Noch immer ist das Rätsel ihrer Herkunft für den Unsterblichen Andrej und seinen Gefährten Abu Dun nicht gelöst. Auf ihrer Reise gelangen sie in ein abgelegenes Dorf, dessen Bewohner allen Fremden mit Misstrauen begegnen, da sich im Umkreis des Ortes mehrere seltsame Todesfälle ereignet haben. Ihr Wunsch, den verängstigten Menschen zu helfen, bringt Andrej und Abu Dun in Lebensgefahr, als sie auf den undurchschaubaren Blanche treffen, mit dem sie sich einen Kampf auf Leben und Tod liefern. Er ist möglicherweise für die bestialischen Morde verantwortlich, aber zugleich vielleicht der Einzige, der ihnen mehr über Abstammung und Wesen der Unsterblichen verraten kann.
Europa im 16. Jahrhundert Die Reise auf den Spuren seiner eigenen Vergangenheit führt Andrej nach Ungarn. Dort begegnen er und Abu Dun einer rätselhaften Frau, die in Verbindung zu ihrem Erzfeind Dracul zu stehen scheint. Niemand kann ihnen Auskunft über die Identität der geheimnisvollen Burgbewohnerin geben, doch sie scheint den Aufenthaltsort Marias zu kennen. Verzweifelt versucht Andrej, die Geliebte, nach der er seit langer Zeit sucht, zu finden. Dabei kreuzen sich seine und Frederics Wege erneut. Ein furchtbarer Verdacht keimt in Andrej auf. Sollte Maria dunklen Mächten zum Opfer gefallen sein? Als immer mehr junge Mädchen in der Umgebung des Schlosses der Gräfin spurlos verschwinden, nehmen die Unsterblichen die Fährte auf.
Europa im 16. Jahrhundert Die Reise auf den Spuren seiner eigenen Vergangenheit führt Andrej nach Ungarn. Dort begegnen er und Abu Dun einer rätselhaften Frau, die in Verbindung zu ihrem Erzfeind Dracul zu stehen scheint. Niemand kann ihnen Auskunft über die Identität der geheimnisvollen Burgbewohnerin geben, doch sie scheint den Aufenthaltsort Marias zu kennen. Verzweifelt versucht Andrej, die Geliebte, nach der er seit langer Zeit sucht, zu finden. Dabei kreuzen sich seine und Frederics Wege erneut. Ein furchtbarer Verdacht keimt in Andrej auf. Sollte Maria dunklen Mächten zum Opfer gefallen sein? Als immer mehr junge Mädchen in der Umgebung des Schlosses der Gräfin spurlos verschwinden, nehmen die Unsterblichen die Fährte auf.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.10.2003Der Chronist des Grauens
In Wolfgang Hohlbeins Horrorbücherwelt
Knochendürr und beinahe unsichtbar, steht er vor dem Bahnhofsladen, in dem es viele seiner Bücher gibt. Der Mann mit dem Pferdeschwanz, in Zigarettenrauch getaucht, den Tagmenschen abgewandt, dreht sich um; Tropfenbrille, ein leicht müder Blick, die verwaschene Jeans, eine Erscheinung wie aus Hippiezeiten auferstanden, stellt sich mit sanfter Stimme vor. Wolfgang Hohlbein sein Name. Der Name für das Unbegreifliche. Mehr Phänomen als nur Autor ist dieser Mann, der inzwischen mehr als hundertsechzig Bücher, umgerechnet alle drei Monate durchschnittlich ein Buch, mit einer Auflage von insgesamt rund sieben Millionen schrieb.
Mit offenem Verdeck jagt er den sportlichen Wagen hinein in die Herbstlandschaft, als wäre das hier nicht das Rheinland, sondern ein Highway irgendwo in Kalifornien. Eine halbe Stunde von Neuss entfernt, plötzlich, hält er neben einem Acker, vor einer Flucht von Reihenhäusern, die wie eine Trutzburg miteinander verwachsen sind. Den Eingang bewachen zwei Dämonen aus Stein. Aber was lehrt die Lektüre des umfangreichen Hohlbein-Werks, in einem immer neuen Zyklus? Nichts ist, wie es scheint.
