Anfang 1943 war der Zweite Weltkrieg entschieden - so die gängige Einschätzung. Doch es blieben enorme Herausforderungen bis zum endgültigen Sieg der Alliierten zu bewältigen. Das Deutsche Reich erreichte erst im Jahr 1943 den Höhepunkt seiner Rüstungsproduktion, es verfügte über ein schlagkräftiges Millionenheer und eine gefährliche U-Bootflotte. Die japanischen Truppen hatten sich auf den Inseln des Pazifik verschanzt. Dass der Krieg bereits 1945 zuende gehen würde, war alles andere als selbstverständlich.
Bestsellerautor Paul Kennedy schildert, wie die Alliierten in den Monaten zwischen der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 und der Invasion in der Normandie im Juni 1944 die Oberhand gewannen. Sein Interesse gilt jedoch nicht den Staatenlenkern und einer Geschichte von oben. Vielmehr schaut er den "Machern" und "Problemlösern" über die Schulter, deren technische Innovationen und taktische Neuerungen den Sieg erst ermöglichten. Wie konnten die deutschen U-Boote im Atlantik in Schach gehalten werden? Wie gelang es, die deutsche Luftabwehr auszuschalten, die den Briten und Amerikanern anfangs schwere Verluste zufügte? Wie wurde die deutsche Offensivkraft im Osten gebrochen? Wie löste man die logistischen Probleme der gigantischen Landeoperation in der Normandie und wie die Versorgungsprobleme im Pazifik? Militärgeschichte at its best.
Bestsellerautor Paul Kennedy schildert, wie die Alliierten in den Monaten zwischen der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 und der Invasion in der Normandie im Juni 1944 die Oberhand gewannen. Sein Interesse gilt jedoch nicht den Staatenlenkern und einer Geschichte von oben. Vielmehr schaut er den "Machern" und "Problemlösern" über die Schulter, deren technische Innovationen und taktische Neuerungen den Sieg erst ermöglichten. Wie konnten die deutschen U-Boote im Atlantik in Schach gehalten werden? Wie gelang es, die deutsche Luftabwehr auszuschalten, die den Briten und Amerikanern anfangs schwere Verluste zufügte? Wie wurde die deutsche Offensivkraft im Osten gebrochen? Wie löste man die logistischen Probleme der gigantischen Landeoperation in der Normandie und wie die Versorgungsprobleme im Pazifik? Militärgeschichte at its best.
Perlentaucher-Notiz zur Süddeutsche Zeitung-Rezension
So vollmundig von unten her, wie angekündigt, ist das Buch des Historikers Paul Kennedy über die Wende im Kampf der Alliierten gegen Deutschland anno 1943/44 dann doch nicht, als dass Thomas Medicus das nicht bereits (und besser, wie erfindet) bei Richard Overy ("Die Wurzeln des Sieges") gelesen hätte. Löblich, meint Medicus, dass der Autor keine weitere Geschichte des Zweiten Weltkriegs schreiben und nicht die üblichen monokausalen Erklärungsmuster für den Sieg der Alliierten bemühen möchte. Allein, es gelingt ihm nicht wirklich. Wiederum sieht Medicus die heroischen Problemlöser der mittleren Ebene im Vordergrund stehen, nicht das Fußvolk, wieder die effizienten Systeme, weniger die Kontingenz der Ereignisse. Am Ende unterscheidet sich das Buch nicht sehr von anderen Militärgeschichten, erklärt der Rezensent, der Kennedys verständliche, mitunter elegante Schreibe allerdings lobend erwähnt.
