Die Heilige Schrift ist nicht vom Himmel gefallen!
Die Bibel muss heute anders verstanden werden, als dies über 2000 Jahre lang der Fall war.
Die Bibel ist das wirkmächtigste Buch der Weltgeschichte. Wie jedes Geschöpf hat sie eine Biographie: eine Familiengeschichte mit Eltern (Gott-Vater und dem Heiligen Geist) und Ahnen (den Göttern und Göttinnen des Alten Orients), eine Entwicklungsgeschichte, eine Geschichte von Deutungen, Wirkungen und Nebenwirkungen - die wiederum jeweils ihre eigene Geschichte haben. Wer ohne zusätzliche Informationen die Bibel liest, kann dies nicht erkennen.
Am Schluss eines Gottesdienstes etwa spricht der Pfarrer üblicherweise die Worte: »Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir ...« So steht es im Vierten Buch Mose. Der Gott mit dem leuchtenden Antlitz ist der altägyptische Sonnengott. Im Laufe einer langen Geschichte hat der biblische HERR Gott viele andere Gottheiten integriert. Der Bibelleser kann nicht erkennen, das die vielen Götter des Orients in dem einen Gott der Juden, Christen und Muslime aufgingen, der allerdings immer noch voller Widersprüche ist. Auch die Geschichten um Moses, Noah oder die Königin von Saba haben einen historischen Hintergrund. Die Berichte und Deutungen des Lebens von Jesus durch die Evangelisten und Apostel sind ohne die Kenntnis der Bücher des Alten Testaments, der Bibel von Jesus und seinen Jüngern, nicht zu verstehen.
Heute wissen wir: Der Auszug der Kinder Israels aus Ägypten fand ebenso wenig statt wie die Eroberung des Gelobten Landes. Mancher biblische Prophet ist eine Erfindung der alten jüdischen Theologen. Die Zehn Gebote sind ein Konstrukt. Die Psalmen Davids stammen nicht von David, die Sprüche Salomos nicht von Salomo. Jesus war kein Christ, Petrus war nicht katholisch und schon gar nicht der erste Papst, und er hat auch keine Briefe hinterlassen. Nur sieben von 13 Paulus-Briefen gelten als echt.
Vieles, was in der Bibel steht, darf man nicht wörtlich nehmen. Die Kirchen beider Konfessionen sind jedoch, freundlich gesagt, noch nicht so weit, aus den Erkenntnissen der Wissenschaft Konsequenzen zu ziehen. Denn damit würden sich die zu Dogmen erstarrten Bilder relativieren. Das macht manchem Frommen Angst. Das aber gäbe auch eine Chance, aus den verstaubten heiligen Räumen herauszukommen und sich in größerer Freiheit an der Auseinandersetzung über Gott und die Welt zu beteiligen. Dass die Kirchen diese aufregenden, hochspannenden Erkenntnisse der verschiedensten Wissenschaftsbereiche nicht aufnehmen, nicht einmal die ihrer eigenen Theologen, ist Martin Urban ein Dorn im Auge. Mit Hilfe der historisch-kritischen theologischen Forschung, der modernen Sprach- und Textwissenschaften, der Archäologie, der Geschichtswissenschaften sowie insbesondere auch der Erkenntnisse der Naturwissenschaften, erzählt er die Biographie der Bibel und zeigt, dass sie heute anders verstanden werden muss, als dies über zweitausend Jahre lang der Fall war.
Das zu wissen, macht die Bibel nicht weniger wichtig, sondern glaubwürdiger. Martin Urbans Fazit: »Für mich bleibt das Alte Testament zusammen mit dem Neuen Testament als eine Bibel Grundlage unserer Kultur und aller Bemühungen, Gott und die Welt zu suchen und zu verstehen.«
Hinweis: Dieser Artikel kann nur an eine deutsche Lieferadresse ausgeliefert werden.
Die Bibel muss heute anders verstanden werden, als dies über 2000 Jahre lang der Fall war.
Die Bibel ist das wirkmächtigste Buch der Weltgeschichte. Wie jedes Geschöpf hat sie eine Biographie: eine Familiengeschichte mit Eltern (Gott-Vater und dem Heiligen Geist) und Ahnen (den Göttern und Göttinnen des Alten Orients), eine Entwicklungsgeschichte, eine Geschichte von Deutungen, Wirkungen und Nebenwirkungen - die wiederum jeweils ihre eigene Geschichte haben. Wer ohne zusätzliche Informationen die Bibel liest, kann dies nicht erkennen.
Am Schluss eines Gottesdienstes etwa spricht der Pfarrer üblicherweise die Worte: »Der Herr segne dich und behüte dich, der Herr lasse leuchten sein Angesicht über dir ...« So steht es im Vierten Buch Mose. Der Gott mit dem leuchtenden Antlitz ist der altägyptische Sonnengott. Im Laufe einer langen Geschichte hat der biblische HERR Gott viele andere Gottheiten integriert. Der Bibelleser kann nicht erkennen, das die vielen Götter des Orients in dem einen Gott der Juden, Christen und Muslime aufgingen, der allerdings immer noch voller Widersprüche ist. Auch die Geschichten um Moses, Noah oder die Königin von Saba haben einen historischen Hintergrund. Die Berichte und Deutungen des Lebens von Jesus durch die Evangelisten und Apostel sind ohne die Kenntnis der Bücher des Alten Testaments, der Bibel von Jesus und seinen Jüngern, nicht zu verstehen.
