Ein Katalog zu Brechts Nachlaßbibliothek, die in seiner letzten Wohnung in der Berliner Chausseestraße 125 aufbewahrt wird, hat lange als Desiderat der Forschung gegolten. Das Bertolt-Brecht-Archiv legt jetzt eine annotierte Bibliographie sämtlicher Titel dieser Bibliothek vor. Das Verzeichnis legt offen, welche Bücher Brecht vor allem in den letzten Jahren besessen hat: Mehr als 1500 der insgesamt über 4200 Bände sind dem Bereich Literatur zuzuordnen. Ausgaben von Stücken zeigen Intentionen und Handwerk beim Umgang mit fremden Texten. Der Kommentar zu jedem Band gibt Aufschluß über Besitzvermerke, Widmungen, Anstreichungen, Eintragungen und Beilagen. Dokumentationen und Monographien zu Geschichte, Naturwissenschaft oder den Künsten geben Einblick in Brechts Arbeitsweise und seinen Umgang mit Quellen. Anmerkungen und Randnotizen bezeugen Einverständnis und Widerspruch des Lesers Brecht. Widmungsexemplare belegen persönliche Beziehungen.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Rezensent Stefan Mahlke begrüßt dieses kommentierte Verzeichnis zur Bibliothek Bertolt Brechts, mit dem sich "eine Lücke in der Brecht-Forschung" schließe. Rund 4.000 Exemplare zählte einst Brechts Bücherfundus, was zunächst recht wenig erscheinen mag. Nicht aber, wenn man sich vor Augen hält, wie viele Bände auf der Flucht und bei den zahlreichen Umzügen verloren gegangen sein dürften. Die aber, die sich erhalten haben, können viel erzählen über die Person Brecht, dem es wohl "wichtiger war, Bücher zu lesen, als sie zu besitzen", meint der Rezensent. Denn Brecht hat gern und oft Anmerkungen an den Rand gekritzelt. Kostprobe aus einem Buch von Oscar Wilde: "Der Prophet der Selbstverständlichkeit! Wie wenn sich einer auf den Marktplatz stellt u. mit vielen Worten beweist, daß heute schönes Wetter ist! Albern!"
© Perlentaucher Medien GmbH
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