© Perlentaucher Medien GmbH
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Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 16.01.2013Die Wende im größten Krieg der Menschheitsgeschichte
In seinem Buch „Die Casablanca-Strategie“ versucht Paul Kennedy zu erklären, wie die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen
In Paul Kennedys neuem Buch erinnert manches an Bertolt Brechts „Fragen eines lesenden Arbeiters“. Ob Cäsar, als er die Gallier schlug, nicht wenigstens einen Koch dabei gehabt habe, ob im Siebenjährigen Krieg außer Friedrich dem Zweiten nicht auch noch andere gesiegt hätten, heißt es dort. Solche Fragen kommen Kennedys Absicht durchaus nahe: nämlich herauszufinden, „wie die Allliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen“ – so die Unterzeile des Buchtitels. Auch der an der amerikanischen Yale-Universität lehrende englische Historiker meint, es seien nicht die großen Heerführer der Alliierten, nicht also Montgomery, Eisenhower, Schukow, MacArthur allein gewesen, die sich den Sieg über die Achsenmächte Deutschland und Japan auf die Fahnen schreiben konnten. Wie aber hießen dann die Köche, deren Rezepte die alliierten Truppen vom Befehlshaber bis zum Frontsoldaten in Siegeslaune hielten?
Paul Kennedys Untersuchung beschränkt sich auf einen überschaubaren Zeitraum. Aus guten Gründen liefert sie keine weitere Geschichte des Zweiten Weltkriegs, von Wiederholungen abgesehen, scheut der Verfasser vor allem die Gefahr einer auf einen zwangsläufigen Sieg der Alliierten hinauslaufenden Darstellung. Der Schwerpunkt liegt stattdessen auf der Zeitspanne zwischen der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 – vor 70 Jahren – und der Invasion in der Normandie am
6. Juni 1944. Diese knapp anderthalb Jahre hat Kennedy, jeglicher Teleologie abhold, gut gewählt.
Es handelt sich nicht um die Phase der einen großen Wende – Stalingrad Ende Januar 1943 etwa –, sondern um eine Vielzahl kleinerer Wendepunkte in einem Zeitraum, an dessen Beginn das Kriegsglück der Alliierten alles andere als absehbar war. Zwar war Rommel in Nordafrika Anfang 1943 gescheitert, drang die Rote Armee Richtung Westen vor. Dennoch war, obwohl die Deutschen die Luftschlacht um England 1940 verloren hatten, der angloamerikanischen Bomberoffensive gegen deutsche Städte und Industrieanlagen – der „Operation Gomorrha“, die das Zentrum Hamburgs zerstörte – kein durchschlagender Erfolg beschieden. Ende 1943 war die Strategie des Bomber Command vorerst gescheitert.
Schlimmer stand es für die Westalliierten im selben Jahr auf der Atlantikroute. Die US-Frachtschiffe, die Menschen und Material zu den britischen Inseln und nach Nordafrika transportierten, waren über Monate hinweg hilflose Opfer der deutschen U-Boote, die im Zentralatlantik operierten. Dann aber änderte sich die Lage und schlug ins Gegenteil um, aus den deutschen Jägern wurden Gejagte. „Wie schickt man Geleitzüge sicher über den Atlantik?“ lautet die Überschrift des entsprechenden Abschnitts, in den übrigen vier Kapiteln variiert Kennedy diese Frage je nach Kriegsschauplatz, Kriegsführung und Waffengattung. Wie gelang es den Alliierten endlich doch, die Luftherrschaft über Deutschland zu erringen, die bis Ende 1942 erfolgreiche Blitzkriegsstrategie der Wehrmacht zu stoppen, die nordfranzösische Küste am D-Day zu erobern? Wie, Japan niederzuringen, trotz der Weite des Pazifiks?
Paul Kennedy ist ein versierter, auch für Laien klar, verständlich, ja elegant schreibender Historiker. Sein Weitblick auf die alliierte Gesamtstrategie ist ebenso bemerkenswert wie aufschlussreich. Aber seine Antwort auf die Frage, wie es kam, dass „binnen anderthalb Jahren im größten Krieg der Menschheitsgeschichte die Wende eintrat“, ist schon allein deshalb unbefriedigend, weil sie wie ein Mantra am Ende jedes Kapitels wiederholt wird, ohne dadurch überzeugender zu werden.
