Der Wegweiser zur digitalen Mündigkeit Warum findet Facebook jeden meiner Bekannten? Auf welche Datenspuren hat der Staat Zugriff? Und was kann man aus ihnen herauslesen?
Die Experten für Informationssicherheit, Constanze Kurz und Frank Rieger, weisen uns den Weg zu einer neuen digitalen Mündigkeit. Sachkundig und verständlich erklären sie, was sich hinter den Benutzeroberflächen tatsächlich verbirgt. Aus dem Strom scheinbar harmloser Daten, die wir tagtäglich im Netz hinterlassen, werden geldwerte Informationen geschöpft, deren Ausmaß und Gehalt wir uns gar nicht vorstellen können. Ob der Staat oder Google, alle bedienen sich am Datensatz Mensch. Es ist an der Zeit, das eigene digitale Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Die Experten für Informationssicherheit, Constanze Kurz und Frank Rieger, weisen uns den Weg zu einer neuen digitalen Mündigkeit. Sachkundig und verständlich erklären sie, was sich hinter den Benutzeroberflächen tatsächlich verbirgt. Aus dem Strom scheinbar harmloser Daten, die wir tagtäglich im Netz hinterlassen, werden geldwerte Informationen geschöpft, deren Ausmaß und Gehalt wir uns gar nicht vorstellen können. Ob der Staat oder Google, alle bedienen sich am Datensatz Mensch. Es ist an der Zeit, das eigene digitale Schicksal wieder selbst in die Hand zu nehmen.
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 22.08.2011Digitale Mündigkeit
Wie man sein Facebook-Profil löscht und andere Tipps
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten digitalen Unmündigkeit. Dieses aufklärerische Buch erläutert, wie sich Internetfirmen und Staat unsere persönlichen Daten einverleiben. Vielen Menschen scheint das nichts auszumachen. Wer sich noch an die Proteste erinnert, die die Volkszählung 1987 hervorgerufen hat, mag verwirrt sein, wie schnell sich die öffentliche Meinung über Privatsphäre geändert hat.
Denn jeder, der heute ein Facebook-Profil pflegt oder sein Smartphone regelmäßig benutzt, gibt unendlich mehr Fakten über sich preis als eine Volkszählung je hätte erfassen können. Eric Schmidt, der bis April dieses Jahres Vorstandschef von Google war, meinte in entwaffnender Offenheit: "Wenn Sie etwas machen, von dem Sie nicht wollen, dass es irgendwer erfährt - dann sollten Sie es vielleicht gar nicht erst tun." Dahinter steht der Gedanke, dass jeder für die Daten, die er durch sein Verhalten verursacht, selbst verantwortlich sei.
"Doch gerade die Vernetzung der Nutzer untereinander bringt Informationen über Menschen in unerhörtem Ausmaß zutage, die der Einzelne kaum mehr steuern kann", schreiben Constanze Kurz und Frank Rieger in ihrer verständlich geschriebenen und sehr empfehlenswerten Einstiegslektüre. Kurz ist Informatikerin und eine ehrenamtliche Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Auch Rieger ist einer der Sprecher des Clubs, zudem technischer Geschäftsführer eines Unternehmens für Kommunikationssicherheit. Beide sind Autoren dieser Zeitung.
Über ihren "Wegweiser zur digitalen Mündigkeit" spricht seit einigen Wochen nicht nur Deutschland. Der luxemburgische Spitzenpolitiker Lucien Lux hat das Buch unlängst zur Sommerlektüre empfohlen. Eltern verstehen erstmals, welche Datenspuren sie selbst und ihre Kinder in der Online-Welt hinterlassen - und wie anhand dieser Spuren zukünftiges Verhalten prognostiziert werden kann. Dass die einmal eingegebenen Daten zum Beispiel bei Facebook nur sehr kompliziert wieder gelöscht werden können, ist keine neue Erkenntnis.
Die Autoren erläutern auf ihrer Website (http://datenfresser.info), welche mühsamen Schritte man dafür gehen muss. Das erweist sich fast als eine Geheimwissenschaft. Doch auch eine solche Löschung umfasst nur die selbst eingestellten Informationen. Ist uns also die Kontrolle über die Daten zur eigenen Person unwiderruflich verloren gegangen? Noch nicht, meinen Kurz und Rieger. Sie fordern von der Politik eine Stiftung Datenschutz und ein Verbot der Vorratsdatenspeicherung.
Dem ist zuzustimmen, auch wenn die Autoren die Erfolge der digitalen Überwachung bei Verbrechensprävention und Verbrechensbekämpfung etwas lapidar zur Seite wischen. Ebenso wenig liegt die immense Bedeutung von Datenprofilen für die Werbewirtschaft, wovon viele mittelständische Unternehmen profitieren, im Fokus der Betrachtung. Es geht mehr um Facebook und Google, auf die man sich als böse Buben schnell einigen kann.
Dabei liegt die Hauptgefahr in der Trägheit ihrer Nutzer. Was also kann jeder Einzelne tun, um sich zu schützen? Finger weg von Internetdiensten, die keine pseudonyme Nutzung erlauben (wie Google+). Niemals dasselbe Passwort für verschiedene Angebote verwenden. Bei Abfragen Phantasiedaten verwenden, zum Beispiel einen erfundenen Geburtstag. Und: Mut haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, um das eigene digitale Verhalten zu ändern.
