'Kanon' hat Konjunktur - im Kulturbetrieb, dem Feuilleton, den Bildungsinstitutionen von Schule und Wissenschaft. Im Hintergrund dieser neuerlichen Aktualität steht die Frage nach den Notwendigkeiten, Möglichkeiten und Grenzen von kultureller Konsensbildung unter den Bedingungen der Gegenwart. In all seinen konkreten Anwendungsfeldern - sei es Literatur, Theologie, bildende Kunst, Recht oder Ethik - ist dem 'Kanon' die Unterscheidung und Vermittlung von Wert und Kritik, Norm und Abweichung, Einzelnem und Allgemeinem inhärent. Aufgrund der breitgefächerten Begriffs- und Sachgeschichte fordert das Phänomen eine interdisziplinäre und interkulturelle Perspektive in seiner textuellen, ethischen und kulturellen Dimension. Die Diskussion von Autorinnen und Autoren unterschiedlicher Disziplinen und Nationalitäten trägt dazu bei, Motive und Faktoren von Kanonbildung aus vielen Richtungen transparent und damit verhandelbar zu machen. In diesem geistigen Horizont bietet der Band Diskurse aus den diversen Fachdisziplinen, die sich mit dem Phänomen 'Kanon' auseinandersetzen, ebenso wie zu einzelnen nationalen Traditionsbeständen und ihren Wirkungsmöglichkeiten.