Zu Recht wird abgelehnt, „den Ausgang des Krieges auf eine einzige Ursache zurückzuführen, etwa allein auf materielle Überlegenheit oder eine Wunderwaffe oder ein magisches Dechiffriersystem“. Dennoch läuft Kennedy Gefahr, in eben solche monokausalen Erklärungsmuster zurückzufallen. Der Blick soll „von den bloßen Erklärungen der obersten Politiker und Militärs“ ab- und „nach unten gerichtet werden, dorthin, wo die verkündeten Ziele tatsächlich verwirklicht wurden.“ Es sind dann aber doch weder die Köche noch das Fußvolk ganz unten, sondern stets die „Problemlöser“, das „Personal der mittleren Ebene und die effizienten Systeme, die sie managten . . .“ – „Ingenieure“nennt Kennedy dieses Personal in einem umfassenderen, nicht bloß technischen Sinn.
Trotz solcher Ansprüche wie der löblichen Betonung kontingenter Ereignisse bleibt es bei bloßen Absichtserklärungen. Als „Problemlöser“ gilt, recht konventionell, der Erfindungsgeist einzelner Personen, was unter dem Strich auf technische Innovationen, neue Waffen und Ortungssysteme oder, in taktischer Hinsicht, auf die zunehmende Bedeutung der Luftunterstützung auch im Seekrieg hinausläuft. Alles dies unterscheidet sich im Kern nicht von anderen Militärgeschichten und lässt zudem viele Fragen offen. Interessanter als individueller Erfindungsgeist wäre eine genaue Beschreibung der Institutionen und Organisationen der alliierten Kriegswirtschaft gewesen, die nicht nur militärisches, sondern immer mehr ziviles Personal einbezog. Weil hier nicht geschieht, was man eine Soziologie militärischer Apparate der mittleren Ebene nennen könnte, läuft es doch wieder auf die unterschwellige Heroisierung Einzelner oder auf die unerschöpflichen Ressourcen auf Seiten der Alliierten hinaus.
Das vor über zehn Jahren erschienene Buch des britischen Historikers Richard Overy „Die Wurzeln des Sieges“ unterschied sich in der Fragestellung von derjenigen Kennedys nur um eine Nuance. „Warum die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen“, hieß es damals. Wie profitabel die Lektüre von Kennedys neuer Darstellung im Einzelnen auch sein mag, ein Vorteil gegenüber Overy ist nicht zu entdecken. Vieles wurde von diesem sogar anschaulicher dargestellt und besser erklärt. So erfährt man von Overy etwa, dass bei der Waffenentwicklung „die alliierten Streitkräfte von einem ausgedehnten zivilen Apparat unterstützt wurden“. Darüber hinaus verfügten sie über einen eindrucksvollen „militärischen Dienstleistungsbereich“, bei dem etwa im Pazifikkrieg auf jeden einzelnen amerikanischen Frontsoldaten 18 Personen aus den Bereichen Wartung, Nachschub, Kommunikation, Kontrolle, Logistik kamen.
Auch das waren „Problemlöser“, nur wurden sie nicht so spektakulär ins Feld geführt, wie Kennedy das tut. Richard Overys Argumente sind auch deshalb überzeugender, weil er die Versäumnisse der Gegenseite berücksichtigt. Dass Paul Kennedy die Fehlentwicklungen der Achsenmächte zu wenig im Blick hat, und deshalb offen lässt, warum die deutschen „Problemlöser“, die es schließlich auch gab, weniger effizient waren, das ist sein eigentliches Versäumnis.
THOMAS MEDICUS
Paul Kennedy: Die Casablanca-Strategie. Wie die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen. Januar 1943 bis Juni 1944. Aus dem Englischen von Martin Richter. Verlag C.H. Beck, München 2012. 448 Seiten, 24,95 Euro.
Wer waren die „Problemlöser?“
Die Generäle, das Fußvolk,
die Ingenieure?
Die Konferenz von Casablanca mit US-Präsident Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premier Winston Churchill fand vor genau siebzig Jahren in Marokko statt, im Januar 1943.