Erschossene Wirklichkeit
In Hohlbeins Romanen bricht das Unbegreifliche, das andere mit der Impertinenz eines immer wiederkehrenden Zombies herein. Der Horror klopft spätestens auf Seite zehn in all seinen Formen und Schatten, ob Drache, Werwolf oder Geist, an bei der Wirklichkeit. "Aber was ist das, Wirklichkeit", fragt Wolfgang Hohlbein mit einer schwächer werdenden Stimme, als hätten seine Bücher schon zu viele Löcher in dieses Wort gerissen, und nun zieht es gewaltig zwischen dem Dies- und Jenseits.
"Marks Atem beschleunigte sich, und seine Hände begannen zu zittern. Was geschah hier? Was geschah mit ihm?" So heißt es beispielsweise in dem Buch "Azrael", in dem ein biblischer Todesengel die Stadt Berlin überschattet. Oder: "All das, was er sich in seinen kühnsten Albträumen zusammengeträumt hatte, war wahr - und nicht nur das. Die Wahrheit war tausendmal schlimmer . . ." Zu der Erkenntnis kommt ein mittelalterlicher Schwertkämpfer, der auch Vampir ist, in der "Chronik der Unsterblichen".
Ob das Buch nun in der Gegenwart oder im Mittelalter spielt, "Flut" oder "Die Templerin" heißt - Wolfgang Hohlbein beschreibt, so sagt er, "diese Mischung aus der Angst und dem Bedürfnis zu glauben, daß da noch mehr ist".
Und doch scheint hier zunächst alles so, wie man es sich von dem erfolgreichsten Fantasy-Autor Deutschlands erwartet, fast zu perfekt. Der kleine Glastisch im Wohnzimmer, der von einem schwarzen Drachen getragen wird; Perserkatzen, die wie Gespenster herumhuschen. Als Dekoration des massiven Eßtisches reitet eine Hexe auf einem Kürbis. Die Wände zeigen Bilder von der Nacht und ihren Gestalten; in den Regalen stehen Elfen und andere Wesen, für die es keinen Namen gibt. Herr Hohlbein trinkt Kaffee, etwas müde sagt er, hier arbeite er also. Wenn es Tag ist. Aber schreiben, das geht nur bei Nacht.
Es ist Nachmittag. Herr Hohlbein trinkt den dritten Frühstückskaffee. Seine Frau und gelegentliche Co-Autorin ist gerade mit großen Aldi-Tüten und einem Tui-Flug nach Mallorca vom Einkauf zurückgekehrt. Bevor wir einem Rätsel näherkommen könnten, wie man so viele Bücher in immer anderen Varianten über diesen ewigen Kampf zwischen Gut und Böse schreiben kann, klingelt es an der Tür. Die Kinder des Wolfgang Hohlbein, die nebenan wohnen, kommen vorbei. Eine Tochter, die auch fantastische Literatur schreibt, sie trägt ein Drachen-Tattoo auf dem Rücken, ein Sohn mit rosa Haaren und ein kleiner Junge, der frech sagt, daß das Buch "Drachenthal" doch ziemlich blöd sei. Es geht so chaotisch zu wie bei den "Osbournes", der MTV-Serie. "Ich kann nur denken", sagt Wolfgang Hohlbein dann etwas düster, "wenn um mich herum Leben ist."
Ist Herr Hohlbein ein geistiger Vampir, der nachts nach oben steigt, in sein Schreibzimmer, um die Träume und Albträume, die so alt wie die Menschheit sind, anzuzapfen? Gibt es ein anderes Wesen, alt und mächtig, wie in einem Buch von H. P. Lovecraft, das ihm die Erzählung diktiert? Herr Hohlbein sagt in seiner langsamen Art, die jeden Buchstaben wie ein Mysterium herausstellt: "Ich habe eine sehr, sehr visuelle Phantasie". Wenn er die Augen schließt, dann laufe, wenn er erst mal in der Geschichte sei, die Handlung wie ein Film vor ihm ab. "Alles, was ich dann noch machen muß, ist, es aufzuschreiben", sagt Hohlbein, so als schriebe sich Hohlbein von selbst weiter.
