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Die CSU ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Parteienlandschaft. Viele aktuelle Trends der Entwicklung des Parteiensystems gehen scheinbar spurlos an ihr vorbei. Abnehmende Mitgliederzahlen oder die steigende Tendenz von Machtwechseln sind für die Mehrheitspartei in Bayern unbekannte Größen. Diesen Befund nur auf besondere politisch-kulturelle Verhältnisse zurückzuführen, greift zu kurz. Vielmehr muss es spezifische innerparteiliche Mechanismen des Machterhalts und der Machterneuerung geben. Die Studie rückt diese Perspektive in den Vordergrund. Sie liefert somit theoretisch…mehr

Produktbeschreibung
Die CSU ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Parteienlandschaft. Viele aktuelle Trends der Entwicklung des Parteiensystems gehen scheinbar spurlos an ihr vorbei. Abnehmende Mitgliederzahlen oder die steigende Tendenz von Machtwechseln sind für die Mehrheitspartei in Bayern unbekannte Größen. Diesen Befund nur auf besondere politisch-kulturelle Verhältnisse zurückzuführen, greift zu kurz. Vielmehr muss es spezifische innerparteiliche Mechanismen des Machterhalts und der Machterneuerung geben. Die Studie rückt diese Perspektive in den Vordergrund. Sie liefert somit theoretisch angeleitete Innenansichten der Machtarchitektur in der CSU seit dem Tod von Franz Josef Strauß im Oktober 1988 und analysiert Kooperation und Wettbewerb von innerparteilichen Machtzentren als Bedingungen für Geschlossenheit und Selbstregenerationsfähigkeit der Partei.
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Autorenporträt
Andreas Kießling ist Politikwissenschaftler am Centrum für angewandte Politikforschung in München.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 10.02.2005

Gehen Bayerns Uhren anders?
Warum die Christlich Soziale Union im zweitgrößten Land der Bundesrepublik so erfolgreich ist

Andreas Kießling: Die CSU. Machterhaltung und Machterneuerung. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2004. 380 Seiten, 34,90 [Euro].

Die CSU ist eine Ausnahmeerscheinung in der deutschen Parteienlandschaft. Von den Unbilden des zunehmenden Wechselwahlverhaltens offenbar abgeschottet, regiert sie im zweitgrößten Bundesland nunmehr seit fast vierzig Jahren mit absoluter Mehrheit. Kein anderer Landesverband kann in der Bundesrepublik auf eine ähnlich lange und unangefochtene Hegemonie zurückblicken. Die CSU hat sich in die Lebens- und Gefühlswelt ihrer Wähler so nahtlos eingepaßt, daß sie als konservative und christliche "Staatspartei" mit Bayern symbiotisch verbunden ist. Wo liegen die Gründe dieses phänomenalen Erfolgs? Darüber gibt Andreas Kießling Auskunft. Theoretisch versiert und gestützt auf breites Quellenmaterial, rekonstruiert er jene Entwicklung, die die kleinere Unionsschwester seit dem Tode von Franz Josef Strauß (1988) genommen hat.

Die Darstellung der Erfolgsbedingungen beginnt mit dem Faktor "politische Kultur". Schon in den achtziger Jahren gab es eine sozialwissenschaftliche Kontroverse darüber, ob die "Uhren in Bayern anders gehen" als im Rest der Bundesrepublik. In der Tat lassen sich sozialstrukturelle und sozialkulturelle Merkmale eines regionalen "Sonderbewußtseins" im Freistaat ausmachen, die den Christsozialen in spezifischer Weise zugute kommen. Dazu gehören die ländliche Prägung, der hohe Katholikenanteil oder die verspätete Industrialisierung. Die Bedeutung all dessen sollte aber nicht überbewertet werden. Schon Strauß hatte für die "Uhrenthese" nur Spott übrig. "Wenn die Uhren bei uns politisch tatsächlich anders gehen, dann deshalb, weil sie von uns anders gestellt wurden."

Der Dauererfolg der CSU ist ein Produkt konkreten politischen Handelns. So wie das ehemals rückständige Bayern unter ihrer Herrschaft wirtschaftlich an die bundesdeutsche Spitze gelangte, so ist es der CSU als Partei gelungen, die notwendige Verbindung von Selbstregenerationsfähigkeit im Inneren und geschlossenem Auftreten nach außen immer wieder neu herzustellen. Als Glücksfall hat sich zunächst die organisatorische Selbständigkeit innerhalb des gemeinsamen Unionsverbundes erwiesen. Die auf das Wahlgebiet Bayern begrenzte CSU tritt zu ihrer größeren Schwesterpartei nicht in Konkurrenz, kann aber als eigenständige Partei reklamieren, die bayerischen Interessen auch in der Bundespolitik mitzuvertreten. Dieser - gemessen an einem normalen Landesverband - überproportionale Einfluß würde bei einer Ausdehnung der Partei auf andere Bundesländer, wie sie in Kreuth 1976 und kurzzeitig auch nach der deutschen Vereinigung erwogen wurde, wahrscheinlich verlorengehen.