FOTO: AP
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In seinem Buch „Die Casablanca-Strategie“ versucht Paul Kennedy zu erklären, wie die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen
In Paul Kennedys neuem Buch erinnert manches an Bertolt Brechts „Fragen eines lesenden Arbeiters“. Ob Cäsar, als er die Gallier schlug, nicht wenigstens einen Koch dabei gehabt habe, ob im Siebenjährigen Krieg außer Friedrich dem Zweiten nicht auch noch andere gesiegt hätten, heißt es dort. Solche Fragen kommen Kennedys Absicht durchaus nahe: nämlich herauszufinden, „wie die Allliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen“ – so die Unterzeile des Buchtitels. Auch der an der amerikanischen Yale-Universität lehrende englische Historiker meint, es seien nicht die großen Heerführer der Alliierten, nicht also Montgomery, Eisenhower, Schukow, MacArthur allein gewesen, die sich den Sieg über die Achsenmächte Deutschland und Japan auf die Fahnen schreiben konnten. Wie aber hießen dann die Köche, deren Rezepte die alliierten Truppen vom Befehlshaber bis zum Frontsoldaten in Siegeslaune hielten?
Paul Kennedys Untersuchung beschränkt sich auf einen überschaubaren Zeitraum. Aus guten Gründen liefert sie keine weitere Geschichte des Zweiten Weltkriegs, von Wiederholungen abgesehen, scheut der Verfasser vor allem die Gefahr einer auf einen zwangsläufigen Sieg der Alliierten hinauslaufenden Darstellung. Der Schwerpunkt liegt stattdessen auf der Zeitspanne zwischen der Konferenz von Casablanca im Januar 1943 – vor 70 Jahren – und der Invasion in der Normandie am
6. Juni 1944. Diese knapp anderthalb Jahre hat Kennedy, jeglicher Teleologie abhold, gut gewählt.
Es handelt sich nicht um die Phase der einen großen Wende – Stalingrad Ende Januar 1943 etwa –, sondern um eine Vielzahl kleinerer Wendepunkte in einem Zeitraum, an dessen Beginn das Kriegsglück der Alliierten alles andere als absehbar war. Zwar war Rommel in Nordafrika Anfang 1943 gescheitert, drang die Rote Armee Richtung Westen vor. Dennoch war, obwohl die Deutschen die Luftschlacht um England 1940 verloren hatten, der angloamerikanischen Bomberoffensive gegen deutsche Städte und Industrieanlagen – der „Operation Gomorrha“, die das Zentrum Hamburgs zerstörte – kein durchschlagender Erfolg beschieden. Ende 1943 war die Strategie des Bomber Command vorerst gescheitert.
Schlimmer stand es für die Westalliierten im selben Jahr auf der Atlantikroute. Die US-Frachtschiffe, die Menschen und Material zu den britischen Inseln und nach Nordafrika transportierten, waren über Monate hinweg hilflose Opfer der deutschen U-Boote, die im Zentralatlantik operierten. Dann aber änderte sich die Lage und schlug ins Gegenteil um, aus den deutschen Jägern wurden Gejagte. „Wie schickt man Geleitzüge sicher über den Atlantik?“ lautet die Überschrift des entsprechenden Abschnitts, in den übrigen vier Kapiteln variiert Kennedy diese Frage je nach Kriegsschauplatz, Kriegsführung und Waffengattung. Wie gelang es den Alliierten endlich doch, die Luftherrschaft über Deutschland zu erringen, die bis Ende 1942 erfolgreiche Blitzkriegsstrategie der Wehrmacht zu stoppen, die nordfranzösische Küste am D-Day zu erobern? Wie, Japan niederzuringen, trotz der Weite des Pazifiks?
Paul Kennedy ist ein versierter, auch für Laien klar, verständlich, ja elegant schreibender Historiker. Sein Weitblick auf die alliierte Gesamtstrategie ist ebenso bemerkenswert wie aufschlussreich. Aber seine Antwort auf die Frage, wie es kam, dass „binnen anderthalb Jahren im größten Krieg der Menschheitsgeschichte die Wende eintrat“, ist schon allein deshalb unbefriedigend, weil sie wie ein Mantra am Ende jedes Kapitels wiederholt wird, ohne dadurch überzeugender zu werden.