Heute wissen wir: Der Auszug der Kinder Israels aus Ägypten fand ebenso wenig statt wie die Eroberung des Gelobten Landes. Mancher biblische Prophet ist eine Erfindung der alten jüdischen Theologen. Die Zehn Gebote sind ein Konstrukt. Die Psalmen Davids stammen nicht von David, die Sprüche Salomos nicht von Salomo. Jesus war kein Christ, Petrus war nicht katholisch und schon gar nicht der erste Papst, und er hat auch keine Briefe hinterlassen. Nur sieben von 13 Paulus-Briefen gelten als echt.
Vieles, was in der Bibel steht, darf man nicht wörtlich nehmen. Die Kirchen beider Konfessionen sind jedoch, freundlich gesagt, noch nicht so weit, aus den Erkenntnissen der Wissenschaft Konsequenzen zu ziehen. Denn damit würden sich die zu Dogmen erstarrten Bilder relativieren. Das macht manchem Frommen Angst. Das aber gäbe auch eine Chance, aus den verstaubten heiligen Räumen herauszukommen und sich in größerer Freiheit an der Auseinandersetzung über Gott und die Welt zu beteiligen. Dass die Kirchen diese aufregenden, hochspannenden Erkenntnisse der verschiedensten Wissenschaftsbereiche nicht aufnehmen, nicht einmal die ihrer eigenen Theologen, ist Martin Urban ein Dorn im Auge. Mit Hilfe der historisch-kritischen theologischen Forschung, der modernen Sprach- und Textwissenschaften, der Archäologie, der Geschichtswissenschaften sowie insbesondere auch der Erkenntnisse der Naturwissenschaften, erzählt er die Biographie der Bibel und zeigt, dass sie heute anders verstanden werden muss, als dies über zweitausend Jahre lang der Fall war.
Das zu wissen, macht die Bibel nicht weniger wichtig, sondern glaubwürdiger. Martin Urbans Fazit: »Für mich bleibt das Alte Testament zusammen mit dem Neuen Testament als eine Bibel Grundlage unserer Kultur und aller Bemühungen, Gott und die Welt zu suchen und zu verstehen.«
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 05.09.2009Buch der Bücher
Von SZ-Autoren: Martin Urban schreibt die Biographie der Bibel
Die Bibel sorgt seit 2000 Jahren für Missverständnisse, und das ist auch so gewollt. Jesus war kein Christ. Er hat keine Kirche gegründet und keinen Stellvertreter ernannt. Er ist auch keinen gottgewollten Opfertod für die Sünden der Menschheit gestorben. Der „Dreieinige Gott” ist ein menschliches Konstrukt. Das wirkmächtigste Buch der Weltgeschichte lässt sich ohne zusätzliche Informationen nicht verstehen. Martin Urban, der frühere Leiter der SZ-Wissenschaftsredaktion, hat eine Biographie der Bibel geschrieben. Für Leser, die an spirituellen Fragen interessiert und auf der Suche sind aber nicht leichtgläubig, sondern die auch den Zweifel kennen. Er zeigt mit Hilfe der historisch-kritischen Theologie, der Geschichts-, Sprach- und Textwissenschaften, der Archäologie sowie insbesondere auch der Erkenntnisse der Naturwissenschaften, wie die Bibel heute zu verstehen ist – und was die Kirchen daraus machen. Die Kirchengeschichte ist nicht nur eine Geschichte von Hoffnung und Sinnfindung, sondern auch von Gewalt, Angst und Ohnmacht und dem Missbrauch des Buchs der Bücher. SZ
MARTIN URBAN: Die Bibel. Eine Biographie. Verlag Galiani, Berlin 2009. 383 Seiten, 22,95 Euro.
SZdigital: Alle Rechte vorbehalten - Süddeutsche Zeitung GmbH, München
Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.sz-content.de
Von SZ-Autoren: Martin Urban schreibt die Biographie der Bibel
Die Bibel sorgt seit 2000 Jahren für Missverständnisse, und das ist auch so gewollt. Jesus war kein Christ. Er hat keine Kirche gegründet und keinen Stellvertreter ernannt. Er ist auch keinen gottgewollten Opfertod für die Sünden der Menschheit gestorben. Der „Dreieinige Gott” ist ein menschliches Konstrukt. Das wirkmächtigste Buch der Weltgeschichte lässt sich ohne zusätzliche Informationen nicht verstehen. Martin Urban, der frühere Leiter der SZ-Wissenschaftsredaktion, hat eine Biographie der Bibel geschrieben. Für Leser, die an spirituellen Fragen interessiert und auf der Suche sind aber nicht leichtgläubig, sondern die auch den Zweifel kennen. Er zeigt mit Hilfe der historisch-kritischen Theologie, der Geschichts-, Sprach- und Textwissenschaften, der Archäologie sowie insbesondere auch der Erkenntnisse der Naturwissenschaften, wie die Bibel heute zu verstehen ist – und was die Kirchen daraus machen. Die Kirchengeschichte ist nicht nur eine Geschichte von Hoffnung und Sinnfindung, sondern auch von Gewalt, Angst und Ohnmacht und dem Missbrauch des Buchs der Bücher. SZ
MARTIN URBAN: Die Bibel. Eine Biographie. Verlag Galiani, Berlin 2009. 383 Seiten, 22,95 Euro.
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