Ob bayerisches Weißbier, bretonisches Schwarzbier, litauisches Bauernbier, kalifornisches Schokoladenbier, britisches Ale, finnisches Sahti, tschechisches Pilsener oder korsisches Kastanienbier - dieses Buch ist der ultimative Führer durch die Welt des Bieres. Die "Bier-Bibel" erforscht die Geschichte des Bierbrauens seit seinem Ursprung im alten Mesopotamien und führt über die Kloster- und Hofbrauereien des Mittelalters bis zu den multinationalen Großkonzernen von heute. Nach Ländern und Regionen geordnet werden die besten Brauereien, ihre wichtigsten Sorten und spezifischen Geschmacksrichtungen vorgestellt. Neben den Grundlagen der Bierherstellung erfährt der Leser, welches Essen mit welchem Bier harmoniert und welche Einschenktechniken für den optimalen Geschmack sorgen. Detaillierte Karten runden die "Reise um die Welt in 500 Bieren" ab.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 12.12.2013Sozialer Schmierstoff
Die Wörter "Bibel" und "bibe" (zu Deutsch: "Trink!") schmiegen sich klanglich aneinander. Liegt es da nicht auf der Hand, einem synoptischen Buch über "den universellsten sozialen Schmierstoff" den Titel "Bierbibel" zu geben? Auch um vorneweg kundzutun, dass es der Leser mit dem Buch der Bücher über das Getränk der Getränke zu tun hat? Im Original heißt Tim Webbs und Stephen Beaumonts mit stilsicher plazierten Fotografien und instruktiven Landkarten opulent ausgestattetes, sorgfältig übersetztes Werk "The World Atlas Of Beer". Das trifft den Habitus der beiden aufrechten und unermüdlichen Bierforscher besser (ohne dass wir die Entscheidung für die dem Deutschen eigene Alliteration tadeln wollen). Ohne den geringsten Anflug von missionarischem Eifer, der viele, insbesondere deutsche Bierbücher ungenießbar macht, reisen Webb und Beaumont von Kontinent zu Kontinent und preisen ausgewählte traditionelle Biere und Spezialitäten jüngeren, teils allerneuesten Datums. Wohltuend zudem ist die unverhohlene Verachtung, mit der Webb und Beaumont dem "Gleichschaltungs"- und Geschmacksterror der multinationalen Braukonzerne begegnen. Das bei diesen Scharlatanen übliche Verfahren des "High-Gravity-Brauens" - die Sude werden hochvergoren und vor der Abfüllung dann mit Wasser auf die gewünschten Alkoholwerte getrimmt, wodurch sich bei gleichbleibender Produktionskapazität noch mehr Plörre zusammenpanschen lässt - verurteilen sie des Öfteren und setzen diesen epidemischen Frechheiten die Erzeugnisse von Braugasthöfen und vornehmlich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zumal in den Vereinigten Staaten, Italien und Dänemark gegründeten Kleinbrauereien entgegen. Die liebevollen degustatorischen Miniaturen bekräftigen ihre These, dass gutes, wahres, schönes Bier, das Mitte der siebziger Jahre "kurz vor dem Aus" gestanden habe, antizyklisch eine Renaissance erlebe: "Nie zuvor hat die Welt eine so enorme Bandbreite der Braukunst auf allen Kontinenten erlebt; selbst in den Forschungsstationen der Antarktis wird gebraut." Nur eines will uns an diesem Buch nicht schmecken. Warum ist Bier - und zwar wiederholt - "spannend"? Warum bloß? Warum?
jro
"Die Bierbibel" von Tim Webb/Stephen Beaumont. National Geographic Verlag, Hamburg 2012. 256 Seiten, zahlreiche Farbfotos, einige Karten. Gebunden, 34,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Die Wörter "Bibel" und "bibe" (zu Deutsch: "Trink!") schmiegen sich klanglich aneinander. Liegt es da nicht auf der Hand, einem synoptischen Buch über "den universellsten sozialen Schmierstoff" den Titel "Bierbibel" zu geben? Auch um vorneweg kundzutun, dass es der Leser mit dem Buch der Bücher über das Getränk der Getränke zu tun hat? Im Original heißt Tim Webbs und Stephen Beaumonts mit stilsicher plazierten Fotografien und instruktiven Landkarten opulent ausgestattetes, sorgfältig übersetztes Werk "The World Atlas Of Beer". Das trifft den Habitus der beiden aufrechten und unermüdlichen Bierforscher besser (ohne dass wir die Entscheidung für die dem Deutschen eigene Alliteration tadeln wollen). Ohne den geringsten Anflug von missionarischem Eifer, der viele, insbesondere deutsche Bierbücher ungenießbar macht, reisen Webb und Beaumont von Kontinent zu Kontinent und preisen ausgewählte traditionelle Biere und Spezialitäten jüngeren, teils allerneuesten Datums. Wohltuend zudem ist die unverhohlene Verachtung, mit der Webb und Beaumont dem "Gleichschaltungs"- und Geschmacksterror der multinationalen Braukonzerne begegnen. Das bei diesen Scharlatanen übliche Verfahren des "High-Gravity-Brauens" - die Sude werden hochvergoren und vor der Abfüllung dann mit Wasser auf die gewünschten Alkoholwerte getrimmt, wodurch sich bei gleichbleibender Produktionskapazität noch mehr Plörre zusammenpanschen lässt - verurteilen sie des Öfteren und setzen diesen epidemischen Frechheiten die Erzeugnisse von Braugasthöfen und vornehmlich in den vergangenen zwei Jahrzehnten zumal in den Vereinigten Staaten, Italien und Dänemark gegründeten Kleinbrauereien entgegen. Die liebevollen degustatorischen Miniaturen bekräftigen ihre These, dass gutes, wahres, schönes Bier, das Mitte der siebziger Jahre "kurz vor dem Aus" gestanden habe, antizyklisch eine Renaissance erlebe: "Nie zuvor hat die Welt eine so enorme Bandbreite der Braukunst auf allen Kontinenten erlebt; selbst in den Forschungsstationen der Antarktis wird gebraut." Nur eines will uns an diesem Buch nicht schmecken. Warum ist Bier - und zwar wiederholt - "spannend"? Warum bloß? Warum?
jro
"Die Bierbibel" von Tim Webb/Stephen Beaumont. National Geographic Verlag, Hamburg 2012. 256 Seiten, zahlreiche Farbfotos, einige Karten. Gebunden, 34,95 Euro.
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main