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Drei Blender aus Deutschland,Frankreich und Amerika auf der fieberhaften Suche nach einem wertvollen chinesischen Manuskript.

Produktbeschreibung
Drei Blender aus Deutschland,Frankreich und Amerika auf der fieberhaften Suche nach einem wertvollen chinesischen Manuskript.
Autorenporträt
Santiago Gamboa wurde 1965 in Bogota, Kolumbien, geboren. Er studierte spanische Philologie in Bogota und Madrid und verbrachte anschließend einige Zeit abwechselnd in Paris und Rom, wo er als Journalist unter anderem für den lateinamerikanischen Dienst von Radio France International und für die kolumbianische Tageszeitung "El Tiempo" tätig war. Gamboa lebt heute als freier Autor in seiner Geburtsstadt und in Rom.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 01.08.2005

Halbwissen mit Vollspeed
Im Neonlicht: Santiago Gamboas west-östliche Agenten-Burleske

"Worauf beruht eigentlich die Situation eines zweitrangigen Schriftstellers, wenn nicht auf einer einzigen, riesigen Abfuhr?" Wenn Santiago Gamboa bereits auf der ersten Seite seines jüngsten Romans mit Gombrowicz' Stimme zum Spott auf die minderwertigen Literaten bläst, so mit einer fast selbstverständlichen Gewißheit: selbst nicht zu diesen bemitleidenswerten Geschöpfen der literarischen Nachhut zu gehören. Denn, so zitiert Gamboa aus "Ferdydurke", die Erniedrigung des schlechten Schriftstellers ist gleich eine dreifache: durch das Publikum, durch die Wirklichkeit, vor allem aber durch die Kunst selbst, "bei der er Zuflucht suchte, die aber seine Unfähigkeit und Unzulänglichkeit verachtet".

Zu Klagen über solche Abfuhren hatte der junge Erfolgsautor aus Kolumbien bislang in der Tat wenig Anlaß. Seit seinem literarischen Debüt ist er der erste über die Landesgrenzen bekannte Großstadtromancier Bogotás; emblematischer Vertreter einer rebellischen "Generation McOndo", der die Flucht aus der Kultstätte des "Magischen Realismus" gelang: dem Dorf Macondo aus den Romanen des allüberschattenden García Márquez. Auch mit seinem dritten in deutscher Sprache erschienenen Roman "Die Blender" verweilt Gamboa auf den neonbeleuchteten Pfaden der Großstadtliteratur. Unter der Feder des inzwischen gereiften Romanciers freilich erfährt dies Genre eine vielfarbige Nuancierung. Den Schauplatz seines Buches verlegt Gamboa vom Großstadtdschungel Bogotás in den des postsozialistischen Pekings. Dabei bemüht er sich, seine Meisterschaft in gleichzeitig allen Genres, Kulturen und Traditionen unter Beweis zu stellen.

Aus diversen Facetten globalisierter Promiskuität zusammengewürfelt sind besonders die Helden des Romans: der Literaturwissenschaftler Nelson Chouchén Otálora, Peruaner in professoralen Diensten einer überfinanzierten nordamerikanischen Universität; Serafín Suárez Salcedo, frustrierter kolumbianischer Radiojournalist in französischen Staatsdiensten; und der ebenso bierschaum- und fernostsüchtige Sinologe Dr. Gisbert Klauss von der Universität Hamburg, der dennoch noch nie seine heimische Schreibstube verlassen hat. Diese drei ungleichen Gestalten treffen in der boomenden Megalopolis des Fernen Ostens zusammen - allerdings nicht, um den jüngsten Wirtschaftsgipfelstürmen des Reichs der Mitte hinterherzujagen, sondern einem esoterischen Manuskript. "Weite Transparenzen der Luft" nennt sich die Schrift, welche in tragikomischer Weise die Schicksale der drei Kontinente Asien, Europa und Amerika zusammenführt. Ihr Autor heißt Wang Mian, ein vergessener chinesischer Klassiker. Seine seit hundert Jahren verschollene Handschrift ist zugleich der heilige Kodex jener antiwestlichen "Sekte von der Starken Faust", die im Jahre 1900 den Boxeraufstand initiierte.