Er diktiert diese Sätze, die sich tatsächlich oft so wie die Abschrift von Filmszenen lesen, seinem Aufnahmegerät. Früher ließ er sie abtippen. Nun wandelt eine Hohlbeins Stimme erkennende Software seine Vorstellungen in Text um. So diktiert Hohlbein das Hohlbein-Werk, dort oben, in diesem kleinen Zimmer im ersten Stock, das schon allein von den Hohlbein-Büchern zu voll ist. "Als würden die von selbst mehr werden." Manchmal ist der eher bescheidene Autor doch erstaunt über sich selbst. Der Rekord waren hundert gesprochene Seiten in einer Nacht für sein soeben erschienenes "Das Buch", in dem in einer fantastischen Bibliothek die Wirklichkeit umgeschrieben wird.
Besiegte Wahrscheinlichkeit
Und wieder so ein Buch, das nicht vor der fünfhundertsten Seite aufhört, und auch bei sechshundert hat das Grauen - ein Wort, das Wolfgang Hohlbein wie kalte Luft haucht - noch kein Ende. "Ich kann das nicht analysieren, ich kann das nicht steuern, da kommt immer noch eine andere Wendung." Man wolle ja als Fantasy-Autor nicht, daß das Wahrscheinlichste passiert. Und in dem Umgehen jeder Logik kann man sich auch mal etwas verlaufen. Gerade schreibe er an einem Buch, sagt er, da sei er jetzt auf Blatt vierhundert angekommen, wo eigentlich schon das erste Kapitel enden sollte. Aber vielleicht liegt das an der Sache selbst, wenn man das Unbeschreibliche beschreiben, das Unfaßbare fassen will. Da gibt es zwar ein paar Tricks, so Wolfgang Hohlbein, der selbst die größte Angst vor Spinnen hat, aber die seien so durchschaubar, "wie wenn im Film der Vampir besiegt ist, der Held sich umdreht und man weiß, daß gleich eine Hand von hinten kommt".
Er gehe da nicht intellektuell, nicht nach Plan vor. "Ich schaue den Geschichten zu, wie sie sich weiterentwickeln. Das ist auch der Grund, warum sie immer etwas lang werden." Und das ist auch der Grund, warum man beim Lesen eines Hohlbein-Buches immer das Gefühl hat, als würde man zugleich schon das nächste und vorherige Hohlbein-Buch mitlesen. Schon in einem seiner ersten Heftromane "Der Hexer" Anfang der achtziger Jahre schrieb Hohlbein prophetisch: "Aber seine Gedanken drehten sich im Kreis, wie seit dem Moment vor vier oder fünf Stunden. Er erinnerte sich kaum mehr an die Zeit, die dazwischen lag."
Mit einer Kurzgeschichte, die "Frankenstein 3000" hieß und hielt, was der Titel versprach, fing 1980 alles an. "Eine krude Geschichte, überhaupt nicht gut", Herr Hohlbein lacht trocken. Der damalige Industriekaufmann gab sie der Versandbuchhandlung "Transgalaxis", die in ihrem Katalog auch hin und wieder einem hoffnungsvollen Talent eine Chance bot. Ermutigt von diesem Abdruck, schickte er weitere Manuskripte an Verlage, die ersten Heftromane erschienen, dann der erste Bestseller "Märchenmond" - er gab seinen Job auf. Eine Zeit begann, die wie zum Titel einer seiner Serien zu passen schien: "Tage des Wahnsinns". In den folgenden zwanzig Jahren jagte ein Vampir den nächsten Zombie, düstere Ritter kamen, Elfen gingen, ein Buchprojekt überlagerte schon das nächste. Geht das immer so weiter? Im nächsten Jahr, befürchtet Wolfgang Hohlbein - er habe da etwas den Überblick verloren -, erscheinen wieder Tausende von Hohlbein-Seiten. Obwohl der 50jährige Autor auf seltsame Weise ohne Alter wirkt, scheint dieses Werk, das auch sein Leben umschrieb, doch etwas an ihm zu zehren. Er blickt hinaus, an einen Punkt, der weit hinter dem Wintergarten liegen muß; irgendwo schreit eine Katze.
"Es gibt immer noch Leute, die die Nase rümpfen, wenn sie das Wort Unterhaltung hören und wenn man damit Geld verdient. Noch schlimmer, wenn man dann auch noch erzählt, daß man ein Buch in drei Monaten schreibt und nicht sechs Jahre braucht, dann ist man unten durch."
