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Vom Schwarzen Meer bis zum Schwarzwald: Anders als berühmte Donau-Reisende vor ihm nimmt der britische Journalist und Filmemacher Thorpe den umgekehrten Weg und nähert sich von der Mündung aufwärts zu Fuß, mit dem Fahrrad, Boot, Zug, manchmal auch mit dem Auto der Quelle des fast dreitausend Kilometer langen Stromes in Deutschland. Auf dem Balkan, stellt Thorpe gleich anfangs fest, entwickelten sich zivilisierte Kulturen lange vor dem Westen. Und so verwebt er auf seiner Reise prägnant das Einstige mit der Gegenwart und schafft es, unterschiedlichsten Menschen - von Schiffern bis zu Mönchen,…mehr

Produktbeschreibung
Vom Schwarzen Meer bis zum Schwarzwald: Anders als berühmte Donau-Reisende vor ihm nimmt der britische Journalist und Filmemacher Thorpe den umgekehrten Weg und nähert sich von der Mündung aufwärts zu Fuß, mit dem Fahrrad, Boot, Zug, manchmal auch mit dem Auto der Quelle des fast dreitausend Kilometer langen Stromes in Deutschland. Auf dem Balkan, stellt Thorpe gleich anfangs fest, entwickelten sich zivilisierte Kulturen lange vor dem Westen. Und so verwebt er auf seiner Reise prägnant das Einstige mit der Gegenwart und schafft es, unterschiedlichsten Menschen - von Schiffern bis zu Mönchen, von Wissenschaftlern bis zu Roma-Mädchen - wunderbare Geschichten zu entlocken und Europa und seine Kulturgeschichte neu zu entdecken.
Autorenporträt
Nick Thorpe, geboren 1960 in Upnor (England), lebt seit 1986 als Journalist und Filmemacher in Budapest. Er berichtete zuerst für den "Independent" und den "Guardian", seit 1996 ist er Mitteleuropa-Korrespondent der BBC. Zuletzt erschienen: '89 The Unfinished Revolution. Power and Powerlessness in Eastern Europe (2009) und auf Deutsch "Die Donau. Eine Reise gegen den Strom" (2017).
Rezensionen

Süddeutsche Zeitung - Rezension
Süddeutsche Zeitung | Besprechung von 28.11.2017

Stromaufwärts
Ein Buch über die Menschen an der Donau
Ein bisschen Walzer, ein bisschen Fahrradfahren von Passau nach Wien, vielleicht mal ganz verwegen mit dem Schiff von Wien nach Bratislava fahren, aber abends natürlich wieder zurück: Für die meisten Menschen ist die Donau ein Fluss, der spätestens in Budapest aufhört und wenn, dann in Fließrichtung befahren wird.
Nick Thorpe, Korrespondent der BBC für Osteuropa, hat es andersherum gemacht. Er begann seine Reise im Donaudelta in Rumänien und fuhr in mehreren Etappen im Zeitraum von zwei Jahren immer weiter nach Nordwesten, bis er schließlich in Donaueschingen, am Zusammenfluss von Brigach und Breg, nach 2800 Kilometern Flussstrecke, an der Donauquelle ankommt.
Thorpe reist stromaufwärts wie der Stör, dieser älteste und mächtigste Fisch der Donau, „um ein neues Licht auf den Strom zu werfen, so wie aus dem Osten kommende Menschen ihn sehen“. Schließlich sei Europa von Osten her besiedelt und zivilisiert worden. Schon 4000 vor Christus habe es dort große Siedlungen gegeben und vollendete Kunstwerke wie die „Göttin von Hamangia“ und den „Denker“, zu einer Zeit, als „die meisten Bewohner Festlandeuropas in kleinen Stämmen lebten und in feuchtkalten Höhlen an Knochen nagten“.
Und genau das macht das Buch so spannend und verdienstvoll, dass Thorpe die marginalisierten und wegen ihrer wirtschaftlichen Probleme oft verspotteten Menschen und Länder Südosteuropas in den Mittelpunkt rückt. Ein großer Teil des Buches spielt in Rumänien, Bulgarien und Serbien. Weil der Autor sich nicht zu schade ist, mit vielen Menschen dort zu reden, lernt man sehr viel über deren Lebensweise, deren Träume und Probleme. Im Delta ist er mit einem Schilfrohrschneider unterwegs, der das Schilf für Dächer oder Zäune verkauft; er spricht mit vielen Fischern, die ihm Geschichten über die einst riesigen Störe und ihren Kaviar erzählen; zum Beispiel, wie ein Fischer mit den 22 Kilogramm Rogen eines einzigen Weibchens die Universitätsausbildung seiner Töchter finanzieren konnte.
Nicht wenige Rumänen und Bulgaren trauern dem Sozialismus nach, da habe es wenigstens Arbeit in Fisch- oder Stahlfabriken gegeben. Heute bleibe nur der Tourismus, klagt ein Hotelier in Sulina, aber der könne sich „durch die Bürokratie und die Unfähigkeit der Dorfbewohner zur Zusammenarbeit“ nicht entwickeln.
Thorpe romantisiert nicht, er ist Reporter, allerdings einer mit großen Sympathien für die Menschen in Südosteuropa. Besonders interessieren ihn die unterschiedlichen Völker, die sich im Lauf der Zeit hier niedergelassen haben und teils immer noch hier leben: Türken und Krimtataren, Griechen, Ukrainer und altgläubige Russen, die einst vor dem Zar geflohen waren. Besonders einfühlsam beschreibt Thorpe einen Besuch in der letzten europäischen Kolonie von Leprakranken im rumänischen Tichileşti. 21 ältere Menschen leben dort, als verschworene Gemeinschaft und trotz ihres Leids relativ glücklich inmitten von Weinbergen, die einer der Patienten mit großer Hingabe pflegt.
Den Roma hat Thorpe ein ganzes Kapitel gewidmet, er besucht die bulgarische Stadt Lom, die eine Erfolgsgeschichte dieses halbnomadischen Volkes ist: kaum Schulabbrecher, die Hälfte der Kinder schafft es auf die Universität, Roma sind Ingenieure und Polizisten, sie stellen den Vizebürgermeister. Doch dann kam die Wirtschaftskrise 2008, und seitdem geht es mit der Stadt abwärts.
Thorpe verliert den Fluss auf seiner Reise nie aus den Augen, er besucht das Atomkraftwerk Cernavodă genauso wie den riesigen, für den Laichzug der Fische verheerenden Staudamm am Eisernen Tor, trifft sich mit Umweltschützern in Hainburg und in Ingolstadt. Wer mit dem Autor in Donaueschingen ankommt, wo er eine ungarische Münze in den Brunnen wirft, der hat gelernt: Die Donau ist der europäischste aller Flüsse, Ost und West sind sich viel näher, als viele denken.
HANS GASSER
Nick Thorpe: Die Donau. Eine Reise gegen den Strom. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017. 384 Seiten, 26 Euro. E-Book 19,99 Euro.
Bulgarische Roma waren sehr
erfolgreich in der Stadt Lom –
dann kam die Wirtschaftskrise
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Frankfurter Allgemeine Zeitung - Rezension
Frankfurter Allgemeine Zeitung | Besprechung von 17.05.2018

