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Willkommen im Dilettantenstadl!
Erst sehen sie der Weltfinanzkrise tatenlos zu, dann machen sie alles noch schlimmer mit untauglichen Gesetzen und handwerklichen Fehlern beim Konjunkturpaket - und das ist nur die Spitze des Eisbergs. Befindet sich unser Staat in der Hand von ausgemachten Stümpern? Parteienforscher Thomas Wieczorek unterzieht unsere Politiker einem schonungslosen Eignungstest: Egal ob Regierung oder Opposition - die Ergebnisse sind erschreckend. Fachliche Kompetenz? Fehlanzeige. Stattdessen Mittelmaß und Unfähigkeit, wohin man blickt. Und das kann schnell gefährlich…mehr

Produktbeschreibung
Willkommen im Dilettantenstadl!

Erst sehen sie der Weltfinanzkrise tatenlos zu, dann machen sie alles noch schlimmer mit untauglichen Gesetzen und handwerklichen Fehlern beim Konjunkturpaket - und
das ist nur die Spitze des Eisbergs. Befindet sich unser Staat in der Hand von ausgemachten Stümpern?
Parteienforscher Thomas Wieczorek unterzieht unsere Politiker einem schonungslosen Eignungstest:
Egal ob Regierung oder Opposition - die Ergebnisse sind erschreckend. Fachliche Kompetenz? Fehlanzeige. Stattdessen Mittelmaß und Unfähigkeit, wohin man
blickt. Und das kann schnell gefährlich werden.

Dieses Buch holt sie ans Licht:
Die Wahrheit über unsere Volksvertreter.
Autorenporträt
Wieczorek, Thomas
Thomas Wieczorek (1953 - 2013) war Journalist und Parteienforscher. Nach einem VWL-Studium an der Freien Universität Berlin arbeitete er u.a. für die dpa und Reuters und als freier Journalist für die Frankfurter Rundschau, den Deutschlandfunk, den Südwestfunk sowie den Eulenspiegel. Thomas Wieczorek, der über "Die Normalität der politischen Korruption" promovierte, war Autor mehrerer politischer Debattenbücher, darunter die Bestseller "Die Dilettanten", "Die verblödete Republik" und "Die geplünderte Republik".
Rezensionen

Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 26.10.2009

Stimme haben und bei Stimmung bleiben
Die Fachkompetenz der Politiker, die Aufgaben der Parteien und die Funktion des Wahlrechts

Rechtzeitig vor der Bundestagswahl erschienen Bücher, die der Politikverdrossenheit der Bürger Ausdruck verleihen und den Lesern die Irrelevanz ihrer Stimme vor Augen führen wollten. Dazu zählen Arbeiten des Schriftstellers Wieczorek und des Speyrer Staatsrechtslehrers von Arnim. Wer Deutschland nicht kennt und sich nur auf diese beiden Bücher verlässt, vermutet ein von inkompetenten, machtgierigen Politikern schlecht regiertes und korruptes Land. Von ganz anderer Art ist das Buch des Heidelberger Staatsrechtslehrers Kirchhof, der die geistigen Grundlagen der deutschen Demokratie ausbreitet.

Wieczorek vermisst an den deutschen Politikern zunächst die Fachkompetenz. "Ganze Kohorten von Absolventen fachfremder Ausbildungen und in normalen Berufen vollständig unerfahrenen Menschen" würden in höchste Positionen gehievt; so eine Elektrotechnikerin an die Spitze des Landwirtschaftsministeriums (Aigner) und ein Englischlehrer an die Spitze des Umweltschutzministeriums (Gabriel). Wichtiger als die Fachkompetenz seien freilich die "soziale Kompetenz", der Wille und die Fähigkeit, "das im Grundgesetz versprochene ,Streben nach Glück' nicht auf die Freiheit zum Kauf eines Lottoscheins zu reduzieren". Dies bedeute nichts mehr, als die Frage nach dem Sinn des Lebens zu stellen, die sich für Wieczorek wiederum reduziert auf das Aufspüren von "Neoliberalismus" im Denken und Handeln jedes Politikers - dem eigentlichen "Unterschied zwischen einem verlogenen dilettantischen und einem integren kompetenten Politiker".