Als Wolfgang Hohlbein noch ganz klein war und sich Erfindungen ausdachte und sich die Zukunft vorstellte, damals, als er mit einem in ein Schulbuch eingeschlagenen Perry-Rhodan-Heft auf dem Pausenhof stand, "da mußte man sich noch schämen für ein Groschenheft". Er habe aber immer schon fantastische Literatur gelesen, er könnte sich nie vorstellen, etwas Nichtfantastisches zu schreiben. Unabhängig von den Moden, "vor drei Jahren waren es Engel, vergangenes Jahr die Elfen": Wolfgang Hohlbein schreibt immer weiter an dieser endlosen Erzählung aus einer anderen Welt. Auch in Zeiten der Krise verkaufen sich seine Bücher gut. Denn vielleicht lehrt auch das die Lektüre des Wolfgang Hohlbein: Untote leben länger.
SABINE MAGERL
Zuletzt ist "Das Buch" erschienen, das Wolfgang Hohlbein zusammen mit Heike Hohlbein geschrieben hat. Ueberreuter Verlag. 850 Seiten. 24,90 Euro. Anfang Dezember erscheint Band sechs der "Chronik der Unsterblichen": "Die Blutgräfin". VGS-Verlag, 22,90 Euro.
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In Wolfgang Hohlbeins Horrorbücherwelt
Knochendürr und beinahe unsichtbar, steht er vor dem Bahnhofsladen, in dem es viele seiner Bücher gibt. Der Mann mit dem Pferdeschwanz, in Zigarettenrauch getaucht, den Tagmenschen abgewandt, dreht sich um; Tropfenbrille, ein leicht müder Blick, die verwaschene Jeans, eine Erscheinung wie aus Hippiezeiten auferstanden, stellt sich mit sanfter Stimme vor. Wolfgang Hohlbein sein Name. Der Name für das Unbegreifliche. Mehr Phänomen als nur Autor ist dieser Mann, der inzwischen mehr als hundertsechzig Bücher, umgerechnet alle drei Monate durchschnittlich ein Buch, mit einer Auflage von insgesamt rund sieben Millionen schrieb.
Mit offenem Verdeck jagt er den sportlichen Wagen hinein in die Herbstlandschaft, als wäre das hier nicht das Rheinland, sondern ein Highway irgendwo in Kalifornien. Eine halbe Stunde von Neuss entfernt, plötzlich, hält er neben einem Acker, vor einer Flucht von Reihenhäusern, die wie eine Trutzburg miteinander verwachsen sind. Den Eingang bewachen zwei Dämonen aus Stein. Aber was lehrt die Lektüre des umfangreichen Hohlbein-Werks, in einem immer neuen Zyklus? Nichts ist, wie es scheint.
Erschossene Wirklichkeit
In Hohlbeins Romanen bricht das Unbegreifliche, das andere mit der Impertinenz eines immer wiederkehrenden Zombies herein. Der Horror klopft spätestens auf Seite zehn in all seinen Formen und Schatten, ob Drache, Werwolf oder Geist, an bei der Wirklichkeit. "Aber was ist das, Wirklichkeit", fragt Wolfgang Hohlbein mit einer schwächer werdenden Stimme, als hätten seine Bücher schon zu viele Löcher in dieses Wort gerissen, und nun zieht es gewaltig zwischen dem Dies- und Jenseits.
"Marks Atem beschleunigte sich, und seine Hände begannen zu zittern. Was geschah hier? Was geschah mit ihm?" So heißt es beispielsweise in dem Buch "Azrael", in dem ein biblischer Todesengel die Stadt Berlin überschattet. Oder: "All das, was er sich in seinen kühnsten Albträumen zusammengeträumt hatte, war wahr - und nicht nur das. Die Wahrheit war tausendmal schlimmer . . ." Zu der Erkenntnis kommt ein mittelalterlicher Schwertkämpfer, der auch Vampir ist, in der "Chronik der Unsterblichen".
Ob das Buch nun in der Gegenwart oder im Mittelalter spielt, "Flut" oder "Die Templerin" heißt - Wolfgang Hohlbein beschreibt, so sagt er, "diese Mischung aus der Angst und dem Bedürfnis zu glauben, daß da noch mehr ist".
