1959: die DDR wird zehn Jahre alt. Ökonomisch setzte die Partei- und Staatsführung vorrangig auf den Ausbau der Chemieindustrie und die Kollektivierung der Landwirtschaft. Doch die Durchsetzung des 1958 beschlossenen Chemie-Programms lief nicht wie geplant und bei der Ausführung ehrgeiziger Industriebauprojekte gab es massive Probleme. Bauern weigerten sich in die LPG einzutreten. Die schlechte Versorgungslage sorgte weiter für Unmut in der Bevölkerung. Innenpolitisch hatte Ulbricht seine Position durch die Ausschaltung von Gegnern in Partei und Intelligenz in den Jahren zuvor gestärkt. Doch es rumorte weiter im Land: Noch immer verließen Angehörige der wissenschaftlichen Intelligenz, vor allem Ärzte, das Land. Kritik an der ideologischen Vereinnahmung der Bevölkerung wurde besonders von den Kirchen und in vereinzelten Aktionen auch von Studenten artikuliert. Das sind die Themen, die die Berichte des MfS an die SED-Führung im Jahr 1959 dominieren. Darüber hinaus wird von Havarienin der Industrie, von Unfällen im Tagebau, über vereinzelte Streiks, über Ärzteflucht und (angebliche) Sabotageakte, über die Vorbereitungen zu den Feierlichkeiten des 10. Staatsgeburtstages sowie Provokationen an der innerdeutschen Grenze informiert.Bearbeiterin:Dr. Ann-Kathrin Reichardt war Wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung Kommunikation und Wissenschaft des Stasi-Unterlagen-Archivs in Berlin.Unter Mitarbeit von:Dr. Martin Stief ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter in der Abteilung Vermittlung und Forschung des Stasi-Unterlagen-Archivs in Berlin.