Studienarbeit aus dem Jahr 1997 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: sehr gut, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Institut für Geschichte), Veranstaltung: Die Herausbildung selbstständiger Staaten auf dem Balkan im 10. Jahrhundert, Sprache: Deutsch, Abstract: Die Arbeit widmet sich den frühen russisch-byzantinischen Kontakten, den im 10. Jahrhundert zwischen Byzanz und dem Herrschaftsgebilde der Kiewer Rus abgeschlossenen Verträgen. Der Begriff "Herrschaftsgebilde" meint die wenig ausgeprägte Einherrschaft in der Rus, denn es handelte sich um eine nach und nach expandierende Konföderation ostslawischer Stämme. Einige Zentren übten Tributherrschaft über benachbarte Stämme aus. Die Rus war damals keine kompakte Monarchie, kein einheitlicher Staat. Das sollte man sich bei der Lektüre der Arbeit stets vor Augen halten.Im frühen 9. Jahrhundert kann von "Russen" noch keine Rede sein. Es sind mit ostlawischen "Clanchefs" verbündete warägische Wikinger, also Krieger aus dem heutigen Schweden, die allmählich die verschiedenen ostslawischen Stämme längs der Flüsse Dwina, Wolchow und Dnepr unterwarfen. Deshalb wird der Begriff "Russen" in dieser Arbeit nur in Anführungszeichen verwendet oder durch die Bezeichnung "Rus'en" ersetzt, wenn nicht der von den Griechen gebrauchte Terminus "Rhos" Verwendung findet. Die umstrittenen Vereinbarungen aus dem 9. Jahrhundert fanden der Vollständigkeit halber ebenfalls Eingang. Trotz der Fülle chronikalischer Quellen ist ihre tatsächliche Existenz bis heute nicht bewiesen, zumal jene (wegen ihrer späten Entstehung) höchst zweifelhaft sind bzw. aus ebenso unsicheren Urquellen schöpfen. Trotzdem spielen sie in der wissenschaftlichen Diskussion noch immer eine große Rolle und können nicht unbeachtet bleiben. Auch an der Historizität der zuerst genannten Vertragswerke gab es Zweifel. Heutige Historiker sind sich einig, dass die Verträge echt sind und die überlieferten Texte aus der Nestorchronik Übersetzungen griechischer Originale darstellen. Sie versuchten über den Vergleich dieser Verträge mit Verträgen zwischen Byzanz und italienischen Stadtrepubliken aus dem 12. Jahrhundert Rückübersetzungen der vorwiegend kirchenslawischen Texte ins Mittelgriechische. Dabei stellte sich heraus, dass die auf uns überkommenen Urkundenabschriften aus der Nestorchronik (die originalen Urkunden waren in Kopialbüchern in Byzanz registriert) nach den Regeln der byzantinischen Diplomatik aufgebaut sind. Offenbar gab es im damaligen Kiew noch kein entwickeltes Kanzleiwesen. Die Klarstellung, dass die Verträge heute anerkanntermaßen echt sind, sollte am Beginn der Arbeit stehen, um diese überhaupt erst zu motivieren.
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