Hinter jedem Busch sieht Wieczorek ein neoliberales Gespenst. Über die Hälfte des Buches beinhaltet Skizzen von mehr als sechzig deutschen Politikern, oft mit satirischem Einschlag, manchmal bis an den Rand von Beleidigungen reichend. Die Sympathie des Autors gilt der Partei "Die Linke", aber selbst sie bleibt von seinem neoliberalen Misstrauen nicht ganz verschont, wenn er die Berliner Landespartei als "neoliberal stark angehauchten Karrieristenverein" beschimpft. Nur Heiner Geißler als "das ewig schlechte Gewissen der C-Parteien" kommt ungeschoren davon. Es ist ein gehässiges Buch, dessen wesentlicher Informationswert in einer negativen Zitatesammlung über die deutschen Parteien und Politiker besteht. Seriöser kommt das Werk des bekannten Parteienkritikers von Arnim daher. Er will zum sechzigsten Geburtstag des Grundgesetzes, zum zwanzigsten Jahrestag der friedlichen Revolution sowie zu den zahlreichen Wahlterminen des Jahres 2009 die "Parteien, Politiker und das von ihnen manipulierte Wahlsystem, das eigentlich als wichtigstes demokratisches Machtinstrument der Bürger gedacht war", kritisch durchleuchten und "Reformen anmahnen". Die Politiker machten sich den Staat zur Beute und begäben sich gleichzeitig in die Abhängigkeit der Wirtschaft. Die verkrusteten und abgeschotteten Parteien erfüllten ihre eigentliche Funktion, ein Scharnier zwischen Bürgern und Staat zu bilden, nur noch höchst eingeschränkt; dem Bürger werde sein Einfluss nur vorgegaukelt, praktisch befinde er sich in der Rolle des Zuschauers. Nur auf der kommunalen Ebene habe sich eine "Nische echter Bürgerpartizipation erhalten und ausgeweitet". Sie könnte "auf höherer Ebene zum Vorbild werden". Verantwortlich für die demokratische Malaise sei zu einem guten Teil das deutsche Verhältniswahlrecht. Arnim plädiert für die Mehrheitswahl nach britischem Vorbild oder doch zumindest für eine gemäßigte Mehrheitswahl, wonach ein kleiner Teil der Abgeordneten über Listen gewählt würde. Eine Partei erhielte danach regelmäßig den Regierungsauftrag - eine eindeutige Entscheidung des Wählers im Unterschied zu Koalitionsabsprachen, die von Parteiführern nach der Wahl getroffen würden. Darüber hinaus schlägt er für die Bundesebene Bürgerbegehren und Bürgerentscheid sowie die Direktwahl des Bundespräsidenten zur Ergänzung des Repräsentativsystems vor - altbekannte Vorschläge.

Obgleich Arnim einzelne Privilegien und Missstände zu Recht anprangert, leidet seine Analyse unter der Zuspitzung der Thesen. Sie konterkarieren die wissenschaftlichen Bemühungen um Objektivität durch eine übermäßige Komplexitätsreduktion. Außerdem: Wie kann man vom Versagen der Politik in Deutschland sprechen, wenn man den politischen Willensbildungsprozess und die Leistungsbilanz deutscher Politik gar nicht ins Visier nimmt? Auffällig ist eine gewisse Naivität des Autors. So erwartet er, dass der "umfassende Diskussionsprozess", der durch direktdemokratische Verfahren ausgelöst werde, "große Ähnlichkeit mit dem Habermasschen Ideal des herrschaftsfreien Diskurses" haben würde. Arnim scheint gar nicht auf die Idee zu kommen, dass in einem solchen Diskussionsprozess auch die politischen Parteien eine eigene polarisierende Rolle spielen könnten, vor allem aber, dass die Medien als Vehikel des Diskurses alles andere als eine herrschaftsfreie Eigendynamik entwickeln würden. Ärgerlich sind die Diffamierungsversuche des Autors. Politikwissenschaftler, die zu anderen Ergebnissen kämen, stünden der politischen Klasse so nahe, "dass ihnen die für die wissenschaftliche Objektivität nötige Distanz" fehle. Außerdem förderten sie dadurch ihre Karrierechancen. Und wenn das Bundesverfassungsgericht nicht der Ansicht von Arnims folgt, dann liegt dies an der parteipolitisch gefärbten Besetzung des Gerichts.