Aus dergleichen disparaten Elementen spinnt der Roman ein Geflecht aus Spionagewinkelzügen, Verwechslungen und Verfolgungswahn, das Graham Greene, Gamboas erklärtem Vorbild, alle Ehre machte. Agenten wider Willen und doch hocherfreut über ihre neue Überraschungsrolle, taumeln die Titelhelden zwischen Alkoholismus und Anachronismus durch Luxushotels, konspirative Buchhandlungen und Lagerhallen, begleitet von katholisch-stalinistischen Mönchen, russischen Prostituierten und den Teilnehmern eines internationalen Proktologenkongresses: drei "Blender", die im Aufstöbern von Wang Mians Text endlich den großen Coup erhoffen, der ihnen im bisherigen Leben versagt war. Denn jeder von ihnen ist einer jener eingangs erwähnten verkrachten Schriftstellerexistenzen, die ihr Scheitern nur ungern eingestehen. Selbst wenn es dem Erzähler in wahrhaft nathanischer Weisheit gelingt, jedem der drei blendenden Helden schließlich das ersehnte Gut in gleichwertiger Form in die Hände zu spielen, so bleibt dort nicht mehr haften als das, was der Titel schon versprach: die weiten Transparenzen einer Luft, die, obschon von drei Hochstaplern mehrfach umgewälzt, doch keinerlei feste Substanz zurücklassen will.

Mit allen Finten und Fallstricken des literarischen Handwerks sucht der Romancier seine Leser und Protagonisten in sein Geflecht zu verspinnen. Doch nachdem es ihm mit einer traumwandlerischen Sicherheit in seinem letzten Roman "Das glückliche Leben des jungen Esteban" gelang, sich ganz unaufgeregter Weise zwischen den Metropolen Bogotá, Rom und Paris zu bewegen - sicher nicht zuletzt, weil diese Städte Marksteine seiner eigenen Lehrjahre als Schriftsteller bildeten -, scheint er sich im west-östlichen Szenario seines Pekings zuweilen selbst in den von ihm ausgelegten Fallstricken zu verheddern. Gamboas Roman spiegelt präzise das Elend der heutigen virtuellen Weltbürger wider, die schon überall waren und doch nirgends zu Hause sind: das stete Odium des Halbwissens. Professor Klauss, geboren in einem "Nest namens Bielefeld", trinkt überall auf der Welt weiter sein König Pilsener und sinniert mit Botschaftsbeamten über anhaltende deutsch-französische Spannungen trotz aller Maastricht-Verträge. Die kubanische Proktologin Omaira, Projektionsfläche erotischer Phantasien der Titelhelden, stammt aus einer "Provinz Oriente", die seit einem halben Jahrhundert auf keiner Landkarte mehr zu finden ist, und stöhnt in asterixhafter Manier beim Geschlechtsverkehr: "Bei Ochún und Yemayá" - ganz im Gegensatz zur amerikanisierten puertoricanischen Studentin, die vor dem Orgasmus mit Professor Chouchén Otálora wimmert: "Papi, put your load on me."

All dies sind bewußt eingesetzte Klischees, zusammengeklaubt aus Romanen, Filmen und Reiseführern. Mangels einer über die Ironie hinausgehenden Essenz aber verlieren sie auch in ihrer überzeichnet-comichaften Verwendung nichts an Abgedroschenheit. Daher steht Gamboa sein Spott über die schlechten Schriftsteller schlecht zu Gesicht. Nach der schlichten Stilsicherheit seiner letzten Romane gibt er sich in seinem neuen Selbstbewußtsein als souveräner Meister der Versatzstücke zuweilen redliche Mühe, seinen "Blendern" Konkurrenz zu machen: als neuer Anwärter auf einen Platz in der Tafelrunde der Ritter vom Hohen Stapel.

FLORIAN BORCHMEYER

Santiago Gamboa: "Die Blender". Roman. Aus dem kolumbianischen Spanisch übersetzt von Stefanie Gerhold. Verlag Klaus Wagenbach, Berlin. 320 S., geb., 20,50 [Euro].

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Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension

Als gelungenes Gesellenstück in "postmoderner Ästhetik" beschreibt die Rezensentin Gamboas Roman. Stark nach Umberto Eco pendele die Handlung mit Journalist, Literaturwissenschaftler und Sinologe auf der Suche nach einem heiligen chinesischen Text der Boxer. Mit diesem nur scheinbar historischen Thema, so Rezensentin Kersten Knipp, gelängen dem Autor nicht allein "beklemmende Schilderungen" vom heutigen Peking, das "an den Rändern des Wahns verlaufende Wettrennen" zwischen realitätsfernen Textwissenschaftlern und einer mafiösen Geheimgesellschaft werfe auch spannendste Fragen nach der Realität von Texten als Fiktionen auf. Erstaunlich "souverän" meistere Gamboa zudem die notgedrungen chaotische Action-Handlung durch ein "fernöstliches wasteland".

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