Das Hauptaugenmerk der Arbeit liegt auf den vier Machtzentren Landesleitung, Staatsregierung, Landtagsfraktion und Landesgruppe im Bundestag, zwischen denen die Abstimmungs- und Entscheidungsprozesse ablaufen. Der Autor charakterisiert das Verhältnis der Machtzentren zueinander als "kompetitive Kooperation". Wie diese funktioniert, wird anhand der zentralen personellen und politikinhaltlichen Weichenstellungen beschrieben, die die Partei in der Nach-Strauß-Ära vorzunehmen hatte. Wurde die Nachfolgefrage zunächst durch eine Trennung der Ämter des Parteivorsitzenden und Ministerpräsidenten beantwortet, so lag das strategische Hauptproblem zu dieser Zeit in der Verfolgung eines eigenen parteipolitischen Projekts in der früheren DDR (in Gestalt der DSU), während gleichzeitig die Arbeit an einem neuen Grundsatzprogramm begann.

Der Vorsitz in der Grundsatzkommission war eine wichtige Voraussetzung für den Aufstieg Edmund Stoibers, der sich in der Nachfolgeentscheidung für Max Streibl 1993 gegen Parteichef Theo Waigel durchsetzen konnte. Trotz der Rivalität ihrer beiden Spitzenmänner gelang es der CSU auch in der fünfjährigen Ära Waigel-Stoiber, den notwendigen Zusammenhalt zu bewahren. Symptomatisch dafür ist die Auseinandersetzung um die Einführung des Euro, wo die bayerischen Machtzentren eine wesentlich skeptischere Position vertraten als der für das Projekt zuständige CSU-Vorsitzende und Bundesfinanzminister. Obwohl sich Waigel am Ende durchsetzte, konnte Stoiber seine innerparteiliche Position durch den Streit weiter ausbauen. Von daher war es vorgezeichnet, daß Waigel nach der verlorenen Bundestagswahl 1998 zugunsten von Stoiber zurückweichen und den Weg für eine Neuvereinigung der beiden Spitzenämter frei machen würde.

Ist die CSU seither durch eine neuerliche Machtfusion und einen verstärkten bundespolitischen Anspruch gekennzeichnet (der in Stoibers eigener Kanzlerkandidatur 2002 kulminierte), so muß die "kompetitive Kooperation" der Machtzentren bis 1998 auch vor dem Hintergrund der spezifischen bayerischen Situation gesehen werden. Die sich selbst verstärkende Chancenlosigkeit der SPD im Freistaat zwingt die CSU gewissermaßen, die Oppositionsaufgabe gleich mitzuübernehmen. Die durch die Konkurrenz der Machtzentren erzeugte Dynamik und Erneuerungsfähigkeit erklärt aber noch nicht, warum es der Partei in den entscheidenden Situationen noch stets gelungen ist, zur Geschlossenheit zurückzufinden. Der Autor erklärt dies zum einen mit der Wettbewerbskonstellation, bei der die CSU ihre Sonderstellung gegen alle anderen Parteien verteidigen müsse. Zum anderen sieht er eine disziplinierende Organisationskultur am Werke, die das innerparteiliche Wetteifern dem Interesse am Gesamterfolg unterordne und abweichendes egoistisches Verhalten entsprechend hart sanktioniere. Wenn das der Fall ist, drängt sich die Frage auf, warum jene Form der Selbstdisziplin nicht auch im Verhältnis zur großen Schwesterpartei im notwendigen Maße geübt wird. Obwohl die Auseinandersetzungen um die Steuer- und Gesundheitspolitik im letzten Jahr Grund genug böten, sich damit zu beschäftigen, geht die ansonsten verdienstvolle Studie über dieses heikle Thema leider hinweg.

FRANK DECKER

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Als theoretisch versiert und auf breites Quellenmaterial gestützt lobt Rezensent Frank Decker diese "verdienstvolle Studie" zu Machterhalt und Machterneuerung der CSU, die ihm Auskunft über den "phänomenalen Erfolg" der "kleineren Unionsschwester" als bayrische Staatspartei gegeben hat. Die Darstellung der Erfolgsbedingung, die seinen Informationen zufolge die Entwicklung seit Franz Josef Strauß' Tod skizziert, sieht der Rezensent mit der Schilderung des Faktors "politische Kultur" beginnen. Das Hauptaugenmerk der Arbeit liege auf den vier Machtzentren "Landesleitung, Staatsregierung, Landtagsfraktion und Landesgruppe im Bundestag". Die Studie beschreibt Decker zufolge, anhand der "zentralen und politikinhaltlichen Weichenstellungen", wie die "kompetitive Kooperation" dieser Machtzentren funktioniert.

© Perlentaucher Medien GmbH
"Das Buch [...] hat es zum Standardwerk geschafft." tz, 19.01.2007

"[...] ausgezeichnete Deutungen, die zum Verständnis der CSU einen großen Beitrag leisten." Nordbayerischer Kurier, 13.06.2006

"Zweifelsohne wird durch die Arbeit von Kießling die Forschungslücke zur jüngeren Parteigeschichte der CSU geschlossen." Zeitschrift für Parlamentsfragen, 02/2006

"Kießlings Buch besticht [...] durch die Verwendung zahlreicher Interviews mit CSU-Politikern [...]." Deutschland Archiv, 01/2006

"Theoretisch versiert und gestützt auf breites Quellenmaterial [...]." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 10.02.2005