Die preußische Königin und deutsche Kaiserin Augusta stand in europaweitem Briefwechsel mit den bedeutendsten Persönlichkeiten ihrer Zeit. Als Gattin Wilhelms I. hatte sie zwar selbst keine politische Entscheidungsgewalt, aber vielgestaltige Handlungsspielräume, die sich anhand ihrer Briefe nachzeichnen lassen. In der ersten modernen wissenschaftlichen Monographie zu Augusta werden über 22.000 Briefe mit knapp 500 Personen im Rahmen einer quantitativ-qualitativen Untersuchung ausgewertet. Ihre Briefkommunikation wird dabei aus materiell-organisatorischer und netzwerkanalytischer Perspektive beleuchtet. Augusta baute sich ihr Briefnetzwerk sukzessive auf und nutzte ihre internationalen Kontakte, um Neuigkeiten und Meinungen von Höfen, Gesandtschaften, Hauptquartieren, Parlamenten und Kirchengemeinden einzuholen und weiterzuleiten. Sie fungierte damit als Beraterin des Königs, Ansprechpartnerin von Einflusssuchenden und Vermittlerin zwischen den Instanzen.
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Interessiert, aber nicht völlig überzeugt liest Rezensent Olaf Blaschke Susanne Bauers Buch, das den umfangreichen Briefwechsel zwischen der Kaiserin Augusta und Kaiser Wilhelm aufarbeitet. Äußerst umfangreich ist diese Kommunikation, so der Historiker Blaschke nach der Lektüre, unter anderem fasste Augusta für Wilhelm Presseartikel zusammen und versuchte ihn in vielen politischen Fragen zu beeinflussen, auch mithilfe ihres umfangreichen Netzwerks europäischer Eliten. Allerdings gelang ihr dies, stellt Bauer laut Blaschke dar, nicht allzu oft, womit sie auch der Darstellung Bismarcks widerspricht, der wiederholt den Einfluss der Kaiserin kritisiert hatte. Der Rezensent ist von der Tendenz dieser Arbeit, die sie mit Veröffentlichungen Jan Markerts und Frederik Frank Sterkenburghs zu anderen Aspekten des politischen Wirken Wilhelms teilt, Bismarcks Bedeutung für die politische Ausgestaltung des Deutschen Reichs als eher gering einzuschätzen, nicht ganz einverstanden. An Bauers Darstellung des zentralen Briefwechsels zwischen Kaiser und Kaiserin hat er allerdings nichts auszusetzen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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