Eine ganz andere intellektuelle Qualität weist das Werk von Paul Kirchhof auf. Es leuchtet den großen Themenraum einer Rechtsgemeinschaft aus - immer mit dem Blick auf die bundesdeutsche Realität und in der Absicht, Maß und Mitte zu finden. Besonders lesenswert sind die rechtsphilosophischen Ausführungen zu den Themen Gerechtigkeit und Freiheit in ihren Bezügen zu anderen Werten oder Zielen wie Gleichheit und Sicherheit. Adressat soll wohl das gebildete Bürgertum sein, dem die Lektüre durch den Stil des Autors allerdings nicht immer leichtgemacht wird. Auf die wissenschaftliche Verankerung will Kirchhof dennoch nicht verzichten, wie der vom Text abgekoppelte Anmerkungsapparat von mehr als fünfzig eng bedruckten Seiten zeigt. Problematisch ist Kirchhofs verengter Blick auf die Rechtswissenschaft. Wer sich mit zentralen Themen der Demokratie befasst, sollte auch die einschlägige Forschung der Politikwissenschaft und Soziologie zur Kenntnis nehmen. Dies wird bei den Fragen der Europäischen Integration und insbesondere bei der Erörterung des Wahlrechts offenkundig. Der Leser reibt sich die Augen, wenn ihm unter der Kapitelunterschrift "Der politische Wettbewerb" auf wenigen Seiten ein neues Wahlrecht angepriesen wird. Durch die Veränderung des Parteiensystems sei - wie das Jahr 2005 zeige - die Unmittelbarkeit der Wahl nicht mehr gegeben; das Wahlergebnis bringe keinen Sieger hervor, sondern "Parteienverhandlungen mit ungewissem Ausgang". Die "unmittelbare Nähe zwischen Wählerwillen und Mandatsträgern" gehe verloren. Kirchhof will nun die Parteien vor der Wahl gesetzlich verpflichten, für eine Wahlperiode verbindlich ihre Koalitionsabsicht den Bürgern mitzuteilen. Sollte die stärkste Partei oder Koalition auf weniger als die Hälfte der Stimmen kommen, erhält sie 50 Prozent plus fünf der Sitze. Bricht die so gewählte Regierung während der Legislaturperiode auseinander, ist eine Neuwahl anzuberaumen.

Hält der frühere Bundesverfassungsrichter diesen wohl an Berlusconis Wahlrechtsreform angelehnten Vorschlag wirklich für verfassungsgemäß? Der Teil des Grundgesetzartikels 38, wonach die Abgeordneten nur ihrem Gewissen verantwortlich sind, scheint für ihn gar keine Rolle zu spielen. Der Parteienstaat würde geradezu perfektioniert. Mit diesem Vorschlag verliert Kirchhof die von ihm anderweitig so dringlich eingeforderte Balance, hier: zwischen den plebiszitären und den repräsentativen Komponenten unseres Gemeinwesens. Überhaupt wundert man sich, warum er seine tiefgründigen Ausführungen mit einem eher tagesaktuellen Thema wie der Wahlrechtsreform als Reaktion auf den Wandel des Parteiensystems spickt. Der Wert des Buches liegt in der Grundlegung einer "Kultur des Maßes", die Freiheit und Verantwortung, Staat und Bürger in allen Lebensbereichen in einem Gleichgewicht sieht. Wer nach politischer Orientierung sucht, kommt an den Reflexionen Kirchhofs nicht vorbei.

WOLFGANG JÄGER.

Thomas Wieczorek: Die Dilettanten. Wie unfähig unsere Politiker wirklich sind. Knaur Taschenbuch Verlag, München 2009. 319 S., 8,95 [Euro].

Hans Herbert von Arnim: Volksparteien ohne Volk. Das Versagen der Politik. C. Bertelsmann Verlag, München 2009. 400 S., 19,95 [Euro].

Paul Kirchhof: Das Maß der Gerechtigkeit. Bringt unser Land wieder ins Gleichgewicht! Droemer Verlag, München 2009. 432 S., 19,95 [Euro].

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