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Tilman Becker, Enkel deutscher Auswanderer, kennt die Hügel von Vimy, auf denen fünfzehn Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs ein monumentales kanadisches Kriegerdenkmal entsteht. Als junger Soldat hat er dort ein Bein verloren. Zu einigen Gefallenennamen, die sein Freund Giorgio in den Sockel der Gedenkstätte meißelt, hat er noch die Gesichter vor Augen. Und er fürchtet das weit verzweigte System von Tunneln unter dem Denkmal, in dem sich Giorgio und Tilmans Schwester Klara bei Anbruch der Dunkelheit treffen ... Klara hat die gemeinsame Fahrt nach Frankreich mit großer Resolutheit…mehr

Produktbeschreibung
Tilman Becker, Enkel deutscher Auswanderer, kennt die Hügel von Vimy, auf denen fünfzehn Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs ein monumentales kanadisches Kriegerdenkmal entsteht. Als junger Soldat hat er dort ein Bein verloren. Zu einigen Gefallenennamen, die sein Freund Giorgio in den Sockel der Gedenkstätte meißelt, hat er noch die Gesichter vor Augen. Und er fürchtet das weit verzweigte System von Tunneln unter dem Denkmal, in dem sich Giorgio und Tilmans Schwester Klara bei Anbruch der Dunkelheit treffen ... Klara hat die gemeinsame Fahrt nach Frankreich mit großer Resolutheit durchgesetzt, um an dem Denkmal mitzuarbeiten. Sie wird von dem Wunsch getrieben, ihrem in Frankreich gefallenen Verlobten nahe zu sein, dessen Verlust sie nie verwunden hat. So entwickelt sich die körperliche Arbeit an den steinernen Plastiken für die Geschwister zur Arbeit an der eigenen Vergangenheit - einer Vergangenheit allerdings, die weit über den Krieg hinausreicht. Tilman und Klara haben di eKunst der Holzschnitzerei von ihrem Großvater gelernt, der - neben dem charismatischen Pfarrer Archangelus Gstir - maßgeblich am Aufbau der deutschen Siedlung Shoneval im kanadischen Ontario beteiligt war. Besonders am blondgelockten Tilman hängen die Hoffnungen der Auswandererfamilie auf gesellschaftlichen Aufstieg. Diese Träume zerstört Tilman, als er mit zwölf Jahren von zu Hause fortläuft.
Autorenporträt
Jane Urquhart, geboren 1949 in Geralton, Ontario, wuchs in Toronto auf und lebt heute wieder in einer Kleinstadt in Ontario. Sie gehört zu den erfolgreichsten kanadischen Schriftstellerinnen der Gegenwart.

Barbara Schaden, Jahrgang 1959, studierte Romanistik und Turkolgoie in Wien und München. Nach ein paar Jahren in der Filmbranche und im Verlagslektorat seit 1992 freiberufliche Übersetzerin, u.a. von Patricia Duncker, Margaret Atwood, Nadine Gordimer, Jean-Claude Guillebrand, MaurizioMaggiani, Fleur Jaeggy, Kazuo Ishiguro und Cindy Dyson.
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 23.07.2003

Holzbein auf Holzweg
Neues vom historischen Roman: Jane Urquharts „Die Bildhauer”
Man muss heutzutage kein Musketier, Glöckner oder Ahne sein, um sich für die Führungsposition in einem historischen Roman zu qualifizieren. Es genügen Erfahrungen als Medicus, Päpstin oder Klavierstimmer. Auch Bildhauer haben beste Aussichten, vor allem wenn sie, wie Jane Urquharts Protagonistenpaar Klara und Tilman Becker, zusätzlich Fertigkeiten als Holzschnitzer und Schneiderin vorweisen können.
Die kanadischen Geschwister sind Nachfahren bayrischer Einwanderer. Klara hat im Ersten Weltkrieg ihren Geliebten, Tilman sein Bein verloren, doch lassen sich beide nicht abhalten, an jenem gigantischen Mahnmal für die verschollenen Söhne Kanadas mitzumeißeln, das der Bildhauer Walter Allward einst tatsächlich nahe der französischen Stadt Arras etabliert hat. Der Verlust des Beins ist allerdings besonders schmerzlich, weil Tilman bereits im zarten Kindesalter so vom Umherwandern besessen war, dass seine arme Mutter sich nicht anders zu helfen wusste, als den unbändigen Knaben durch eine eiserne Kette zu fixieren, was die Entfremdung der beiden beförderte und den Sohn für viele Jahre aus dem Haus trieb.
Als er dann nach dem Krieg mit einem Holzbein in die Heimat zurückkehrt, sind die Eltern schon tot, und seine Schwester ist eine alte Jungfer, die sich, neben dem Schneidern und Schnitzen, auch noch auf die Viehzucht geworfen hat. In Frankreich aber, wo beide (Klara zunächst in einer Hosenrolle) am großen Denkmal von Vimy mitarbeiten, wird alles anders und manches besser. Nur das Buch leider nicht.
Hartes Leben, süße Kunst
Tilman entdeckt die Segnungen der französischen Küche und den Reiz einer gewissen Sesshaftigkeit. Klara verleiht dem Antlitz einer der Denkmalsfiguren die Züge ihres verschollenen Geliebten und findet in Tilmans Freund Giorgio einen neuen. Der Rezensent der „Washington Post” befand diplomatisch, das Buch besäße „die Weite eines viktorianischen Romans sowie die Vielfalt an Charakteren und Ereignissen, die die Literatur dieser Zeit ausmacht”.
Nun ist Jane Urquharts kanadische Heimat bekanntlich ein Land, in dem schiere Weite nichts besonderes ist. Auch gibt es dort viele Ereignisse und Charaktere, die schon lange auf einen geeigneten Roman warten. Doch statt literarischer Qualitäten bietet „Die Bildhauer” nur Ausstattung. Die Pionierzeit der über drei Generationen verteilten Handlung kulminiert in einer kunterbunten Prozession, bei der neben dem Kruzifix und einer Miniaturkirche auch Modelle einer Brauerei und eines Wirtshauses mitgeführt werden. Der Roman deutet das entbehrungsreiche Leben der ersten Siedler zwar an, spricht auch von begrabenen Babys. Doch das eigentliche Interesse der Autorin gilt unzweifelhaft dem Kunsthandwerk.
Die Schrecken des Krieges werden eher angedeutet als beschrieben. Tilmans Landstreicherleben trägt sentimentale Züge, und die Apotheose des verschollenen Geliebten im marmornen Denkmal ist monumentaler Kitsch. Das ideale Buch für Leute also, welche die Qualifikation eines Romans als „viktorianisch” für ein Kompliment halten.
ULRICH BARON
JANE URQUHART: Die Bildhauer. Roman. Aus dem Englischen von Barbara Schaden. Berlin Verlag, Berlin 2002. 432 Seiten, 24 Euro.
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Jegliche Veröffentlichung exklusiv über www.diz-muenchen.de
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