JOCHEN ZENTHÖFER.
Constanze Kurz / Frank Rieger: Die Datenfresser.
Frankfurt am Main 2011, 16,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Wie man sein Facebook-Profil löscht und andere Tipps
Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten digitalen Unmündigkeit. Dieses aufklärerische Buch erläutert, wie sich Internetfirmen und Staat unsere persönlichen Daten einverleiben. Vielen Menschen scheint das nichts auszumachen. Wer sich noch an die Proteste erinnert, die die Volkszählung 1987 hervorgerufen hat, mag verwirrt sein, wie schnell sich die öffentliche Meinung über Privatsphäre geändert hat.
Denn jeder, der heute ein Facebook-Profil pflegt oder sein Smartphone regelmäßig benutzt, gibt unendlich mehr Fakten über sich preis als eine Volkszählung je hätte erfassen können. Eric Schmidt, der bis April dieses Jahres Vorstandschef von Google war, meinte in entwaffnender Offenheit: "Wenn Sie etwas machen, von dem Sie nicht wollen, dass es irgendwer erfährt - dann sollten Sie es vielleicht gar nicht erst tun." Dahinter steht der Gedanke, dass jeder für die Daten, die er durch sein Verhalten verursacht, selbst verantwortlich sei.
"Doch gerade die Vernetzung der Nutzer untereinander bringt Informationen über Menschen in unerhörtem Ausmaß zutage, die der Einzelne kaum mehr steuern kann", schreiben Constanze Kurz und Frank Rieger in ihrer verständlich geschriebenen und sehr empfehlenswerten Einstiegslektüre. Kurz ist Informatikerin und eine ehrenamtliche Sprecherin des Chaos Computer Clubs. Auch Rieger ist einer der Sprecher des Clubs, zudem technischer Geschäftsführer eines Unternehmens für Kommunikationssicherheit. Beide sind Autoren dieser Zeitung.
Über ihren "Wegweiser zur digitalen Mündigkeit" spricht seit einigen Wochen nicht nur Deutschland. Der luxemburgische Spitzenpolitiker Lucien Lux hat das Buch unlängst zur Sommerlektüre empfohlen. Eltern verstehen erstmals, welche Datenspuren sie selbst und ihre Kinder in der Online-Welt hinterlassen - und wie anhand dieser Spuren zukünftiges Verhalten prognostiziert werden kann. Dass die einmal eingegebenen Daten zum Beispiel bei Facebook nur sehr kompliziert wieder gelöscht werden können, ist keine neue Erkenntnis.
Die Autoren erläutern auf ihrer Website (http://datenfresser.info), welche mühsamen Schritte man dafür gehen muss. Das erweist sich fast als eine Geheimwissenschaft. Doch auch eine solche Löschung umfasst nur die selbst eingestellten Informationen. Ist uns also die Kontrolle über die Daten zur eigenen Person unwiderruflich verloren gegangen? Noch nicht, meinen Kurz und Rieger. Sie fordern von der Politik eine Stiftung Datenschutz und ein Verbot der Vorratsdatenspeicherung.
Dem ist zuzustimmen, auch wenn die Autoren die Erfolge der digitalen Überwachung bei Verbrechensprävention und Verbrechensbekämpfung etwas lapidar zur Seite wischen. Ebenso wenig liegt die immense Bedeutung von Datenprofilen für die Werbewirtschaft, wovon viele mittelständische Unternehmen profitieren, im Fokus der Betrachtung. Es geht mehr um Facebook und Google, auf die man sich als böse Buben schnell einigen kann.
Dabei liegt die Hauptgefahr in der Trägheit ihrer Nutzer. Was also kann jeder Einzelne tun, um sich zu schützen? Finger weg von Internetdiensten, die keine pseudonyme Nutzung erlauben (wie Google+). Niemals dasselbe Passwort für verschiedene Angebote verwenden. Bei Abfragen Phantasiedaten verwenden, zum Beispiel einen erfundenen Geburtstag. Und: Mut haben, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen, um das eigene digitale Verhalten zu ändern.
JOCHEN ZENTHÖFER.
Constanze Kurz / Frank Rieger: Die Datenfresser.
Frankfurt am Main 2011, 16,95 Euro
Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
Perlentaucher-Notiz zur TAZ-Rezension
Nicht hundertprozentig zufrieden ist Johannes Gernert mit diesem Buch. Constanze Kurz und Frank Rieger vom Chaos Computer Club, die mit ihren Datenschutzartikeln auch gern die Internetskepsis der FAZ bestärken, entwerfen hier ein beunruhigendes Szenario eines unleugbaren Potenzials der Digitalisierung: Der Mensch wird lückenlos überwachbar, hat Chips im Pass und kann sich der Datensammelei kaum mehr entziehen. Gernert folgt den beiden Autoren halbwegs, bemängelt dann aber doch unzureichende Belege bei manchen Behauptungen und sieht das Buch zuweilen in gefährlicher Nähe zu Verschwörungstheorien. Den "Ausgang aus der selbstverschuldeten Datenunmündigkeit" würde er wohl dennoch zusammen mit den Autoren suchen.
© Perlentaucher Medien GmbH
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