In 'Die Canterbury-Erzählungen' entführt Geoffrey Chaucer die Leser ins England des 14. Jahrhunderts, wo eine bunte Pilgergruppe auf dem Weg zu den Reliquien des heiligen Thomas Becket nach Canterbury ist. Durch eine sorgfältige Auswahl an Erzählungen, die von Humor über Tragik bis zur Gesellschaftskritik reichen, spiegelt Chaucer die vielfältigen Facetten des menschlichen Lebens wider. Sein literarischer Stil zeichnet sich durch die meisterhafte Verwendung des Mittelenglischen, lebendige Charaktere und eine raffinierte Erzählerstimme aus, die es ihm erlaubt, soziale Schichten und deren Stereotypen auf eindringliche Weise zu beleuchten. Geoffrey Chaucer, oft als der Vater der englischen Literatur angesehen, lebte in einer Zeit des politischen Umbruchs und der sozialen Transformation. Die Herausforderungen seiner Zeit und seine Erfahrungen als Beamter am Hofe Königs Edward III. beeinflussten seine Sichtweisen zu Macht, Moral und menschlicher Natur. Dieses Spektrum an Erfahrungen und Beobachtungen fand seinen Ausdruck in den Geschichten, die er mit Scharfsinn und Witz füllte, wodurch er einen unschätzbaren Beitrag zur Entwicklung der englischen Sprache und Literatur leistete. 'Die Canterbury-Erzählungen' sind nicht nur ein literarisches Meisterwerk, sondern auch ein faszinierendes Zeitdokument. Leserinnen und Leser, die an der Entwicklung der englischen Sprache und der menschlichen Psychologie interessiert sind, werden von Chaucers scharfsinnigen Beobachtungen und der Vielfalt der Charaktere begeistert sein. Dieses Buch ist ein unverzichtbares Werk für alle, die die kulturhistorischen Wurzeln der englischen Erzähltradition erkunden möchten.
Perlentaucher-Notiz zur NZZ-Rezension
Die "Canterbury-Erzählungen" von Geoffrey Chaucer aus dem Jahr 1395 gelten als "eine Art Basistext der englischen Literatur", mit dem der im Jahr 1400 verstorbene Chaucer nicht nur das Mittelenglische als Literatursprache etablierte, sondern eine ganze Reihe von neuen Reim- und Erzählformen kreierte, weiß Stefana Sabin. Eine "integrale" deutsche Übersetzung dieser Sammlung von Pilgergeschichten hatte es erst in den achtziger Jahren gegeben, staunt die Rezensentin. Diese Übersetzung von Fritz Kemmler liegt nun in einer Neuauflage, ergänzt um das Original und einen umfangreichen, informativen und hilfreichen Kommentar von Jörg O. Fichte in einem "schönen" dreibändigen Schuber vor, freut sich Sabin. Ausführlich geht sie in ihrer Besprechung auf die Besonderheiten des Werks, seine Rezeptionsgeschichte, seine literarische und sprachliche Bedeutung und die Kemmler-Übersetzung ein, die sie, wo Kemmler "Wortspiele" und "Mehrdeutigkeiten" ins Deutsche zu "retten" wusste, für gelungen hält, teilweise aber etwas mühsam findet. Trotzdem, resümiert Sabin, sei diese Ausgabe ein "wertvoller Beitrag zur Rezeption Chaucers im deutschsprachigen Raum" und führe den Leser an einen der "wesentlichen Texte des literarischen Kanons" heran.
© Perlentaucher Medien GmbH
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