Und doch scheint hier zunächst alles so, wie man es sich von dem erfolgreichsten Fantasy-Autor Deutschlands erwartet, fast zu perfekt. Der kleine Glastisch im Wohnzimmer, der von einem schwarzen Drachen getragen wird; Perserkatzen, die wie Gespenster herumhuschen. Als Dekoration des massiven Eßtisches reitet eine Hexe auf einem Kürbis. Die Wände zeigen Bilder von der Nacht und ihren Gestalten; in den Regalen stehen Elfen und andere Wesen, für die es keinen Namen gibt. Herr Hohlbein trinkt Kaffee, etwas müde sagt er, hier arbeite er also. Wenn es Tag ist. Aber schreiben, das geht nur bei Nacht.
Es ist Nachmittag. Herr Hohlbein trinkt den dritten Frühstückskaffee. Seine Frau und gelegentliche Co-Autorin ist gerade mit großen Aldi-Tüten und einem Tui-Flug nach Mallorca vom Einkauf zurückgekehrt. Bevor wir einem Rätsel näherkommen könnten, wie man so viele Bücher in immer anderen Varianten über diesen ewigen Kampf zwischen Gut und Böse schreiben kann, klingelt es an der Tür. Die Kinder des Wolfgang Hohlbein, die nebenan wohnen, kommen vorbei. Eine Tochter, die auch fantastische Literatur schreibt, sie trägt ein Drachen-Tattoo auf dem Rücken, ein Sohn mit rosa Haaren und ein kleiner Junge, der frech sagt, daß das Buch "Drachenthal" doch ziemlich blöd sei. Es geht so chaotisch zu wie bei den "Osbournes", der MTV-Serie. "Ich kann nur denken", sagt Wolfgang Hohlbein dann etwas düster, "wenn um mich herum Leben ist."
Ist Herr Hohlbein ein geistiger Vampir, der nachts nach oben steigt, in sein Schreibzimmer, um die Träume und Albträume, die so alt wie die Menschheit sind, anzuzapfen? Gibt es ein anderes Wesen, alt und mächtig, wie in einem Buch von H. P. Lovecraft, das ihm die Erzählung diktiert? Herr Hohlbein sagt in seiner langsamen Art, die jeden Buchstaben wie ein Mysterium herausstellt: "Ich habe eine sehr, sehr visuelle Phantasie". Wenn er die Augen schließt, dann laufe, wenn er erst mal in der Geschichte sei, die Handlung wie ein Film vor ihm ab. "Alles, was ich dann noch machen muß, ist, es aufzuschreiben", sagt Hohlbein, so als schriebe sich Hohlbein von selbst weiter.
Er diktiert diese Sätze, die sich tatsächlich oft so wie die Abschrift von Filmszenen lesen, seinem Aufnahmegerät. Früher ließ er sie abtippen. Nun wandelt eine Hohlbeins Stimme erkennende Software seine Vorstellungen in Text um. So diktiert Hohlbein das Hohlbein-Werk, dort oben, in diesem kleinen Zimmer im ersten Stock, das schon allein von den Hohlbein-Büchern zu voll ist. "Als würden die von selbst mehr werden." Manchmal ist der eher bescheidene Autor doch erstaunt über sich selbst. Der Rekord waren hundert gesprochene Seiten in einer Nacht für sein soeben erschienenes "Das Buch", in dem in einer fantastischen Bibliothek die Wirklichkeit umgeschrieben wird.
Besiegte Wahrscheinlichkeit
Und wieder so ein Buch, das nicht vor der fünfhundertsten Seite aufhört, und auch bei sechshundert hat das Grauen - ein Wort, das Wolfgang Hohlbein wie kalte Luft haucht - noch kein Ende. "Ich kann das nicht analysieren, ich kann das nicht steuern, da kommt immer noch eine andere Wendung." Man wolle ja als Fantasy-Autor nicht, daß das Wahrscheinlichste passiert. Und in dem Umgehen jeder Logik kann man sich auch mal etwas verlaufen. Gerade schreibe er an einem Buch, sagt er, da sei er jetzt auf Blatt vierhundert angekommen, wo eigentlich schon das erste Kapitel enden sollte. Aber vielleicht liegt das an der Sache selbst, wenn man das Unbeschreibliche beschreiben, das Unfaßbare fassen will. Da gibt es zwar ein paar Tricks, so Wolfgang Hohlbein, der selbst die größte Angst vor Spinnen hat, aber die seien so durchschaubar, "wie wenn im Film der Vampir besiegt ist, der Held sich umdreht und man weiß, daß gleich eine Hand von hinten kommt".
