompensieren. Allerdings ist die Suche nach den Gewinneraktien sehr arbeitsintensiv und bedarf - gerade in unruhigen Zeiten wie heute - konstanter Wachsamkeit.