Marktplatzangebote
2 Angebote ab € 14,25 €
  • Broschiertes Buch

Die Schlacht an der Somme 1916 war nicht nur die verlustreichste Schlacht des Ersten Weltkriegs, sondern möglicherweise der gesamten Geschichte. Über 400.000 britische und etwa 200.000 französische Soldaten wurden in der Schlacht getötet oder verwundet. Die Verluste waren auf deutscher Seite mit bis zu 600.000 Mann annähernd gleich hoch. Trotz dieser enormen Verluste führte die Somme-Schlacht nicht zu der von den Alliierten erhofften, völligen Erschöpfung des deutschen Heeres, wohl aber zu einer starken Schwächung der Streitkräfte auf beiden Seiten. Der 1. Juli 1916 ist der verlustreichste Tag…mehr

Produktbeschreibung
Die Schlacht an der Somme 1916 war nicht nur die verlustreichste Schlacht des Ersten Weltkriegs, sondern möglicherweise der gesamten Geschichte. Über 400.000 britische und etwa 200.000 französische Soldaten wurden in der Schlacht getötet oder verwundet. Die Verluste waren auf deutscher Seite mit bis zu 600.000 Mann annähernd gleich hoch. Trotz dieser enormen Verluste führte die Somme-Schlacht nicht zu der von den Alliierten erhofften, völligen Erschöpfung des deutschen Heeres, wohl aber zu einer starken Schwächung der Streitkräfte auf beiden Seiten.
Der 1. Juli 1916 ist der verlustreichste Tag in der britischen Militärgeschichte, was bis heute eine gewisse Bedeutung in Grossbritannien besitzt. Im deutschen und französischen Bewusstsein nimmt die Schlacht um Verdun einen grösseren Stellenwert ein, die ebenfalls enorme Verluste bei geringfügig veränderten Fronten herbeiführte. Charakteristisch für beide Schlachten war nicht nur der enorme personelle und materielle Aufwand, sondern vor allem der äusserst bedenkenlose Umgang mit Menschenleben.
In einzelnen Kapiteln präsentiert der Band Dokumente und Abbildungen, begleitet von Kommentaren und Erläuterung. Das Buch soll auch als Reiseführer zu den Museen, Gedenkstätten und Erinnerungsorten des Weltkriegs an der Somme dienen.

1) John Horne: Deutscher Vormarsch und Besatzung 1914-1916
2) Annette Becker: Die Reaktion der Zivilbevölkerung
3) Gerhard Hirschfeld: Die erste Somme-Schlacht 1916
4) Michael Geyer: Deutscher Rückzug und Zerstörung 1917
5) Markus Pöhlmann: Die zweite Somme-Schlacht 1918
6) Gerd Krumeich: Die Somme und der Erste Weltkrieg
Autorenporträt
Gerhard Hirschfeld ist Direktor der Bibliothek für Zeitgeschichte und Professor am Historischen Institut der Universität Stuttgart. 1978-1989 Mitarbeiter am Deutschen Historischen Institut in London. Seit 2000 Präsident des Internationalen Komitees für die Geschichte des Zweiten Weltkriegs.
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 18.09.2006

Die Präsenz des Großen Krieges

Die Zeitgeschichte: ein Kabuff, wie jüngst bemerkt wurde. Die ganze Geschichte also: ein Riesenkabuff. Ein Rekrutierungsbüro für das gerade politisch Korrekte, eine Leichenhalle des Lebendigen. So läßt sich, ein wenig zugespitzt, die Lage der deutschen Geschichtswahrnehmung nach der Epoche ihres größten Erfolgs beschreiben. Denn nicht sieben, nicht zehn, sondern mehr als zwanzig fette historische Jahre mit einer noch nie dagewesenen medialen Präsenz "der Geschichte" scheinen den Sinn für das Historische merkwürdigerweise nicht gestärkt zu haben. Im Gegenteil: Es scheint vielmehr so, als habe das beständige Pflügen auf dem Acker der Geschichte das Historische als Empfindungssinn vollkommen abgestumpft und an seine Stelle eine Normenkontrollinstanz gesetzt.

Fünf Jahre nach den Anschlägen vom 11. September 2001 aber haben die katastrophischen Bilder der in sich zusammensinkenden Twin Towers dem Zuschauer die Sturzgeburt einer Epoche nicht nur vor Augen geführt, sondern als Erfahrung deutbar gemacht: Plötzlich gibt es Abstand und Unwiederbringliches. Im Angesicht des nahezu gegenwärtigen Ereignisses des Jahres 2001 mit seinen vielen Augenzeugenberichten, Schicksalen und Bildern scheint sich bei den Betrachtern eine wirkliche Empfindung des Historischen eingestellt zu haben, wie sie auch zwanzig historische Ausstellungen nicht zustande bringen. Der Grund liegt zuallererst in der Anschauung, ohne die alle Geschichtsschreibung Stroh wäre, und in den vielen Berichten und Zeugnissen. Hören und Sehen beginnt da, wo es dem Betrachter zu vergehen scheint.