Er gehe da nicht intellektuell, nicht nach Plan vor. "Ich schaue den Geschichten zu, wie sie sich weiterentwickeln. Das ist auch der Grund, warum sie immer etwas lang werden." Und das ist auch der Grund, warum man beim Lesen eines Hohlbein-Buches immer das Gefühl hat, als würde man zugleich schon das nächste und vorherige Hohlbein-Buch mitlesen. Schon in einem seiner ersten Heftromane "Der Hexer" Anfang der achtziger Jahre schrieb Hohlbein prophetisch: "Aber seine Gedanken drehten sich im Kreis, wie seit dem Moment vor vier oder fünf Stunden. Er erinnerte sich kaum mehr an die Zeit, die dazwischen lag."
Mit einer Kurzgeschichte, die "Frankenstein 3000" hieß und hielt, was der Titel versprach, fing 1980 alles an. "Eine krude Geschichte, überhaupt nicht gut", Herr Hohlbein lacht trocken. Der damalige Industriekaufmann gab sie der Versandbuchhandlung "Transgalaxis", die in ihrem Katalog auch hin und wieder einem hoffnungsvollen Talent eine Chance bot. Ermutigt von diesem Abdruck, schickte er weitere Manuskripte an Verlage, die ersten Heftromane erschienen, dann der erste Bestseller "Märchenmond" - er gab seinen Job auf. Eine Zeit begann, die wie zum Titel einer seiner Serien zu passen schien: "Tage des Wahnsinns". In den folgenden zwanzig Jahren jagte ein Vampir den nächsten Zombie, düstere Ritter kamen, Elfen gingen, ein Buchprojekt überlagerte schon das nächste. Geht das immer so weiter? Im nächsten Jahr, befürchtet Wolfgang Hohlbein - er habe da etwas den Überblick verloren -, erscheinen wieder Tausende von Hohlbein-Seiten. Obwohl der 50jährige Autor auf seltsame Weise ohne Alter wirkt, scheint dieses Werk, das auch sein Leben umschrieb, doch etwas an ihm zu zehren. Er blickt hinaus, an einen Punkt, der weit hinter dem Wintergarten liegen muß; irgendwo schreit eine Katze.
"Es gibt immer noch Leute, die die Nase rümpfen, wenn sie das Wort Unterhaltung hören und wenn man damit Geld verdient. Noch schlimmer, wenn man dann auch noch erzählt, daß man ein Buch in drei Monaten schreibt und nicht sechs Jahre braucht, dann ist man unten durch."
Als Wolfgang Hohlbein noch ganz klein war und sich Erfindungen ausdachte und sich die Zukunft vorstellte, damals, als er mit einem in ein Schulbuch eingeschlagenen Perry-Rhodan-Heft auf dem Pausenhof stand, "da mußte man sich noch schämen für ein Groschenheft". Er habe aber immer schon fantastische Literatur gelesen, er könnte sich nie vorstellen, etwas Nichtfantastisches zu schreiben. Unabhängig von den Moden, "vor drei Jahren waren es Engel, vergangenes Jahr die Elfen": Wolfgang Hohlbein schreibt immer weiter an dieser endlosen Erzählung aus einer anderen Welt. Auch in Zeiten der Krise verkaufen sich seine Bücher gut. Denn vielleicht lehrt auch das die Lektüre des Wolfgang Hohlbein: Untote leben länger.
SABINE MAGERL
Zuletzt ist "Das Buch" erschienen, das Wolfgang Hohlbein zusammen mit Heike Hohlbein geschrieben hat. Ueberreuter Verlag. 850 Seiten. 24,90 Euro. Anfang Dezember erscheint Band sechs der "Chronik der Unsterblichen": "Die Blutgräfin". VGS-Verlag, 22,90 Euro.
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