Zu Recht wird abgelehnt, „den Ausgang des Krieges auf eine einzige Ursache zurückzuführen, etwa allein auf materielle Überlegenheit oder eine Wunderwaffe oder ein magisches Dechiffriersystem“. Dennoch läuft Kennedy Gefahr, in eben solche monokausalen Erklärungsmuster zurückzufallen. Der Blick soll „von den bloßen Erklärungen der obersten Politiker und Militärs“ ab- und „nach unten gerichtet werden, dorthin, wo die verkündeten Ziele tatsächlich verwirklicht wurden.“ Es sind dann aber doch weder die Köche noch das Fußvolk ganz unten, sondern stets die „Problemlöser“, das „Personal der mittleren Ebene und die effizienten Systeme, die sie managten . . .“ – „Ingenieure“nennt Kennedy dieses Personal in einem umfassenderen, nicht bloß technischen Sinn.
Trotz solcher Ansprüche wie der löblichen Betonung kontingenter Ereignisse bleibt es bei bloßen Absichtserklärungen. Als „Problemlöser“ gilt, recht konventionell, der Erfindungsgeist einzelner Personen, was unter dem Strich auf technische Innovationen, neue Waffen und Ortungssysteme oder, in taktischer Hinsicht, auf die zunehmende Bedeutung der Luftunterstützung auch im Seekrieg hinausläuft. Alles dies unterscheidet sich im Kern nicht von anderen Militärgeschichten und lässt zudem viele Fragen offen. Interessanter als individueller Erfindungsgeist wäre eine genaue Beschreibung der Institutionen und Organisationen der alliierten Kriegswirtschaft gewesen, die nicht nur militärisches, sondern immer mehr ziviles Personal einbezog. Weil hier nicht geschieht, was man eine Soziologie militärischer Apparate der mittleren Ebene nennen könnte, läuft es doch wieder auf die unterschwellige Heroisierung Einzelner oder auf die unerschöpflichen Ressourcen auf Seiten der Alliierten hinaus.
Das vor über zehn Jahren erschienene Buch des britischen Historikers Richard Overy „Die Wurzeln des Sieges“ unterschied sich in der Fragestellung von derjenigen Kennedys nur um eine Nuance. „Warum die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen“, hieß es damals. Wie profitabel die Lektüre von Kennedys neuer Darstellung im Einzelnen auch sein mag, ein Vorteil gegenüber Overy ist nicht zu entdecken. Vieles wurde von diesem sogar anschaulicher dargestellt und besser erklärt. So erfährt man von Overy etwa, dass bei der Waffenentwicklung „die alliierten Streitkräfte von einem ausgedehnten zivilen Apparat unterstützt wurden“. Darüber hinaus verfügten sie über einen eindrucksvollen „militärischen Dienstleistungsbereich“, bei dem etwa im Pazifikkrieg auf jeden einzelnen amerikanischen Frontsoldaten 18 Personen aus den Bereichen Wartung, Nachschub, Kommunikation, Kontrolle, Logistik kamen.
Auch das waren „Problemlöser“, nur wurden sie nicht so spektakulär ins Feld geführt, wie Kennedy das tut. Richard Overys Argumente sind auch deshalb überzeugender, weil er die Versäumnisse der Gegenseite berücksichtigt. Dass Paul Kennedy die Fehlentwicklungen der Achsenmächte zu wenig im Blick hat, und deshalb offen lässt, warum die deutschen „Problemlöser“, die es schließlich auch gab, weniger effizient waren, das ist sein eigentliches Versäumnis.
THOMAS MEDICUS
Paul Kennedy: Die Casablanca-Strategie. Wie die Alliierten den Zweiten Weltkrieg gewannen. Januar 1943 bis Juni 1944. Aus dem Englischen von Martin Richter. Verlag C.H. Beck, München 2012. 448 Seiten, 24,95 Euro.
Wer waren die „Problemlöser?“
Die Generäle, das Fußvolk,
die Ingenieure?
Die Konferenz von Casablanca mit US-Präsident Franklin D. Roosevelt und dem britischen Premier Winston Churchill fand vor genau siebzig Jahren in Marokko statt, im Januar 1943.
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