Der Erste Weltkrieg mit seinen zivilisatorischen Schocks korrespondiert wie kaum eine andere Zäsur mit der gegenwärtigen Krise. Das liegt am radikalen Charakter des Einschnitts, aber insbesondere auch an der historiographischen Arbeit, die den Weltkrieg seit Jahrzehnten frei von jedem Kabuffmief gehalten hat. Das ist nicht zuletzt das Verdienst von Gerhard Hirschfeld, dem Leiter der traditionsreichen Bibliothek für Zeitgeschichte in Stuttgart, der morgen seinen sechzigsten Geburtstag feiert. Er hat die frühere "Weltkriegsbibliothek" zu einem Zentrum der Forschung zu den beiden Weltkriegen gemacht und mit einer bedeutenden Anzahl an Veröffentlichungen entscheidenden Anteil daran, daß die Impulse, die Ende der siebziger Jahre vor allen von Literaturwissenschaftlern kamen und aus der Sackgasse der "Schuldfrage" hinausführten, in der Geschichtsschreibung über den Ersten Weltkrieg weiterwirken konnten. Vor drei Jahren veröffentlichten Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz mit viel Umsicht die "Enzyklopädie Erster Weltkrieg", in der die Fülle der Literatur und gerade die Erträge der neueren Forschung gebündelt vorliegt. Es ist charakteristisch für Gerhard Hirschfeld und die ihm verbundenen Gelehrten, daß man nach dem großen systematischen Werk wieder auf die andere Seite wechselt - zurück zu den Quellen. Und siehe da - der Erste Weltkrieg ist nicht bloß in all seiner numerischen Grauenhaftigkeit und in seinen epochalen Auswirkungen, sondern vor allem im individuellen Zeugnis lebendig. Der vom Dreigestirn Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz soeben herausgegebene Band ("Die Deutschen an der Somme 1914-1918. Krieg, Besatzung, Verbrannte Erde". Klartext Verlag, Essen 2006. 281 S., br., 19,90 ) rückt durch die exzellente Quellenauswahl die Erfahrung dieser Schlacht in Greifweite.

In sieben Abschnitten wird die Somme-Schlacht von der Planung über das eigentliche Schlachtgeschehen 1916, über Besetzung, Rückzug und schließlich die kurze deutsche Wiederkehr im Jahr 1918 bis hin zur Erinnerungsliteratur und der pädagogisch-historischen Aufarbeitung in den Museen und Gedenkstätten geradezu archäologisch präsentiert. Wer nur einmal Soldatenbriefe gelesen hat - und der Band versammelt eine ganze Anzahl -, der wird von einem ähnlichen Schwindel erfaßt wie beim Betrachten der Bilder des World Trade Center. Menschen verschwinden mit einem letzten Zeichen in einem Ereignisstrudel, letzte Begründungen vor dem Untergang suchend.

Anhand eines minimal scheinenden Details markiert Gerhard Hirschfeld haarscharf die Erfahrungsdifferenz zwischen Zeitgenossen und Nachgekommenen: Den Namen des Flusses Somme sprachen die deutschen Zeitgenossen in der Regel auch deutsch aus, also mit weichem "S" und ausgesprochenem "e" am Ende. Somme - was in diesem weichen Klang erstickt ist, wirkte in Frankreich, England und Deutschland fort. Der totale Krieg, die Umdefinition des Begriffs vom "Zivilisten" mitsamt den losgelassenen Imperativen der bedingungslosen Gewalt - alldem begegnet der Leser in diesem Band so, daß die Einfühlung zur ersten Stufe der Hermeneutik wird. Es entsteht ein Vorstellungsraum: 1,5 Millionen Granaten feuerten die Briten in der ersten Woche der Schlacht, vom 24. Juni bis zum 30. Juni 1916, auf die deutschen Stellungen ab, als Vorbereitung des Infanterieangriffs. Jeder Einschlag schlug auf das Denken, auf die Empfindung und die Wahrnehmung, auch dann noch, als die Blutfelder in der Zwischenkriegszeit zur Touristenattraktion wurden. Der Band macht den Leser staunen: Während Geschichte in all den schönen Ausstellungen oft wie ein ausgestopftes Krokodil aussieht, ist hier der historische Sinn angesprochen, der das lebendige Biest an der Wand des Kabuffs atmen hört.

MICHAEL JEISMANN

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
…mehr

Perlentaucher-Notiz zur F.A.Z.-Rezension

Kurz und eindrucksvoll schildert Michael Jeismann eine imposante Begegnung: Das Buch als hermeneutische Initiationserfahrung. Bei diesem hier geht es um die Öffnung des "Vorstellungsraumes" Krieg. Dass der Rezensent ihn lieber betritt als die üblichen historischen Grabkammern, "Kabuffs", wie er schreibt, hat unmittelbar mit der Arbeit des Historikers Gerhard Hirschfeld und seiner Mitherausgeber zu tun. Die Schlacht an der Somme, von ihrer Planung bis zu ihrer historischen Aufarbeitung, nicht als epochales, sondern vermittels "exzellenter" Quellen (Soldatenbriefe etwa) als individuelles Ereignis zu schildern, macht für Jeismann Sinn.

© Perlentaucher Medien GmbH