Links und rechts der Donau hin

Es ist kein extravaganter Einfall, sondern ein wohlkalkulierter Plan, wenn Nick Thorpe die Geschichte eines Flusses gewissermaßen "von hinten" aufrollt: von der Berührung der hier vielarmigen Donau mit dem Schwarzen Meer bis zu dem Becken nahe der Donaueschinger Stadtkirche Sankt Johann, das eine von mehreren Quellen markiert. "Ich glaube, etwas anderes anbieten zu können", schreibt der Autor am Anfang seines Buches. Das klingt etwas überheblich gegenüber all jenen Literaten, die sich mit der Strömung bewegt haben, aber damit meint Nick Thorpe wahrscheinlich seinen besonderen Blickwinkel: Der Schwerpunkt der Beschreibung liegt nicht auf den sanften und zivilisierten Flussabschnitten, sondern er beschäftigt sich vor allem mit der "rauhen" Donau, die noch etwas von ihrem Urzustand erkennen lässt. Dass dieser Teil der Donau Nick Thorpe näherliegt, ist einleuchtend: Er lebt seit vielen Jahren in Budapest, immer mit der Orientierung nach Osten und vertraut mit dem Schicksal des Flusses zwischen den antiken Ruinen von Histria und der Burg Devin an der Einmündung der March. Fast drei Viertel seines Buches widmet er dieser Strecke - zumal der Autor immer wieder abschweift nach rechts und links des Flusses, in der Historie kramt, allerlei wichtige und unwichtige Begegnungen hat und immer wieder - manchmal recht überflüssig - von sich selbst erzählt. Alles in allem aber ergeben seine Geschichten ein sehr lebendiges und lehrreiches Porträt der Donau mit dem gut begründeten Nachweis, dass es keinen europäischen Strom gibt, der mehr mit der Geschichte dieses Kontinents verwoben ist.

tg

"Die Donau - Eine Reise gegen den Strom" von Nick Thorpe. Paul Zsolnay Verlag, Wien 2017. 382 Seiten. Gebunden, 26 Euro.

Alle Rechte vorbehalten. © F.A.Z. GmbH, Frankfurt am Main
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"Ein sehr lehrreiches und lebendiges Porträt der Donau mit dem gut begründeten Nachweis, dass es keinen europäischen Strom gibt, der mehr mit der Geschichte des Kontinents verwoben ist." Frankfurter Allgemeine Zeitung, 17.05.18

"Genau das macht das Buch so spannend und verdienstvoll, dass Thorpe die marginalisierten und wegen ihrer wirtschaftlichen Probleme oft verspotteten Menschen und Länder Südosteuropas in den Mittelpunkt rückt ... Weil der Autor sich nicht zu schade ist, mit vielen Menschen dort zu reden, lernt man sehr viel über deren Lebensweise, deren Träume und Probleme." Hans Gasser, Süddeutsche Zeitung, 28.11.17

"Der Strom fließt durch 'eine Region multipler Identitäten', die in Nick Thorpes farbenprächtiger Prosa ganz nah rückt - nicht so romantisch verklärt, sondern mit Ecken und Schrunden, historischen Wunden und neuen Verletzungen. Es ist ein Buch, das stauen lässt und in dem hinter jeder Donaubiegung etwas Neues wartet - etwas, das alte Vorstellungenplötzlich in neuem Licht erscheinen lässt." Irene Binak, MDR Kultur, 22.11.17

"In seiner Flussmonografie erzählt der englische Osteuropa-Korrespondent Nick Thorpe von den Lebensverhältnissen und Traditionen des Donauraums - materialreich und gut recherchiert." Erwin Riess, Die Presse, 07.10.17

"Das stilistisch glänzende (und kongenial von Brigitte Hilzensauer übersetzte) Porträt der Lebensader, die Europa seit Jahrzehnten verbindet und prägt." Martin Staudinger, profil, 25.9.17